Von schwächelnden Umsätzen und neuen Rasenflächen 2
Eigene Projektbüros
Den zweiten Geschäftsbereich, die Arbeitskräfteüberlassung, betreibt Bitter seit 1997, er macht mittlerweile zwei Drittel des Umsatzes mit ebenfalls zwei Dritteln der insgesamt rund 150 Mitarbeitern aus. Das Geschäftsmodell habe sich aufgrund der damaligen Outsourcing-Bestrebungen der Automobilindustrie ergeben. Die Mitarbeiter werden zuvor in einem drei- bis sechsmonatigen Traineeprogramm ausgebildet. Nun gehe aber der Trend wieder in die andere Richtung, Bitter setze daher zukünftig einen Schwerpunkt auf eigene Projektbüros für einzelne Kunden. Denn fernab vom Alltagsgeschäft könnten sich die Leute viel besser auf die Konzeption und Entwicklung konzentrieren: „Beim Industriekunden werden die Leute ständig aus dem Arbeitsprozess herausgerissen. Hier bei uns können sie sich zu 100 Prozent auf ihre Aufgabe konzentrieren.“ Aufgrund der technischen Möglichkeiten mache es mittlerweile auch keinen Unterschied mehr, wo die Arbeit verrichtet wird. Bitter hat starke Glasfaseranbindungen zu seinen Kunden.
Diese Entwicklung ist auch der Grund für den anfangs erwähnten Zubau in Sierning, es wurden fünfzehn neue Arbeitsplätze am 2009 neu gebauten Firmensitz geschaffen. Daneben hat Bitter noch zwei Büros in Deutschland und eines in Spanien. Weitere Niederlassungen sind in den nächsten ein, zwei Jahren nicht geplant, man will sich stattdessen ganz auf den Ausbau des Firmensitzes konzentrieren. Dabei sieht Landgraf auch noch einen anderen wichtigen Vorteil: „Bei uns haben wir die Mitarbeiterbindung besser im Griff.“ Und Mitarbeiterbindung ist ein ganz wesentliches Thema in einer Zeit, in der Fachkräfte Mangelware sind und besonders Techniker händeringend gesucht werden. Und Firmen sich gegenseitig mit allen möglichen Goodies für ihre Mitarbeiter zu übertrumpfen versuchen sowie der Begriff „Employer Branding“ allgegenwärtig ist. Fragt man Landgraf nach der Konkurrenz der großen Industriebetriebe in Bezug auf Mitarbeiter, sagt dieser auch ganz ehrlich: „Mit den großen Betrieben kann man im Grunde nicht mithalten, wenn etwa ein großer Automobilist einen unserer Mitarbeiter ruft, dann wechseln diese zu 90 Prozent.“ ßberhaupt gelte: „Wenn jemand wechseln will, kann man ihn nicht mehr aufhalten.“ Stattdessen müsse man sich im Vorfeld so interessant und spannend positionieren, dass Mitarbeiter gar nicht auf solche Gedanken kommen. Und auch wenn das natürlich nicht bei allen gelingen würde, ist Bitter beim Thema Mitarbeiter erfolgreich, denn Landgraf stimmt den allgemeinen Klagen über den Fachkräftemangel nicht unbedingt zu: „Es könnten zwar immer noch mehr sein, aber im Rahmen unserer jetzigen Möglichkeiten finden wir genug.“ Und das sind eine ganze Menge: Zählt man die Mitarbeiter des Arbeitskräftebereichs, die Bitter nach einiger Zeit dann in Richtung des Kunden verlassen haben, dazu, habe man in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.
Familiäres Umfeld
Bitter finde unter anderem ausreichend Mitarbeiter, weil man bereit sei, Schul- und Uniabsolventen eine Chance zu geben, und beim Einstieg von den jungen Leuten ins Unternehmen in deren Ausbildung investiert. 90 Prozent der Mitarbeiter seien direkte Schul- oder Uniabgänger. „Das haben wir schon immer gemacht und jetzt haben wir dadurch auch den Vorteil, dass wir das schon verinnerlicht haben. Andere müssen diese Prozesse nun aufgrund des Fachkräftemangels erst lernen.“ Zu den jungen Menschen habe man Zugang, weil man schon jahrelang österreichweit direkt an den Bildungsstätten präsent sei und teils eng mit ihnen zusammenarbeite. So beschäftige man etwa Lehrer geringfügig oder habe in der FH Wels einen eigenen „Bitter“-Raum gestaltet. Als weiteren Grund für einen attraktiven Arbeitsplatz nennt Landgraf, dass Leute bei Bitter an mehreren Projekten arbeiten und damit unterschiedliche Firmen kennenlernen können. Dazu komme, dass sich Mitarbeiter aussuchen können, ob sie bei Bitter selbst ober durch die Arbeitskräfteüberlassung bei einem Kunden arbeiten möchten. Die Automobilindustrie mit ihren Zulieferern sei eine spannende Branche “ auch was den Verdienst betrifft. Diverse Employer-Branding-Maßnahmen “ vom Obstkorb über eine Rückenschule “ würde man ebenfalls anbieten, „weil es dem Zeittrend entspricht und es das ganze Bild abrundet“, aber Landgraf ist sich sicher: „Am Ende des Tages interessiert es den Mitarbeiter, welche Aufgaben er bekommt und welche Möglichkeiten er zur Entwicklung hat, und wenn diese beiden Punkte passen, dann wird er bleiben.“ Landgraf engagiert sich bei mehreren Fachkräfteinitiativen in der Region und ist überzeugt, dass sich eine Firma bewusst sein sollte, was die Region bieten könne, und sich dann entsprechend bei der Suche auf die Leute mit diesen Ansprüchen konzentrieren sollte. Sierning im Bezirk Steyr-Land sei ein sehr ländliches Gebiet mit einer entsprechend hohen Lebensqualität und biete dementsprechend ein familiäres Umfeld: „Wir punkten bei Mitarbeitern, die gerade am Sprung sind, eine Familie zu gründen.“ Und zu einer familiären Umgebung passt es auch gut dazu, dass sich der Geschäftsführer selbst um die Bewässerung der neuen Rasenfläche kümmert.
Bitter
Geschäftstätigkeit_ Produktentwicklung (80 % Automobilindustrie bzw. Zulieferer) sowie Arbeitskräfteüberlassung
Struktur_ Sierning (40 Mitarbeiter), Niederlassungen in München (6), Ludwigsburg (12), Spanien (Designbüro mit einem Mitarbeiter); Tochterunternehmen MBM als Fertigungswerkstätte für Prototypen und Kleinserien
Mitarbeiter_ 150 (zwei Drittel davon im Bereich Arbeitskräfteüberlassung)
Umsatz_ über 13 Millionen Euro
Exportquote_ 35 Prozent
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