Gerechtigkeitsfanatiker mit Liebe zu Zahlen
Sie versorgt hunderttausende Menschen im Zentralraum mit Wasser, regelt den öffentlichen Verkehr und steuert einen wichtigen Anteil zum Budget der Landeshauptstadt bei: die Linz AG. Generaldirektor Erich Haider wechselte nach seiner Wahlniederlage als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2009 von der SPÖ in die Führungsetage des Unternehmens und ist mittlerweile Generaldirektor. Der passionierte Tarockspieler mit Faible für Effizienz und technische Innovationen will zahlreiche Großprojekte im oberösterreichischen Zentralraum vorantreiben.
Als Erich Haider Ende der 80er-Jahre nach abgeschlossenem Informatikstudium erstmals zum Vorgängerunternehmen der heutigen Linz AG, der ESG Linz, wechselt, werden die Fahrpläne für die Linzer Straßenbahnen noch ausgedruckt und den Fahrern zu Dienstbeginn händisch überreicht, Verspätungen sind nur grob erfassbar. Das alles ändert sich erst durch das Linzer Beschleunigungsprogramm LIBE – Haiders erstem Großprojekt im Betrieb. „Es war ein technologischer Quantensprung. Nach der Umsetzung wussten wir immer genau, wo sich welches Fahrzeug befindet, konnten insgesamt 128 Ampeln elektronisch durchschalten und so 27 Prozent an Fahrzeit gewinnen“, sagt Haider. Seine Augen beginnen zu glänzen, er scheint sich gerne (und vor allem bis ins Detail) an diese Zeit zurückzuerinnern. „Unseren Kunden wurde erstmals in Echtzeit angezeigt, wann die nächste Straßenbahn kommt, das war wirklich revolutionär“, erklärt er. Privat ist Haider nach eigenen Angaben übrigens nie schwarz mit Bus oder Straßenbahn gefahren. „Das wäre mir viel zu unangenehm.“
Kein staatlicher Monopolbetrieb mehr
Seit den 90er-Jahren hat sich nicht nur Haider selbst, sondern auch das Unternehmen verändert. Gab es bis ins Jahr 2000 einen Monopolmarkt im Energie- und Wasserbereich, können Kunden heute frei wählen. „Wir versorgen derzeit 118 Gemeinden und müssen dort jeden Auftrag gewinnen“, sagt der Generaldirektor. Aus dem staatlichen Monopolbetrieb sei ein wettbewerbsfähiges Unternehmen geworden. Auch die Anforderungen der Kunden hätten sich geändert. Sie wollen ein effektives Verkehrssystem und informieren sich über Themen wie Nachhaltigkeit, sagt Haider. Doch nicht alles ist anders als früher: Unverändert wichtig und hoch sei die technische Kompetenz im Unternehmen. „Wir haben etwa eine Methode entwickelt, mit der wir an 90 Stellen in Linz den Wasserverbrauch messen und sofort Rohrbrüche erkennen, so können wir den Wasserverlust auf fünf Prozent minimieren“, sagt Haider. Die Vergleichszahlen hat er auch gleich parat: 30 Prozent in Rom, zehn Prozent in Städten mit ausgezeichnetem Wassersystem. In der Stahlstadt entwickelte die Linz AG spezielle 3D-Kameras, welche die Kanalsysteme mit Hilfe von Geodaten vermessen. Haider: „Mit einem hydrodynamischen Berechnungsmodell können wir genau prognostizieren, welche Kanäle bei Hochwasser stärker beansprucht sind, wo sich das Wasser hinbewegt, auch dieses Berechnungsmodell haben wir erfunden“. Der Generaldirektor scheint Zahlen und Statistiken zu lieben, seine Abschlussarbeit an der JKU schrieb er über die Anwendung der schnellen Foraytransformation. „Ich bin ein großer Anhänger von Zahlen- und Prognosesystemen“, sagt er, „die Mitarbeiter wissen auch genau, dass sie besser nicht unvorbereitet kommen, denn ich merke mir die Details.“
Die Verlängerung der Straßenbahnachse bis nach Traun konnte Haider bereits durchsetzen, in Zukunft warten zwei weitere Großprojekte auf ihn und das Unternehmen. Erstens der Bau der zweiten Schienenachse durch Linz. „Dadurch werden das AKH, die Frauenklinik, das Unfallkrankenhaus, die Polizeischule und das Parkbad an das Straßenbahn-Netz angebunden und der neue Stadtteil Grüne Mitte aufgewertet“, sagt er. Man will die Kundenorientierung weiter steigern. Zweites Großprojekt ist der völlige Umbau des Hafenviertels. „Wir werden die Infrastruktur erneuern, geplant ist eine innovative Kultur- und Freizeitachse“, sagt Haider. Dabei behilft man sich mit einem Trick. Normalerweise ist das Betreten des Hafengeländes für Fremde verboten. Durch ein geplantes gewaltiges Grün-Dach werden sich die zukünftigen Besucher aber nicht direkt im Hafengelände selbst befinden.
„Denk- und Handlungsweisen verstehen“
Vom Spitzenpolitiker ins Management – welche Parallelen gibt es? „Wir bewegen uns mit unseren Angeboten im öffentlichen Raum, deswegen ist es besonders nützlich, die Denk- und Handlungsweise der Gemeinden zu verstehen“, sagt Haider. Wie auch in der Politik gelte es, Menschen zu führen. Haider: „Ich bin davon überzeugt, dass man, egal ob in der Politik oder im Unternehmen, mit Werten führen muss.“ Ohnehin sind Werte ein wichtiges Thema für ihn, Haider selbst bezeichnet sich als Gerechtigkeitsfanatiker. „Ich bin vehement für Chancengleichheit. Nützen müssen die Menschen ihre Chance selbst, aber jeder sollte eine bekommen“, sagt er. Er spricht aus Erfahrung: Aufgewachsen ist er in einer Gemeinde ohne Hauptschule, wo nur zwei von 56 Schülern die Gelegenheit hatten, das Gymnasium zu besuchen. Haider war einer von ihnen: „Ich bin jeden Tag um fünf Uhr morgens aufgestanden, um sechs Uhr mit dem Bus nach Linz gefahren und um 18 Uhr wieder zurück nach Hause.“
Aus dieser Zeit stammt auch seine größte private Leidenschaft, das Tarockspielen. „Ich spiele seit dem zwölften Lebensjahr. Wenn man nicht so früh anfängt, ist es auch schwierig, den Vorsprung der anderen aufzuholen“, sagt Haider und lacht. Spielt er nicht mit Karten, liest der Generaldirektor auch gerne. Oder würde es zumindest gerne. „Ich lese eigentlich von Kindheit an gerne, momentan habe ich aber mehr Bücher zuhause, die ich nicht gelesen habe als umgekehrt“, sagt er._
Gedanken
Mein erster Berufswunsch war_ Pilot oder Pfarrer
Darauf bin ich besonders stolz_ auf LIBE, mein erstes großes Projekt, auf den neuen Linzer Hauptbahnhof, die umgesetzten Verkehrsprojekte, auf die Einführung des betreuten Wohnens in Oberösterreich. Und, dass ich viele große Persönlichkeiten kennen gelernt habe: zum Beispiel Kreisky, Kofi Annan, Schröder, Mitterand, Merkel oder Putin.
Wenn ich heute am Anfang meiner Karriere stehen würde_ würde ich wieder Technische Informatik studieren, aber auch Rechtswissenschaften, weil das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sehr stark durch die EU-Gerichtsbarkeit und Gesetze bestimmt wird.
Krawatte trage ich_ erst seit ich 40 bin.
Wenn ich nicht Tarock spiele oder lese_ habe ich oft Enkerldienst. Wir haben einen neunjährigen Enkel, der uns ziemlich auf Trab hält, was sehr schön ist.
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zum Glu?ck (noch) nicht – liegt wohl an den orangen Warnwesten –, dennoch sind sie
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viele bunte Akzente wir in diesem schwarz-weißen Denken setzen wollen und können,
muss jede:r fu?r sich entscheiden. Statt uns selbst gru?n und blau zu ärgern, haben wir
uns dazu entschieden, genau dafu?r in diesem Kapitel einige Farbtupfen in Form von
Vorbildern, Meinungen und neuen Trends fu?r euch einzufangen. Viel Spaß beim Lesen!
Susanna sagt … Bewegung
Ich schreibe gerade im Stehen. Das liegt an meiner Uhr. Die piepst und vibriert, wenn
ich zu lange in Sitzposition verweile. Eigentlich sollte ich im Gehen schreiben, denn von
den 10.000 Schritten bin ich wortwörtlich meilenweit entfernt. Super, dass uns die
Digitalisierung nun so wunderbare Innovationen gebracht hat, damit wir uns gesu?nder
verhalten. Oder? Physiotherapeut Gernot Schweizer sieht das nicht ganz so super. „Wir
werden immer digital dementer und digital gefu?hlloser“, warnt er. Und meint damit, dass
wir verlernt haben, auf unseren Körper zu hören. Dabei wu?sste der sehr genau, was wir
brauchen. Ja, das wu?ssten wir generell. Wir wu?ssten auch, dass unser Gesundheits- und
Pflegesystem dringend Veränderungen brauchen. An Konzepten wu?rde es auch gar nicht
mangeln. Aber solange es uns selbst nicht betrifft, bleiben wir mal lieber sitzen. Okay.
Fangen wir bei uns selbst an. Ich geh dann mal ein paar Schritte – bis zur Kaffeemaschine
(Die Uhr schweigt. Und meinen Körper bringe ich selbst zum Schweigen – denn der sagt
mir eigentlich, dass ich schon genug Tassen fu?r heute hatte.)
Melanie meint .. es soll „menscheln“
New Work – ein Buzzword, das mittlerweile fast
schon abgedroschen wirkt. Meint es nur Homeoffice
und neuartige Bu?rokonzepte, verfehlt es auch
seine eigentliche Intention: Die Arbeitswelten fu?r
alle so gestalten, dass wir uns entfalten können,
gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten haben
und den Puls der Zukunft fu?hlen. Ich persönlich
wu?nsche mir, dass es dabei „menschelt“ und wir
unsere individuellen Bedu?rfnisse an unsere Jobs
mit all dem in Einklang bringen können, was uns
als Gesellschaft voranbringt. Inspirationen gefällig?
Einfach weiterblättern und staunen!
Valentin vertieft: Karrierefaktor Grillabend
Achtung, dieses Gedankenspiel du?rfte wohl vielen nicht gefallen: Schon bald
könnte es sein, dass viele hochqualifizierte Akademiker:innen umschulen mu?ssen
– um in Fabrikhallen oder handwerklichen Betrieben zu schuften. Denn während
Juraexamen und medizinische Zulassungspru?fungen fu?r ChatGPT schon jetzt kaum
noch ein Problem sind und die KI auch beim Erschaffen von kreativen Texten und
Kunstwerken den Menschen längst Konkurrenz macht, werden komplexe physische
Arbeiten auf absehbare Zeit unersetzbar bleiben. Die Entwicklung entsprechender
Roboter kommt der ständig steigenden Leistungsfähigkeit der KI nicht hinterher.
Möglicherweise werden geschickte Handwerker also bald die besten Karriere– und
Aufstiegsmöglichkeiten haben. Wer weiß?
Sicher ist hingegen, dass menschliche Interaktion und direkter Kundenkontakt in
Zukunft noch wichtiger werden. Dort kann die KI nicht mit uns mithalten. Soziale
Kompetenzen und menschliches Gespu?r gewinnen also an Bedeutung und
entwickeln sich zu den wichtigsten Skills. Und die lassen sich bekanntlich am besten
schulen, indem man Zeit mit seinen Mitmenschen verbringt, zuhört, plaudert, streitet,
diskutiert, flirtet. Ein Faktor, den es zu bedenken gilt, wenn du das nächste Mal vor
der Entscheidung stehst, einen lauen Sommerabend lieber weiterbildend vor dem
Bildschirm oder mit Freund:innen bei einem gemu?tlichen Grillabend im Garten zu
verbringen. Fu?r die Karriere könnte langfristig zweiteres förderlicher sein.
Melanie meint … manchmal wäre ich gerne ein Drogenboss!
Denn dann hätte ich ein exaktes Verständnis davon, wie ich erfolgreich führe, dabei agil und flexibel bleibe und meine Netzwerke ständig innoviere und vorantreibe. Klingt komisch? Ist natürlich auch nur mit einem Augenzwinkern zu betrachten, aber mal ganz ehrlich – es gibt vieles, was wir von ungewöhnlichen Vorbildern für unseren Export und die Logistik lernen können. Neugierig geworden?
NICOLE, wie erreichen wir unsere Ziele?
Es sind die letzten 200 Meter beim Ironman. Dann spürt Nicole Hinum das, wofür sie so brennt: „Da läuft alles wie in Zeitlupe ab. Der Gedanke: Ich hab das jetzt wirklich geschafft! Da ist es nun, das große Ziel. Und der Beweis, dass ich alles schaffen kann, wenn ich es wirklich will.“ Ihr Antrieb? Ihre Leidenschaft. Mit genau dieser begleitet sie auch Unternehmen dabei, ihre Ziele mit einem klaren, starken Markenkern zu erreichen.
BETTINA, wie erfinden wir das Rad neu?
Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Hin zum Arbeitnehmermarkt. Vor allem in der Technik- und IT-Branche können sich die Talente heute aussuchen, wo und auch wie sie arbeiten möchten. Mit alten Methoden gewinnt man diese Menschen daher nicht mehr. Bettina Kern, Gründerin und Geschäftsführerin von KERN engineering careers, weiß, wie sich das Rad trotz Fachkräftemangels weiterdreht und vor allem, wie es sich in Richtung Zukunft dreht. So viel vorweg: „Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, müssen wir ordentlich in die Pedale treten!“
GERNOT, was bewegt uns (vorwärts)?
Die schlechte Nachricht zuerst: „Wir bewegen uns auf ein gesellschaftliches Desaster zu, weil wir so viel sitzen“, warnt Gernot Schweizer, Physiotherapeut, Fitness- und Konditionstrainer. Die gute Nachricht: „Es ist nie zu spät, um in Bewegung zu kommen.“
MICHI, was lernen wir vom Spitzensport?
Einen Plan B hatte sie nie. Brauchte sie auch nicht. Die Karriere von Ex-Skirennläuferin Michaela Kirchgasser ging stetig bergauf. 2018 beendete sie ihre Rennkarriere. Gewinnen kann sie seither aber immer noch, und zwar nicht nur bei Dancing Stars. Als Speakerin beim ersten Zauchensee-Summit gewinnt sie die Aufmerksamkeit der Teilnehmer:innen, wenn sie davon erzählt, worauf es ankommt, um die eigenen Ziele zu erreichen.
Auf den Punkt gebracht
Wie kann die Lehre gefördert werden? Für welche Personen ist es sinnvoll, eine Lehre zu machen? Und was möchte Monika Sandberger in ihrer neuen Führungsposition verändern? Wir haben die neue Geschäftsführerin der Initiative „zukunft.lehre.österreich.“ zum Karrieregedankensprung gebeten.
Schon mal was von „Perheystävällisyys“ gehört?
Ein Tipp: Es handelt sich dabei um etwas, das in Finnland besonders gelebt wird. Richtig, es ist die Familienfreundlichkeit! Was machen die Finn:innen denn besser, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht? Und was müsste sich in Österreich am Status quo verändern? Wir haben bei Eva-Maria Schmidt, Soziologin und Ethnologin am Österreichischen Institut für Familienforschung, nachgefragt.
Geschäftsidee gesucht, Sucht gefunden
Biobrote mit kreativen Namen wie Roger Roggen oder Krustav verbunden mit aufwendiger Handwerksarbeit sind in der heimischen Handelslandschaft nicht üblich. Ein IT-Experte und ein Projektmanager in der Backstube eigentlich auch nicht, doch für die verschwägerten Unternehmer Oliver Raferzeder und Stefan Faschinger ist das ihr täglich Brot. Nachdem die Anfangszeit von Brotsüchtig nahezu so hart war wie altes Gebäck, schnuppern sie momentan am Erfolgsduft, der ähnlich süß riecht wie frische Christine Croissants aus dem Ofen.
Niemals „business as usual“
In fünfzehn Jahren hat sich Feel Events von einem Studentenparty-Veranstalter zu einer großen Eventagentur und einem Lokalbetreiber mit vier Standorten in Linz entwickelt. Mittlerweile kann man mit dem hauseigenen Catering Good Karma Gastro große Events vollständig abdecken, dabei ist man immer auf der Suche nach dem besonderen Etwas. Das Motto der Gründer hat sich nie verändert: Alles, nur nicht normal.
„Ich habe schätzen gelernt, was Eltern alles leisten“
83 Prozent aller Kinder in Österreich werden in der Karenz nur von Frauen betreut. Was wäre ein möglicher Hebel, dies zu ändern? Ganz eindeutig: Es braucht Vorbilder. Und zwar Väter, die in Karenz gehen und selbst miterleben, welche Herausforderungen dies mit sich bringt und wie wertvoll die Zeit mit den eigenen Kindern ist. Einer davon teilt seine Erfahrungen mit uns.