Wo Herzblut spürbar wird
Rund 88 Prozent der heimischen Firmen sind in Familienhand. Rechnet man die Ein-Personen-Unternehmen weg, sind es mit 51 Prozent immer noch mehr als die Hälfte. Die Bandbreite reicht vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum weltweit tätigen Großkonzern. Ein kurzer Einblick.
#wertestark
Die stark von Werten geprägte Unternehmenskultur bietet einen Wettbewerbsvorteil, so die Ansicht von drei Viertel der Familienunternehmen weltweit. 86 Prozent der österreichischen Familienunternehmen sind sich ihrer vereinbarten Werte und Ziele bewusst, 61 Prozent haben diese oder eine Unternehmensphilosophie auch verschriftlicht – das passiert laut Huemer häufig in der sogenannten Family Governance bzw. einer Familienverfassung .
70%
der Unternehmen im Tourismus sind Familienunternehmen und damit ist der Anteil der Familienunternehmen (ohne Ein-Personen-Unternehmen) im Tourismus am höchsten, gefolgt von der Produktion (inklusive Bau) mit 63%.
#erfolgreich
Die rund 157.000 österreichischen Familienunternehmen (ohne Ein-Personen-Unternehmen) beschäftigen 65% aller selbstständig sowie unselbstständig Beschäftigten (1,8 Millionen Personen) und erwirtschaften 57% der Umsätze (394 Milliarden Euro). 82% haben 2018 ein Wachstum verzeichnet, global sind es nur 69% – die heimischen Familienunternehmen wachsen aber langsamer und weniger aggressiv als ihre internationalen Pendants. Was die Gesetzeslage anbelangt, sind bei den Familienunternehmen und deren Nachfolgeregelung verschiedene Rechtsbereiche zu beachten, so Rechtsanwältin Daniela Huemer: Neben dem Gesellschaftsrecht, welches die verschiedenen Organisationsformen regelt, wo häufig auch die Privatstiftung in der Unternehmensnachfolge eine Rolle spielt (mehr dazu auf Seite 90), sind unter anderem auch das Erbrecht mit seinem Pflichtteilsrecht mitzubedenken. Die Familienseite und die Vorstellungen der einzelnen Familienmitglieder mache auch die Einzigartigkeit der Familienunternehmen aus: „So unterschiedlich die Familien sind, so sind es auch deren Unternehmen.“
6 der 750
weltweit umsatzstärksten und inhaberkontrollierten Unternehmen kommen aus Österreich: Novomatic, Porr, Alpla, Red Bull, Swarovski, Mayr-Melnhof Karton. 171 der erfolgreichsten Gesellschaften haben ihren Sitz in den USA, das umsatzstärkste Familienunternehmen der Welt ist der US-Einzelhändler Walmart der Familie Walton.
#menschlich
„Wesentlich für den Erfolg ist, private Konflikte nicht ins Unternehmen hineinzutragen“, so Huemer. Je früher, genauer und offener Themen wie die langfristige Ausrichtung und Strategie des Unternehmens oder Rollen und Aufgaben einzelner Familienmitglieder gemeinsam im Vorfeld festgelegt werden, umso geringer ist später das Konfliktpotential. Viele Familienunternehmen regeln solche Dinge in einer Familienverfassung oder in einem Syndikatsvertrag, der im Unterschied zum Gesellschaftsvertrag und der Satzung nicht öffentlich im Firmenbuch einsehbar ist. Für Ausgleich bei eventuellen Unstimmigkeiten können Mediatoren, Beiräte oder Berater sorgen. Huemer hat das Gefühl, dass zwar einige Familienunternehmen diesbezüglich grundsätzlich gut aufgestellt sind, der Nachfolgeregelung aber manchmal eine höhere Priorität und ein längeres Zeitfenster eingeräumt werden sollte.
„Bei den Familienunternehmen spürt man das Herzblut der Familie.“
Daniela Huemer
Rechtsanwältin und Partnerin, Haslinger / Nagele Rechtsanwälte
#generationenübergreifend
Die Regelung der Unternehmensnachfolge ist eine der größten Herausforderungen: Knapp 70% schaffen es von der ersten in die zweite Generation, 40% gelingt dann der Übergang in die dritte Generation und nur mehr 5% meistern den Schritt in die vierte Generation. Dazu Huemer: „Wenn die nächste Generation frühzeitig an die Firma herangeführt und eingegliedert wird, kann die Vorgängergeneration noch beratend oder sogar einlenkend zur Verfügung stehen.“ Es mache Sinn, so früh wie möglich über die Nachfolge nachzudenken: Wer möchte in die Unternehmensführung? Wer ist dafür geeignet? Gibt es für diese Person auch Konsens in der Familie? In einem über mehrere Generationen gewachsenen Unternehmen müssen mehrere Familienstämme „unter einen Hut“ gebracht werden. In Zeiten der Globalisierung komme dazu, dass die Leute mobiler werden und daher plötzlich verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung kommen können – Stichwort „Erbschaftssteuer“, die es im Unterschied zu Österreich etwa in Deutschland gibt. „Das Familienunternehmen sollte möglichst nicht auseinanderfallen“, sagt Huemer und nennt als Regelungsmöglichkeit die Zusammenfassung der Stämme in Syndikate oder die Planung und Strukturierung der Unternehmensnachfolge über eine österreichische Privatstiftung. Es sei eine Stärke von Familienunternehmen , dass sich mehrere Generationen mit dem Unternehmen identifizieren und mitarbeiten möchten, aber andererseits könnten nicht immer alle Familienmitglieder eine Geschäftsführungsposition übernehmen. Eltern würden sich dabei oft nicht so leichttun, weil man seine Kinder gleichberechtigt behandeln möchte. „Aber Ungleichbehandlung ist angebracht, wenn unterschiedliche Interessen vorhanden sind“, sagt Huemer. Insgesamt würden Kinder nun schon freier entscheiden als früher, als das Familienoberhaupt noch dominanter war, und dementsprechend würden häufiger externe Geschäftsführer eingesetzt werden als früher. Apropos Einsetzung: Es muss auch geklärt werden, ob man Lebensgefährten und Ehepartner in das Unternehmen reinlässt._
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