„Das Bierbrauen hat mich schon immer fasziniert“
Mit nur 39 Jahren leitet Klaus Schörghofer Österreichs größten Braukonzern, die Brau Union Österreich, seit mehr als 15 Jahren ist er im Unternehmen. Wir haben mit dem Vorstandsvorsitzenden darüber gesprochen, was ihn bewegt, wie sich die Bierkultur in Österreich verändert – und welche Biervorlieben er selbst hat.
Wenn man sich Ihren Lebenslauf ansieht, fällt sofort auf: Sie haben schon als Ferialpraktikant bei der Brau Union Österreich angefangen und dann nie bei einem anderen Unternehmen gearbeitet, außer ein Jahr lang beim Mutterkonzern Heineken in Slowenien. Heutzutage ist so ein Lebenslauf ja eher untypisch, regelmäßige Unternehmenswechsel sind besonders bei jungen Menschen Normalität. Wie ist bei Ihnen diese starke Identifikation mit der Brau Union Österreich entstanden?
SchörghoferIch glaube, dass ich ein sehr loyaler Mensch bin. Entscheidend war für mich immer, dass ich ständig Möglichkeiten hatte, mich weiterzuentwickeln, neue Aufgaben in Angriff zu nehmen, und dass mir großes Vertrauen entgegengebracht wurde. Eines steht für mich über allem: Wir haben einen großartigen Zusammenhalt im Unternehmen – durch den ist auch die starke Identifikation entstanden.
Schon Ihr Vater hat als Leiter des Auslieferungslagers der Brau Union Österreich in Kematen gearbeitet – welche Eindrücke haben Sie bereits als Kind von der Braubranche gewonnen? Wann war klar, dass Sie auch in diesem Bereich arbeiten wollen?
Schörghofer_Das stimmt, mein Vater war in unserem Haus als Logistiker beschäftigt und hat immer wieder erzählt, dass man sich in der Brau Union Österreich aufeinander verlassen kann. Meine Mutter ist eine Wirtstochter, ich habe also schon früh viel von der Bierbranche mitbekommen und habe sie als eine sehr gesellige Branche in der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen. Diesen Aspekt finde ich bis heute sehr sympathisch. Das Bierbrauen selbst hat mich schon immer fasziniert. Nach meiner Matura habe ich an der JKU Wirtschaftspädagogik studiert und währenddessen als Praktikant bei der Brau Union Österreich in der Funktion eines Bierführers begonnen – das war vor fünfzehn Jahren, seitdem hat mich die Branche nicht mehr losgelassen.
Sie waren von 2005 bis 2015 im Bereich Controlling tätig, im Zeitraum zwischen 2014 bis 2015 bei Heineken, dann bis 2018 als Key-Account-Direktor im Lebensmittelhandel und zuletzt Geschäftsfeldleiter im Lebensmittelhandel und Mitglied des Managementteams. Was waren die wichtigsten Learnings in dieser Zeit?
SchörghoferIch habe im Laufe der Zeit herausgefunden, welche Werte mir im beruflichen Umfeld am wichtigsten sind. Dazu zähle ich: den Zusammenhalt, Leidenschaft und Loyalität. Zweitens habe ich gelernt, zuzuhören, für mich ist es wahnsinnig wichtig, mein Gegenüber zu verstehen und mich in seine Lage versetzen zu können. Das ist nicht immer einfach und gelingt auch nicht immer. Drittens nehme ich besonders aus dem vergangenen Jahr mit: In der Krise zeigt sich der Charakter. Das bezieht sich nicht nur auf die Personen im Unternehmen, sondern auch auf die Kultur des Unternehmens an sich. Die Werte, die vor der Krise gegolten haben, haben auch während der Krise gegolten – und werden auch nach der Krise gelten.
Sie stehen jetzt mit nur 39 Jahren an der Spitze des größten Bierkonzerns in Österreich – in einem Land, in dem Bier so eine große Bedeutung hat, natürlich gleich eine doppelt große Verantwortung. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
SchörghoferEines meiner großen Ziele ist es, die Bierkultur in Österreich weiterzuentwickeln. Jeder Brauer in Österreich produziert auf seine Art und Weise gutes Bier. Sie werden mich nie schlecht über unsere Mitbewerber sprechen hören. Wir alle leisten gemeinsam einen aktiven Beitrag zur Bierkultur – Bier als natürliches Produkt vom Rohstoff bis zum Konsumenten hat ein gewaltiges Potenzial. Außerdem will ich in unsere Standorte investieren. Dazu gehören neben der Struktur auch Investitionen in die Digitalisierung unseres Unternehmens. Als Brauer ist man in einem eher traditionellen Umfeld tätig, umso wichtiger ist es, zielgerichtet Innovationen voranzutreiben. Ein weiteres Thema, das auch in den vergangenen Jahren einen hohen Stellenwert eingenommen hat, ist die Nachhaltigkeit in der Brau Union Österreich. Wir haben in der Brauerei Göss die erste CO2-neutrale Brauerei weltweit geschaffen. Nun habe ich ein großes Ziel: neben dem Brauprozess auch noch den Schritt zu den Konsumenten, die Auslieferung, CO2–neutral zu gestalten. Wir arbeiten an einem Verfahren, die Abfallprodukte der Bierproduktion, die Biertrebern, zu vergasen, und als Biogas ins Netz einzuspeisen. Damit wird es uns gelingen, unsere LKW mit Biogas zu betreiben – damit können wir beginnend in Göss vom Korn bis zur Bierauslieferung die gesamte Wertschöpfungskette CO2-neutral gestalten.
Die Brau Union Österreich ist klarer Marktführer in Österreich. Als 2020 die Fohrenburger Brauerei in Vorarlberg übernommen wurde, haben sich Mitbewerber wie Mohrenbräu oder die Brauerei Hirt besorgt über die Marktdominanz gezeigt. „Wenn die Brau Union Österreich eine Preisschlacht macht, müssen alle mitziehen“, hat etwa Klaus Möller von der Brauerei Hirt gesagt. Verstehen Sie die Sorgen des Mitbewerbs?
SchörghoferErstens ist mir wichtig zu sagen, dass ich beide genannten Brauereien sehr schätze, weil ich weiß, dass sie wie auch viele andere versuchen, die Bierkultur in Österreich weiterzuentwickeln. Am Ende ist Bier sicher eine Produktkategorie, die vom Lebensmittelhandel auch zur Frequenzsteigerung genutzt wird – und dem Handel obliegt die Preisgestaltung. Mein persönliches Versprechen, oder vielmehr ein Ersuchen, ist es, dass wir gemeinsam die Bierkultur in unserem Land vorantreiben.
Stichwort Bierkultur: Wie verändert sie sich in Österreich?
SchörghoferEs gibt zwei Megatrends: Einerseits mehr Konsum von alkoholfreiem Bier durch eine bewusste und gesündere Lebensweise. Bereits ein Viertel der Österreicher trinkt hin und wieder alkoholfreies Bier. Andererseits wird die Regionalität immer wichtiger. Wir bekennen uns als Brau Union zu unseren regionalen Strukturen, zu unserem regionalen Bierangebot, das die Braumeister vor Ort herstellen. Diese Braumeister sind auch die Hüter der Rezepturen – das ist die beste Garantie dafür, dass es in Österreich auch in Zukunft sehr gutes – und das beste – Bier geben wird.
Die Brau Union Österreich hat mehr als 100 Sorten Bier im Sortiment. Welches Bier ist für Sie eigentlich das Beste?
SchörghoferIch würde sagen, es sind die Obersorten aus unserem Sortiment. Ein Puntigamer Panther, die Obersorte der Marke Puntigamer; vielleicht ein Zipfer Urtyp oder Zipfer Kellerbier, das ganz neu und unfiltriert auf den Markt gekommen ist; ein Wieselburger Stammbräu aus der Bügelflasche gehört auch zu meinen Favoriten. Wenn es besonders heiß ist oder für zwischendurch – Bier kann man ja quasi immer trinken – darf es auch ein Gösser NaturRadler 0,0 sein.
Ich will die Bierkultur in Österreich weiterhin stärken, in unsere Standorte investieren und Nachhaltigkeitsthemen vorantreiben.
Klaus Schörghofer
Vorstandsvorsitzender, Brau Union Österreich
Was bedeutet Bier für Sie?
SchörghoferIch glaube, wie für viele in Österreich, ist Bier für mich nicht nur ein Getränk, sondern ein Teil unserer Kultur. Bier ist Regionalität, Bier ist Herkunft, Bier ist Handwerk, Bier gehört zum Lebensgefühl dazu. Wir sagen auch mit einem Schmunzler, dass Bier ein soziales Schmiermittel ist. All diese Dinge vereint Bier, das macht seinen Charme aus.
Im jährlichen Bierkulturbericht der Brau Union Österreich wurden 2020 erstmals verschiedene Biertrinker-Typen präsentiert: der Traditionelle, der Neugierige, der Genießer, der Preisbewusste und der Umweltbewusste. Welcher Typ sind Sie?
SchörghoferWahrscheinlich decke ich mehrere dieser Typen ab. Ich würde aber sagen, dass ich mit Sicherheit ein traditioneller und auch ein genussorientierter Typ bin. Ich würde mich aber auch als neugierigen Biertypen sehen, der gerne unterschiedliche Biersorten verkostet. Auch das Umweltbewusste würde ich nicht ganz ausklammern – vorhin habe ich ja schon die Brauerei Göss erwähnt. Beim Thema Nachhaltigkeit ist es unsere Verantwortung und Verpflichtung, als Marktführer voranzugehen.
Wo genießen Sie am liebsten ein Bier?
SchörghoferBier kann man eigentlich zu fast jedem Anlass trinken. Ich persönlich trinke am liebsten am Abend mit meiner Frau ein Seiterl Bier auf der Terrasse – das ist eigentlich ungeschlagen._
Das Gespräch zum Nachhören im DIE MACHER Podcast
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