Wie Personaler ticken 2
60 Mitarbeiter sind bei Fill in diesem Jahr schon neu ins Team gekommen. Auch in den Jahren davor waren es immer zwischen 50 bis 60. „2008 hatten wir noch etwa 400 Beschäftigte, jetzt sind es 900.“ Bei einem solch rasanten Wachstum sind Personalentwicklung und Personalmanagement besonders gefordert. „Ein wesentlicher Faktor, um gutes Personal zu finden, ist, als Unternehmen ständig präsent zu sein. Wir setzen eine Reihe von Maßnahmen, um nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter zu finden.“ Ein Teil dieser Maßnahmen ist die Initiative „Hot Spot! Innviertel“. „Im Rahmen dieser Initiative ist zum Beispiel ein Arbeitgeberkatalog erschienen, der ein tolles Nachschlagewerk für Arbeitssuchende ist und in dem wir natürlich präsent sind.“ Ein weiteres Puzzleteil war die erste „Lange Nacht der Lehre“ bei Fill vor zwei Jahren. „Die Idee ist angelehnt an die Lange Nacht der Forschung“. Jugendliche, die eine Lehrstelle gesucht haben, konnten einen Blick hinter die Kulissen unseres Unternehmens werfen und bei verschiedenen Stationen auch selbst ihre Talente unter Beweis stellen. Heuer haben unter dem Titel „Lange Nacht der Lehre“ bereits 32 Unternehmen ihre Betriebe für Interessierte geöffnet. Unsere Vision ist es, dieses Format österreichweit zu etablieren.“ Auch Kooperationen mit den umliegenden Schulen, vor allem mit den HTL, sorgen dafür, dass das Unternehmen Fill in den Köpfen verankert ist. „Das klassische Stelleninserat kommt bei uns selten zum Einsatz. Wir versuchen, über Personalmarketingmaßnahmen auf uns aufmerksam zu machen und zum Beispiel auch bei Messen sehr zielgerichtet nach passenden Personen zu suchen.“
Das Bewerbermanagement wird bei Fill über das interne Kommunikationstool Core abgewickelt, das den modernen Recruitingprozess professionell unterstützt. Hat sich die richtige Person gefunden, erwartet sie ein Onboardingprozess, der sich wesentlich von jenem anderer Firmen unterscheidet. „Bei uns gibt es bereits vor dem ersten Arbeitstag ein sogenanntes Willkommensgespräch. Bei diesem Termin werden noch einmal alle vertraglichen Details besprochen und der neue Mitarbeiter erhält seine persönliche Willkommensmappe. So kann sich der Bewerber vor dem ersten Arbeitstag schon mit dem Unternehmen und seinem neuen Job auseinandersetzen.“ Das Willkommensgespräch findet ungefähr vier Wochen vor dem offiziellen Eintritt in das Unternehmen statt. Am ersten Arbeitstag bekommt der neue Kollege neben Zutrittskarte und Einschulungen auch einen Einblick in seinen Ausbildungsplan. „Der ist speziell auf den Mitarbeiter zugeschnitten und an seine persönlichen Interessen angepasst“, weiß Eva Rendl, die bei Fill die Personalentwicklung leitet. „Personalentwicklung beginnt bei uns schon am ersten Arbeitstag. Es gibt verschiedene Lehrgänge und Ausbildungen wie etwa den Fill Fachexperten, ein vierjähriges Programm, in dem es darum geht, vor allem firmenspezifisches Wissen zu vermitteln. Außerdem haben wir eine Werkmeisterschule im Haus.“ Das sei gerade für junge Mitarbeiter und Lehrlinge oft ausschlaggebend. „Zudem bieten wir zahlreiche Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten, ein Mitarbeiterrestaurant und ein Fitnessstudio. Für Mitarbeiter mit Kindern ist die firmeneigene Kinderbetreuung „Planet Filli Future“ besonders interessant.“
Noch einmal zurück zum Anfang, zum Vorstellungsgespräch. Was sollten Bewerber bei Fill beachten? „Großen Wert legen wir auf ein verlässliches und pünktliches Erscheinen zum vereinbarten Termin. Ein gepflegtes Auftreten macht natürlich einen guten Eindruck. Ganz wichtig ist auch, dass sich der potentielle Mitarbeiter über Fill informiert hat und wir sein Interesse spüren können. Positiv überraschen kann er auch, wenn er weiß, wie er mit seinen Talenten am Erfolg des Unternehmens mitarbeiten kann.“
„Viele machen sich erst nach dem Studium Gedanken über ihre Karriere“
Das alte Rollenbild vom mächtigen Personaler und bittstellenden Bewerber hat sich also gewandelt. Man begegnet sich auf Augenhöhe. „Die Nervosität und der Respekt vor Vorstellungsgesprächen bei den Studienabsolventen ist aber geblieben“, wissen Alexandra Slezak und Florian Mayer vom Kepler Society Karrierecenter an der Johannes Kepler Universität (JKU), das verschiedenste Services rund um das Thema Karriere anbietet.
„Unsere Berater bieten Lebenslauf- und Bewerbungsunterlagen-Checks sowie individuelle Gespräche an. Jährlich nehmen über 300 Studierende und Alumni diese Angebote an. Im Durchschnitt haben wir also jeden Tag eine Beratung.“ Doch wer nutzt solche Angebote? „Wir bemerken, dass besonders die Studierenden der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen sowie der Rechtswissenschaftlichen Fakultät unseren Bewerbungssupport nutzen. Das liegt erstens an der hohen Anzahl der Studierenden dieser Studienrichtungen im Vergleich zur Technisch-Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät. Zweitens werden Techniker und Mediziner verstärkt am Arbeitsmarkt nachgefragt “ diese Zielgruppe muss sich also nicht gegen so viele Mitbewerber durchsetzen und kann dadurch weniger Energie in den Bewerbungsprozess stecken.“
Lebenslauf- und Bewerbungsunterlagencheck, sollten junge Akademiker nicht eigentlich selbst wissen, wie man eine Bewerbung schreibt? Und vor allem: Sollten sie nicht eigentlich selbst wissen, welche Themen und Berufe sie interessieren und welche Stärken und Schwächen sie haben? „Wir beobachten verstärkt, dass Studierende ihre komplette Aufmerksamkeit auf ihr Studium und ihre Masterarbeit richten und sich erst Gedanken um einen Vollzeitjob machen, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben. Und auf einmal muss es schnell gehen! Erst dann überlegen sich viele, welche Möglichkeiten sie überhaupt haben. Und häufig ist ihnen auch nicht bewusst, wie wichtig ein einwandfreier Lebenslauf für die Jobsuche ist, um sich positiv vom Mitbewerber abzuheben.“
Der Lebenslauf und das Bewerbungsschreiben sollen individuell gestaltet sein, empfehlen Mayer und Slezak. „Der Europass-Lebenslauf ist ein standardisierter Lebenslauf, der sich gut für Bewerbungen im Ausland, vor allem in anderen europäischen Ländern eignet. Ansonsten sind unserer Meinung nach individuell gestaltete Lebensläufe wesentlich empfehlenswerter, um sich bei potentiellen Arbeitgebern besser zu präsentieren.“ Bewerber sollen sich nicht nur Gedanken über die Inhalte machen, sondern auch an die grafische Gestaltung denken. Das Layout solle an die jeweilige Branche angepasst werden. „Für Absolventen ohne echte Erfahrung in der Arbeitswelt ist es schwer zu wissen, worauf Recruiter achten und wie Lebensläufe aktuell ausschauen sollen. Das ändert sich nämlich von Zeit zu Zeit. Es macht daher Sinn, sich professionelle Unterstützung zu holen.“
Erfahrungslos sind aber längst nicht alle. „Es gibt auch genug Personen, die ganz genau wissen, welche Karriere sie anstreben. Diese Studierenden sind meist von Ausbildungsbeginn an sehr fokussiert, haben ein Ziel vor Augen, reflektieren über ihre Stärken und Schwächen und kümmern sich rechtzeitig um Praktika und die Gestaltung ihrer Bewerbungsunterlagen. Diese Zielgruppe ist meist auch neben dem Studium in Teilzeitjobs tätig.“
Slezak und Mayer empfehlen, sich unbedingt schon während des Studiums mit der Zeit nach dem Abschluss zu beschäftigen. Was will ich wirklich? Welche Stärken und Fähigkeiten habe ich? Welche Perspektiven habe ich? Welche Branche interessiert mich? Möchte ich im Team arbeiten? Benötige ich eine Tätigkeit mit viel Gestaltungsspielraum oder arbeite ich lieber nach Anweisungen? „Das sind die Fragen, die bei der Berufsorientierung und bei der Suche nach dem perfekten Job helfen können.“_
Für Absolventen ohne echte Erfahrung in der Arbeitswelt ist es schwer zu wissen, worauf Recruiter achten und wie Lebensläufe aktuell ausschauen sollen.
Alexandra Slezak
Leitung Projektmanagement, Kepler Society Karrierecenter
Links
#ßhnliche Artikel
(Be)werben
Die Suche nach einem Job löst bei vielen ein mulmiges Gefühl aus. Zu Unrecht, es könne nichts passieren, so Waltraud Götschl und Birgit Eiselsberg vom Personalberatungsunternehmen Schulmeister in Linz. Die Unternehmen wollen niemandem etwas Böses, sondern ihre potentiellen Arbeitskräfte nur kennenlernen. Wie Bewerber dabei punkten können, erklären die beiden am JKU Karrieretag. Ein Einblick in den Vortrag über die größten Fallen im Bewerbungsprozess.
Wer die besten Köpfe sucht â?¦
â?¦ findet diese nicht immer auf Anhieb. Oder anders formuliert: Der Fachkräftemangel zählt zu den größten Gefahren am österreichischen Arbeitsmarkt. ßber eine historische Herausforderung für die heimische Wirtschaft.
Ich bin hier die Boss
Fest steht: Es gibt viel Luft nach oben beim Frauenanteil in Führungspositionen. Anfang 2020 wurden acht Prozent der Positionen in den Geschäftsführungen und 22,6 Prozent der Aufsichtsratsposten bei den 200 umsatzstärksten Unternehmen in ßsterreich mit Frauen besetzt (Quelle: Statista.com). Führen Frauen anders als Männer? Und wenn ja, was sind die Führungseigenschaften von Frauen? Wir haben bei acht weiblichen Führungskräften nachgefragt, wie es so ist, „die Boss“ zu sein.
Von wegen faul!
Ob ehrenamtliche Tätigkeit, gesellschaftliches Engagement oder aktives Vereinsleben: Viele junge Menschen bringen sich auch außerhalb der Arbeit aktiv ein und profitieren von dem Erlebten gleich doppelt “ beruflich und privat.
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Lehrlinge sind die Fachkräfte von morgen, entsprechend begehrt sind sie auf dem Arbeitsmarkt. Wie man die besten Köpfe anlockt? Mit einer soliden Ausbildung, einem positiven Arbeitsklima, guten Karrierechancen “ und außergewöhnlichen Goodies!
Warum?
Wer im Job erfolgreich sein will, muss seine wahre Bestimmung finden. „Finde dein Warum“, raten Karriereberater. Wir haben deshalb bei drei Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Karrieresituationen nachgefragt und wollten wissen: Warum machst du, was du machst?
„Früher war es am Arbeitsplatz todernst“
ßber fünf Millionen Ergebnisse spuckt Google beim Suchbegriff „Führung im Wandel der Zeit“ aus. Wir wollen es von erfahrenen Führungskräften aus der Praxis wissen und haben unterschiedliche Generationen und Geschlechter an einen Tisch geladen: Die 62-jährige Unternehmerin Christine Hödlmayr-Gammer, den 59-jährigen Trodat-Trotec-CEO Norbert Schrüfer, die 27-jährige Sabrina Aistleitner, Global Brand Ambassador bei Sonnentor, sowie den 36-jährigen eMagnetix-Geschäftsführer Klaus Hochreiter.
Wie wir in (die) Zukunft führen
„Gute Führungskräfte zeichnen sich in schwierigen Situationen aus“, sagt Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy. Schönwetter-Kapitän:innen gebe es genug, wer jetzt und in Zukunft durch herausfordernde Zeiten führen möchte, brauche vor allem drei Dinge: Resilienz, Zuversicht und Humor. Wie das gelingt? 5 Tipps für moderne Führungskräfte.
Was wäre, wenn â?¦
â?¦ sich der Fachkräftemangel noch weiter intensivieren würde? Wenn wir aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt unseren Status als Wohlstandsgesellschaft aufgeben müssten? Oder wenn Künstliche Intelligenzunsere Arbeitskraft ablösen würde?Wir haben Gerhard Straßer, Landesgeschäftsführer des AMS Oberösterreich, zum beruflichen und privaten Philosophieren eingeladen und sehr persönliche Einblicke erhalten.
„Flexibilität und sinnhafte Tätigkeiten rücken in den Vordergrund“
Wer am Arbeitnehmermarkt um die Gunst von Fachkräften buhlt, weiß idealerweise im Wettbewerb der Benefits zu überzeugen. Das international tätige Unternehmen KPMG legt seinen Fokus darauf nicht erst, seit der Arbeitskräftemangel akut ist. Und schaffte es so, heuer den 500. Mitarbeiter in Linz einzustellen.
Alles (k)eine Frage des Images
Was im Hochsommer das Eintauchen ins kühle Nass ist, ist beim Fachkräftemangel das Eintauchen in die Welt der Lehre. Ausbildungsbetriebe sichern sich so die Fachkräfte von morgen “ und Arbeitnehmer:innen entscheiden sich damit für zukunftsfähige Karrierewege. Welche Talente dort schlummern und welche Möglichkeiten dadurch entstehen? Das zeigen uns ausgewählte Best-Practice-Beispiele.
„Wer gerne kickt, sollte nicht Handball spielen müssen“
Schon Mitte der 1990er Jahre erkannte man beim W&H Dentalwerk, dass sich die Organisation des Unternehmens grundlegend ändern muss, wenn man weiterhin wachsen und gleichzeitig den sich verändernden Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden möchte. Herbert Traschwandtner, Mitglied der Geschäftsleitung, war bei der Neustrukturierung aktiv dabei und ist im Unternehmen Experte für die sogenannte Teamorganisation. Mit uns spricht er über deren Stärken und Herausforderungen.
Ein Tag voller Chancen
Der „JKU-Karrieretag“ am 12. Oktober bietet für Studierende ein ungezwungenes Umfeld, um nationale und internationale Top-Unternehmen kennenzulernen. In mehreren Vorträgen werden zusätzlich Tipps von Expert:innen vermittelt, wie die ideale Offline- und Onlinebewerbung aussieht.
Ein Arbeitsplatz aus der Vog(e)lperspektive
Was braucht es, um ein:e gute:r Stylist:in zu sein? Natürlich die richtige Basisausbildung! Aber auch genügend Herzblut für den Job sowie die Möglichkeit, sich laufend weiterzuentwickeln und zu verbessern. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen bei Coiffeur Vogl. Und merken: Auf den 330 Quadratmetern mitten in Linz fühlen sich nicht nur die Kund:innen sichtlich wohl, sondern auch das 20-köpfige Team.
Endlich Matura! WoMI(N)T geht“s weiter?
Große Zukunftsbranchen wie die Industrie suchen neugierige Talente und bieten umgekehrt die Möglichkeit, unsere Welt von morgen aktiv mitzugestalten. Egal ob beim direkten Berufseinstieg, bei der Lehre mit Matura oder im Rahmen eines spannenden Studiums, so viel steht fest: Die MINT-Nachfrage boomt. Ein Einblick.
„Wir alle haben unterschiedliche Lebensläufe und Backgrounds â?¦“
… genau deshalb funktioniert die Zusammenarbeit so gut. Zumindest, wenn es nach Karin Schnirch geht. Mittlerweile Senior Consultant bei mgm consulting partners austria, ist die sympathische Salzburgerin als Quereinsteigerin das beste Beispiel dafür, wie wichtig Offenheit und Flexibilität am modernen Arbeitsmarkt sind “ sowohl auf Seiten der Arbeitnehmer:innen als auch der Arbeitgeber:innen. Mit uns spricht sie über das Erfolgskonzept „Freiheit im Job“ und den echten mgm-Spirit.
Work smarter, not harder
Bedeutet höhere Produktivität automatisch auch mehr Anstrengung? Keinesfalls, glaubt man den folgenden drei Methoden. Sie sollen dabei helfen, die eigenen Arbeitsabläufe smarter zu gestalten. Wir haben sie genauer unter die Lupe genommen.
Role Models: Frauen im MINT-Sektor
Gute Bezahlung, sichere Arbeitsplätze und aufregende Karrierechancen: Der MINT-Bereich hat Jobsuchenden so einiges zu bieten. Komisch nur, dass sich so wenige Frauen für diesen Sektor entscheiden “ an den öffentlichen Universitäten machen sie zum Beispiel nur etwa ein Drittel der Studierenden in MINT-Fächern aus. Wir haben mit drei Frauen, die im MINT-Sektor erfolgreich sind, darüber gesprochen, woran das liegen könnte.