Wenn das die alten Römer wüssten …
Sicherlich, die antiken Kulturen waren die Vorreiter ihrer Zeit, die römischen Aquädukte eine architektonische Pionierarbeit. Der Glanz der ewigen Stadt in Sachen Trinkwasserversorgung ist jedoch längst verblasst. In Linz etwa schaffte man in gut 125 Jahren den Sprung vom „schlechten Brunnenwasser“ zu – laut eigenen Angaben – „Europas bestem Trinkwasser“. Das wird mittlerweile vollelektronisch mit Messsonden überwacht und regelmäßig auf Herz und Nieren geprüft. Da würden selbst die alten Römer vor Neid erblassen.
Aller Anfang ist schwer
Die Vorreiter der Trinkwasserentwicklung waren über Jahrhunderte die Städte. „Die hatten als erstes Probleme mit Fäkalien und Müll auf den Straßen“, sagt Linz AG-Generaldirektor Erich Haider. Durch eine öffentliche Wasserversorgung sollte Krankheiten wie der Cholera der Nährboden entzogen werden. Während die Trinkwasserversorgung freilich schon in antiken Kulturen, in den Städten Griechenlands und dem Römischen Reich, mit hoch entwickelten Aquädukten ihren Ausgang nahm, entwickelte sich vor allem im 19. Jahrhundert eine erste öffentliche Trinkwasserversorgung und Gesundheitsfürsorge. Ausgehend von der Frühindustrialisierung entstanden in den 1830er Jahren in Großbritannien, in den 1850er Jahren in vielen deutschen Städten sowie in Paris, um 1873 in Wien (Wiener Hochquellleitung), und 1893 in Linz (Eröffnung von Scharlinz) die ersten öffentlichen Wasserversorgungen. Laut Linz AG erwies sich im Gegensatz zur Kanalisierung der Aufbau der öffentlichen Wasserversorgung als schwierig. „Man fragte sich, ob man die Wasserversorgung privaten Geschäftsleuten überlässt oder ob es eine öffentliche Aufgabe ist“, sagt Haider, „denn Wasser in privaten Händen ist sehr gefährlich und einseitig.“ Eine gemeinwirtschaftliche Wasserversorgung sei die Grundlage für einen flächendeckenden Ausbau gewesen. „Der zweite Meilenstein waren Grundwasseruntersuchungen im Großraum Linz, um die Grundwasserströme und –reserven zu entdecken“, so Haider.
Nachdem der Geologe Eduard Süß 1874 den Grundwasserstrom unter der Welser Heide entdeckte, wurde 1893 das Wasserwerk Scharlinz in Betrieb genommen und auf der Gugl am Froschberg ein unterirdischer Hochbehälter gebaut, den es heute immer noch gibt. Von der Entdeckung des Grundwasserstroms 1874 bis zur Inbetriebnahme von Scharlinz 1893 vergingen ganze 19 Jahre. Es scheiterte noch an der fehlenden Akzeptanz der Bevölkerung. „Technologisch war es keine Herausforderung, aber der Widerstand und die Ängste der Menschen – wie bei vielen technologischen Neuerungen – waren groß“, sagt Haider.
Was die Linzer Trinkwasserversorgung heute kann
Heute liefert die Linz AG an einem durchschnittlichen Tag 64 Millionen Liter Wasser und versorgt 400.000 Menschen. Von der technischen Leistung her könnte man sogar 130 Millionen Liter Trinkwasser liefern. „Wir haben für Linz eine große Versorgungssicherheit mit 32 Hochbehältern, fünf Wasserwerken und drei Ringleitungen“, so Haider.
Zudem hat Linz ein paar Besonderheiten. So ist etwa das Wassersystem mit Messsonden vollelektronisch überwacht. „Außerdem haben wir alle Wasserwerke mit Stromaggregaten versorgt. Bei einem Stromausfall können wir 100 Prozent der Bevölkerung und Betriebe weiterversorgen. Die meisten anderen Versorger schaffen maximal 30 Prozent.“ Eine weitere Besonderheit in Linz sind die geringen Wasserverluste. „Ein gutes Wassernetz wie Wien hat zehn Prozent Wasserverluste, ein schlechtes wie Rom hat 30 Prozent.“ Der Grund: Wenn eine Wasserleitung leck wird, „merkt man es erst, wenn etwas unterspült ist oder Wasser aus der Wand austritt, weil ein Rohrbruch vorliegt.“ Mit der Nacht-Minimum-Methode tastet man sich dann an das Leck heran. „Dadurch sind unsere Wasserverluste weit unter dem Durchschnitt, nämlich bei fünf Prozent.“ Zusätzlich werden regelmäßig 470 Parameter des Wassers im eigenen Wasseranalyse-Labor getestet. Der Ausbau der Wasserquellen sei übrigens für die Zukunft nicht geplant, wie Haider sagt: „Wir haben ungefähr 130 Prozent Reserve pro Tag.“_
„Wir haben für Linz eine große Versorgungssicherheit mit 32 Hochbehältern, fünf Wasserwerken und drei Ringleitungen.“
Erich Haider
Generaldirektor, Linz AG
Gefragt
Historiker und Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Roman Sandgruber, über die Anfänge und Entwicklung der öffentlichen Trinkwasserversorgung und was Österreich von anderen europäischen Städten unterscheidet.
Wie entwickelte sich die Trinkwasserversorgung in Österreich?
SandgruberDas Linzer Schloss hat schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine Wasserleitung gekriegt. Ab dem frühen 19. Jahrhundert traten in allen größeren Städten Seuchenprobleme durch verdorbenes Wasser auf. In Wien hatte man in den frühen 1830er Jahren die ersten Cholerawellen, in Linz traten sie um die 1850er Jahre in Kleinmünchen auf. Um 1806 gab es in Wien bereits die Albertinische, später die Ferdinandäische Wasserleitung. Sie konnten das Problem aber nicht lösen, bis 1873 die Wiener Hochquellwasserleitung gekommen ist. Sie regelt die Wiener Versorgung bis heute. Ab diesem Zeitpunkt gab es auch keine Cholera-Epidemien mehr.
Wie sah das in anderen europäischen Städten aus?
SandgruberIn Städten wie London war das noch um eine Spur schwieriger durch die geologischen Bedingungen, die Größe und die sozialen Probleme. Auch in Hamburg, Frankfurt, Paris und vielen Schweizer Städten ist die öffentliche Trinkwasserversorgung um die 1850er Jahre entstanden. Es war überall die Cholera, die den Anstoß lieferte.
Was unterscheidet Österreich von anderen Ländern?
SandgruberWir haben in Österreich nicht nur gute geologische Voraussetzungen, sondern auch gute Wasserversorger. In Rom etwa hat man nicht nur mit der Geologie zu kämpfen, sondern auch mit den Versäumnissen der Wasserversorger. Da hat man bei uns schon langfristig gedacht.
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