Alte Obstsorten in modernem Gewand
Einkochen ist wieder in. Isabella Kastl ist diesem Trend ebenfalls verfallen und was als Leidenschaft für den eigenen Gebrauch begann, führte sogar zum eigenen Unternehmen „Isabella’s MundART“. Mit ihren Kreationen hebt sie sich dabei aber vom allgemeinen Trend stark ab.
Eigentlich arbeitet Isabella Kastl in einer Werbeagentur. Die Liebe zur Natur hat die 40-Jährige daneben zur Kleinunternehmerin gemacht. Geplant war das nicht, das zweite berufliche Standbein entwickelte sich langsam, erzählt die 40-jährige Mühlviertlerin aus der Gemeinde Lichtenberg: „Mein Lebensgefährte und ich waren schon immer sehr gerne in der Natur unterwegs, egal ob beim Wandern oder Bergsteigen. Ich begann Blüten und Obst zu sammeln und Sirupe herzustellen, damit wir Säfte zum Mitnehmen hatten.“ Aus den paar wenigen Sirupen entwickelte sich im Mai 2017 das Unternehmen „Isabella’s MundART“.
Aufwändige Zubereitung
Mispel- und Weißdorn-Marmelade, Schlehen- und Springkrautblüten-Gelee, Birkenblätter- und Hufeisenklee-Sirup oder Dirndl-Essig – Kastl hebt sich mit ihren Marmeladen, Gelees, Sirupen, Chutneys und Essigen von den bekannten Sorten stark ab. „Ich verwende Blüten und alte Früchte sowie Wildobstsorten, die viele Leute gar nicht mehr kennen.“ Kastl eignete sich das Wissen selbst an: „Ich bin immer mit offenen Augen in der Natur unterwegs, und wenn ich wieder etwas Neues entdecke, beginne ich zu recherchieren, was ich damit machen kann.“ Kastl liest gerne in Koch-, Rezept- und Pflanzenbüchern und kommt auch da wieder auf neue Ideen. Schiefgegangen sei bisher kaum etwas, Kastl erinnert sich nur an einen gröberen Reinfall: Der Sirup aus Herzbeeren roch so fürchterlich, dass man ihn nicht trinken konnte.
Kastl produziert mittlerweile rund 50 Sorten und jährlich etwa 1.000 Produkte. Diese werden über den eigenen Online-Shop und einige kleine Läden in und rund um Linz wie etwa die „Markthalle einszwo“ in der Altstadt, „Zimmer Kuchl Kabinett“ am Hauptplatz, „Grünhilde“ in Tragwein, „Blumen Lanik“ in Freistadt und im Linzer Restaurant „Cook“, verkauft. Das Restaurant gehört Kastls Lebensgefährten Johannes Eidenberger, in dessen Küche wird auch eingekocht. Der Lebensgefährte stellt aber nicht nur seine Küche zur Verfügung – Kastl bezeichnet ihren Liebsten mit einem Augenzwinkern als ihren „Erntehelfer“. Und da gibt es genug zu tun: Die Zutaten werden von den beiden fast alle selbst gepflückt und gesammelt. Kastl bietet ihre Produkte den Jahreszeiten entsprechend und immer nur, solange der Vorrat reicht, an: „Meine Produkte sollen etwas Besonderes sein.“ Kastl hat selbst einen Garten, der Familien- und Freundeskreis unterstützt ebenso und daneben ist man in der Heimatregion Mühlviertel unterwegs: „Dabei schaue ich darauf, dass ich das Wildobst sowie die Blüten nur dort nehme, wo nicht gespritzt wird und nicht direkt eine Straße mit viel Verkehr vorbeiführt.“ Ernte und Einkochen „ist extrem aufwändig“, gibt Kastl zu, „aber wenn man die Liebe dazu hat und das gerne macht, sieht man das nicht so“.
Positiver Trend
Den allgemeinen Trend zum Einkochen bewertet Kastl als sehr positiv, damit steige das Bewusstsein für natürliche Lebensmittel ohne Zusatzstoffe, es werden Ressourcen aus der Natur verarbeitet. Konkurrenz fürchtet Kastl nicht – ganz im Gegenteil: Kastl findet es schade, dass viel Obst nicht mehr verwertet wird und verfault. „Ich will mit meinem Unternehmen verhindern, dass die alten Obstsorten in Vergessenheit geraten“, sagt Kastl und erzählt von einer Schlehenernte, bei der sie viele Leute fragten, was das denn sei und wofür man die Früchte verwenden könnte. Die Nachfrage nach Kastls Produkten steige, mit ihrem Onlineshop spreche sie mit Männern und Frauen ab 25 Jahren aufwärts eine sehr breite Zielgruppe an. Viele Leute würden solche Produkte zunehmend auch als Gastgeschenke kaufen: „Das ist einmal etwas anderes als der obligatorische Blumenstrauß oder die Flasche Wein. Die Leute probieren gerne neue Produkte aus.“ Selbst würden die Leute solche Produkte einerseits wegen des schon erwähnten fehlenden Wissens, aber auch aufgrund der aufwändigen Verarbeitung nicht herstellen. Doch die Arbeit macht’s aus, denn fragt man die Neounternehmerin nach ihrem eigenen Lieblingsprodukt, nennt sie ein besonders aufwändiges Produkt: schwarze Nüsse. Dafür werden im Juni grüne Walnüsse gesammelt, jede vier bis fünf Mal eingestochen, und dann werden die Nüsse zwei bis drei Wochen entwässert – also in kaltes Wasser gelegt, damit die Gärstoffe rauskommen. Das Wasser muss täglich gewechselt werden. Anschließend werden die Nüsse vier Tage hintereinander in einem Sud nach einer bestimmten Rezeptur aufgekocht. Am letzten Tag werden die Nüsse heiß in Gläser abgefüllt und nach rund zwei Monaten sind sie dann essfertig, schildert Kastl die langsame, aber erfolgreiche Entwicklung – also genau so, wie sie es auch beim eigenen Unternehmen angegangen ist._
Wenn ich etwas Neues entdecke, beginne ich zu recherchieren, was ich damit machen kann.
Isabella Kastl
Eigentümerin, Isabella’s Mundart
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