„Man muss es wirklich wollen“
Nein, für Julia Speiser war nicht von Anfang an klar, dass sie es wirklich will: das Welser Traditionsunternehmen Entholzer von ihren Eltern gemeinsam mit ihrem Mann Sebastian Ganthaler übernehmen. 2020 wurde in der Firma dennoch nicht nur das 100-jährige Jubiläum, sondern auch die Übernahme gefeiert. Warum der Generationenwechsel so harmonisch verlaufen ist und warum (Herz-)Blut in Familienunternehmen tatsächlich dicker als Wasser ist? Wir fragen die beiden Geschäftsführer im gemeinsamen (übrigens sehr heiteren) Gespräch.
Dass es noch andere Fenster und Türen als jene von Entholzer gibt, verwundert den vierjährigen Sohn von Julia Speiser und Sebastian Ganthaler ziemlich. Genauso wie seine zweijährige Schwester liebt er es, im Familienbetrieb die Produktion zu besuchen, den Werkzeugkasten aus- und (selten wieder) einzuräumen und mitzuerleben, wie die Fenster und Türen entstehen.
Die Nachfolge für die fünfte Generation ist damit also gesichert? Darüber denken Julia Speiser und Sebastian Ganthaler noch nicht wirklich nach, denn: „Jeder muss für sich den richtigen Weg finden. Nur weil ein Familienunternehmen da ist, muss es nicht automatisch der richtige Weg für das Kind sein“, sagt Julia Speiser. Das war auch bei ihr so: „Wäre ich vor zehn Jahren verpflichtet worden, die Firma zu übernehmen, weiß ich nicht, ob ich diese Freude am Tun entwickelt hätte. Das Entscheidende ist: Spaß an der Arbeit haben. Und das machen, was man wirklich will.“ Sie selbst sei nicht von Tag eins an Feuer und Flamme für den Betrieb gewesen – „obwohl die Firma natürlich immer präsent in unserer Familie war. Bei uns wurde beim Abendessen viel über die Firma geredet. Das war schon immer spannend für mich und ich hab meinen Senf dazugegeben“, erinnert sie sich zurück.
Umwege, die sich gelohnt haben
Ihr Karriereweg führte sie aber beide, auch Sebastian Ganthaler, zunächst in die Hotelbranche, später Julia Speiser in die Kommunikations- und ihren Mann in die IT-Branche. Vor zehn Jahren begannen dann beide, im Familienbetrieb mitzuarbeiten, und durchliefen mehrere Abteilungen, um das Geschäft von der Pike auf kennenzulernen. Die zuvor gemachten beruflichen Erfahrungen stellten sich dabei als sehr hilfreich heraus. Genauso wie die Erkenntnis, dass „wir beide Herausforderungen lieben“, sagt Speiser und schmunzelt. Dieses lösungsorientierte Denken und Durchhaltevermögen brauche man schließlich als Unternehmer, ist Sebastian Ganthaler überzeugt: „Die größte Herausforderung ist, die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit zur Verfügung zu haben.“ Und jeder Mangel an Ressourcen – aktuell seien es der Fachkräftemangel und Lieferengpässe – erfordere gemeinsames Anpacken. „Das war vor 100 Jahren schon so. Und damals ging es wie heute darum, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern nach Lösungen zu suchen.“
Die Menschen hinter dem Produkt werden immer wichtiger.
Julia Speiser
Geschäftsführerin, Entholzer
Herausforderungen damals und heute
Die Lösungen hatte Johann Entholzer auch damals in der Nachkriegszeit gefunden, als er das Unternehmen als Ein-Mann-Glaserei gegründet hatte. „Ich glaube, mein Urgroßvater wäre stolz darauf, dass er den Grundstein für einen namhaften und österreichweit agierenden Fenster- und Türenproduzenten gelegt hat. Und es würde ihn bestimmt sehr freuen, dass dieser nach wie vor von der Familie geführt wird“, erzählt Julia Speiser. Vor allem die Werte seien es, die über all die Generationen weitergegeben wurden: „Ich kenne leider sowohl meinen Urgroßvater als auch meinen Großvater nur von Erzählungen. Die bestätigen aber, dass viele unserer Werte sehr ähnlich sind – wir haben nie angestrebt, ein großer Industriebetrieb zu werden. Wichtig waren und sind uns nach wie vor die Handschlagqualität und das Herzblut für unsere Arbeit.“ Gerade in einer derart hart umkämpften Branche sei es immer wichtiger, welche Menschen hinter Produkten stehen. „Nicht nur mit dem Produkt, sondern vor allem mit den Menschen dahinter kann man sich differenzieren.“ Deshalb würden sie sich bei Entholzer – immer schon – ganz klar als Familienunternehmen positionieren.
Dass die offizielle Übernahme der vierten Generation im vergangenen Jahr so reibungslos verlaufen ist, sei für viele kaum zu glauben. „Wir haben gespürt, dass alle Mitarbeiter hinter dieser Entscheidung und Nachfolge stehen. Das wünschen wir uns auch, wenn eines Tages die nächste Generation den Betrieb übernimmt“, erzählt Ganthaler. Warum das gelungen ist? „Entscheidend ist, denke ich, dass wir sehr dankbar sind, dass wir von den Eltern ein gesundes Unternehmen übernehmen durften und dass die Mitarbeiter die Harmonie innerhalb der Familie spüren.“
Guter Rat ist wertvoll
Beratend würden ihnen die (Schwieger-)Eltern nach wie vor zur Seite stehen, vor allem bei großen Entscheidungen setzen „die Jungen“ gerne auf deren Erfahrung. „Im Tagesgeschäft machen wir aber alles selbst“, so Ganthaler. Dabei ergänzen sich die beiden: „Julia ist die Macherin, sie geht Dinge sofort an. Ich bin eher der Stratege und mache mir zunächst ein Konzept dazu.“ Die Aufgabenbereiche haben die beiden sich grundsätzlich aufgeteilt – Julia Speiser kümmert sich um Einkauf, Lieferanten, Personal und Finanzen, Sebastian Ganthaler um Vertrieb, Technik und Produktion. „Alles natürlich in enger Abstimmung, wir sind ja ein klein- und mittelständisches Unternehmen mit 50 Mitarbeitern, da ist viel Nähe“, erklärt Speiser.
Aus nächster Nähe
Und genau diese Nähe sei ein wesentlicher Vorteil eines Familienunternehmens in der Größe, so Ganthaler: „Wir haben sehr flache Hierarchien und Entscheidungswege und sind deshalb sehr agil und krisensicher.“ Ein weiterer großer Pluspunkt: „Leistung und Geschick fallen bei uns im Team sofort auf, weil wir eben so nah dran sind. Wir kriegen sofort mit, wenn jemand einen genialen Lösungsvorschlag hat.“ Davon profitiere natürlich das Unternehmen, aber eben auch der Mitarbeiter. Überhaupt gehe es ihnen immer darum, dass jeder im Team – auch sie selbst – seine Stärken bestmöglich ausleben kann. Und vielleicht der größte Vorteil eines familiengeführten Unternehmens: „Wir sind immer mit dem ganzen Herzen dabei. Da stecken natürlich auch viele Emotionen drin, positive wie negative, aber immer geht es um eine Kultur des Miteinanders“, so Ganthaler.
Ob es bei ihren Familiengesprächen eigentlich meist um die Firma gehe? „Naja“, sagt Julia Speiser und schmunzelt, „manchmal nehmen wir uns bewusst vor, mal nicht über die Firma zu reden. Das funktioniert aber meist nicht lange. Die Firma ist immer ein Teil von uns.“_
Die größte Herausforderung ist – heute wie auch vor 100 Jahren –, die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit zur Verfügung zu haben.
Sebastian Ganthaler
Geschäftsführer, Entholzer
Familiensache.
Die am häufigsten gesprochenen Worte in unserer FamilieVertrau auf dich!
3 Werte, die uns allen wichtig sindFreude, Dankbarkeit, Wertschätzung.
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Worin wir uns nie einig werdenFrüher oder später sind wir uns immer einig, meist geht es dabei um Herzensprojekte, die wir vielleicht zunächst unterschiedlich priorisieren.
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