
Mahlzeit!
Regional und Bio – zwei sehr häufig benutzte Wörter im Zusammenhang mit Lebensmitteln. 8,4 Prozent des Gesamtumsatzes des Lebensmittelhandels in Österreich werden mit Bioprodukten gemacht. Zum Bereich Regionalität gibt es keine genauen Zahlen, da es auch an einer einheitlichen Definition fehlt. Wir haben daher bei verschiedenen Institutionen und Produzenten nachgefragt, wie sie den Begriff definieren, und dabei auch noch einiges über Schwindeleien und falsche Preispolitik erfahren.
Werbung versus Realität
„Regionalität ist zu einem Werbefaktor geworden“, sagt Otmar Höglinger, Studiengangsleiter für Lebensmitteltechnologie und Ernährung an der FH Wels. Die Größe der Regionalecke in den Supermarktketten im Vergleich zum restlichen Angebot würde die Realität zeigen: „Mit 70 bis 90 Prozent sind die meisten Konsumenten eindeutig Preiskäufer.“ Man gehe davon aus, dass die Zahl der regional verkauften Produkte über dem 8,4 Prozent-Anteil der Bioprodukte am Gesamtumsatz des Lebensmittelhandels liegt, da die meisten regionalen Produkte auch der Bio-Gruppe angehören. Regionalität gehöre forciert, man schaffe damit einen Gegenpol zum klassischen Handel mit einer starken Marktkonzentrierung und helfe, in ländlichen Regionen mit schwächeren Strukturen Arbeitsplätze zu schaffen. Daher würden Studenten im neuen Lehrgang „Agrartechnologie und Management“ auch lernen, wie man landwirtschaftliche Produkte unter den strengen Rahmenbedingungen der Lebensmittelbranche produzieren und vermarkten kann.
Ampelsystem
Vergleicht man die Bedeutung von Bio und Regionalität für die Konsumenten, ist zweiteres laut diversen Studien wichtiger geworden. Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind aber beides keine wichtigen Faktoren: „Konventionelle Produkte können heute bereits durchaus mit Bioprodukten mithalten und sind daher nicht unbedingt schlechter.“ Lebensmittel sollten ein gutes Verhältnis von Energieträgern wie Kohlenhydraten oder Fetten und Inhaltsstoffen wie Vitamine und Minerale haben – genau das werde aber nicht angegeben. „Konsumenten sollten diese Inhaltsstoffe rasch sehen können“, sagt Höglinger und empfiehlt dafür ein Ampelsystem (rot = nur Energie; grün= vernünftige Mischung), dass es etwa in England und Australien bereits gibt. Einstweilen bleibe den Konsumenten in Österreich nur die Möglichkeit, nach möglichst frischen und wenig verarbeiteten Produkten zu greifen.
Bei regionalen Produkten aus Oberösterreich soll wirklich – über einzelne Kilometer über die Grenze kann man diskutieren – alles aus Oberösterreich kommen und nicht das Schwein zuvor im Ausland gezüchtet oder das Fleisch überhaupt nur hier verpackt worden sein.
Otmar HöglingerStudiengangsleiter für Lebensmitteltechnologie und Ernährung, FH Wels
Kritischere Konsumenten
„2003 war das Genussland Oberösterreich die österreichweit erste kulinarische Landesinitiative, die bewusst auf Regionalität gesetzt und sich die Vernetzung von regionalen Produzenten mit dem Lebensmittelhandel, dem OÖ Tourismus und der Gastronomie zur Aufgabe gemacht hat. Im Laufe der vergangenen Jahre veränderte sich viel, weiß Maria-Theresia Wirtl, Leiterin der Stabstelle des Landes Oberösterreich. Das Genussland entwickelte sich von einer Marketingplattform zu einer Produktmarke, die Kriterien für die aktuell 350 Lebensmittelproduzenten und Verarbeiter wurden verschärft. Mittlerweile können an 480 Standorten des Lebensmittelhandels regionale Spezialitäten aus dem Genussland Oberösterreich gekauft werden. Bei den Konsumenten merke man, dass die Bewusstseinsbildung greift und verstärkt regionale Lebensmittel gekauft werden. Gleichzeitig seien diese aber auch kritischer gegenüber den Lebensmitteln geworden: „Konsumenten wollen mehr über die Produkte wissen.“ Die Produzenten werden daher unter dem Motto „Gsicht und Gschicht“ dazu motiviert, ihre Bilder auf die Verpackungen zu geben.
Menschen über 35 Jahren kaufen aktuell am häufigsten regionale Lebensmittel. Daher sei einer der zukünftigen Ziele des Genusslandes, sowohl die jüngeren Bevölkerungsgruppen als auch die Senioren verstärkt anzusprechen. Um die jungen Menschen zu erreichen, wurde kürzlich der Blog „Schmeck’s“ ins Leben gerufen; die Senioren hätten besondere Anforderungen wie etwa kleinere Verpackungsgrößen. Man müsse den Produzenten dabei helfen, sich auf die gesellschaftlichen Veränderungen wie kleinere Haushalte und mehr Außer-Haus-Verzehr einzustellen. Weiters wolle man die Arbeit in der Gastronomie verstärken und mehr Betriebe dazu bringen, die Herkunft der Produkte anzugeben. Aktuell sind 100 Wirte Partner des Genusslandes Oberösterreich – Voraussetzung dafür ist das AMA-Gastrosiegel.
Kein Selbstläufer
Insgesamt würde die Arbeit des Genusslandes mit veränderten gesetzlichen Anforderungen für die Produzenten (Bsp.: Allergenverordnung, Registrierkassenpflicht) und steigendem Bewusstsein bei den Konsumenten anspruchsvoller werden. Dass das Thema irgendwann zum Selbstläufer wird, glaubt Wirtl nicht: „Es gibt in Oberösterreich so viel kreatives Potential in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion, deren Wertschöpfung man mit einer gewissen Hilfestellung immer noch erhöhen kann.“ Oberösterreich stehe aufgrund seiner unterschiedlichen landschaftlichen Ausprägungen und einer dementsprechend kleinstrukturierten Landwirtschaft für eine große Vielfalt bei den Produkten. Besonderen Bedarf an weiteren regionalen Anbietern sieht Wirtl aktuell bei Fischen, Geflügel oder Nüssen.
In allen Produkten mit dem Genussland Oberösterreich-Logo ist auch wirklich Oberösterreich drinnen – die Produzenten werden regelmäßig von zertifizierten Prüfstellen kontrolliert.
Maria-Theresia WirtlLeiterin Stabstelle Genussland, Land OÖ

Rezept
Hühner-Rouladen mit Chili-Tagliolini
Zutaten für 4 Personen
4 Hühnerfilets
getrocknete Feigen
Ziegencamembert
frische Minz-Blätter
200 g Chili-Tagliolini von „Die Nudelmanufaktur Huber“
Salz, Butter, Eierschwammerl
Bio-Brennnessel-Girsch-Pesto von Hedwigs Gartl
Bio-Minz-Melissen-Sirup von Hedwigs Gartl
Mineralwasser
Zubereitung
Die Filets klopfen und mit den Feigen, Camenbert und Minze füllen und zu kleinen Rouladen wickeln. In einer Pfanne in Olivenöl anbraten und im vorgeheizten Backrohr fertiggaren lassen. Die Chili-Tagliolini in Salzwasser bissfest kochen und mit etwas Butter und Eierschwammerl verfeinern. Alles anrichten und mit dem Bio-Brennnessel-Pesto garnieren. Dazu passt perfekt ein Gläschen sprudelnde Minz-Melissen-Limonade.