Geht das überhaupt …?!
„Gegenfrage: Warum sollte das nicht funktionieren?“ Hat sie doch gerade erst Platz genommen, ermutigt einen Anita Thallinger direkt zum Umdenken. Ihr positives Strahlen untermauert den Gedanken. Genau diese Frage stellt sie sich selbst nämlich zum Beispiel genau dann, wenn es um flexibles Arbeiten geht.
„Ich bin wohl die Führungskraft, die bei uns für jegliches Teilzeitmodell steht. Ob geringfügig, für zwölf, 16, 20 oder 35 Stunden – wie es halt gerade passt. Und in einem halben Jahr kann sich das wieder völlig ändern. Schau es dir einfach mal an und dann siehst du, wie es dir damit geht! Warum sollte das nicht funktionieren?“ Gute Frage. Vielleicht sollten wir uns diese im (Berufs-)Leben ja viel häufiger stellen? Check! Das erste Learning ist in der Tasche. Aber: Konzentration! Da kommt bestimmt noch mehr … Denn Anita nimmt uns mit auf eine Reise durch ihre Gedanken. Und zeigt die fünf wichtigsten Haltestellen auf dem Weg zu ihrem persönlichen „New Mindset“.
#1
Chancen in Veränderung erkennen
Hinterfragen, hinterfragen, hinterfragen. Nein, nicht zögern. Sondern auf der Hut sein. „Immer wenn man das Gefühl hat, dass etwas läuft, sollte man sich selbst hinterfragen.“ Als Director Marketing & Market Service beim W&H Dentalwerk Bürmoos beherzigt Anita selbst diese Herangehensweise seit vielen Jahren. Das Unternehmen wurde 1890 gegründet und zählt seit Jahrzehnten zu den größten Traditionsbetrieben im Salzburger Raum. Da fällt es so manches Mal bestimmt schwer, die eigene Tradition mit dem Anspruch zu vereinen, sich immer wieder neu zu erfinden. Oder? „Es ist völlig normal, wenn sich ein gewisser Trott einschleicht.“ Meist funktioniere dieser auch über längere Zeiträume hinweg.
Doch plötzlich: Boom! „Gefühlt aus dem Nichts verlässt jemand das Team, geht in Karenz oder es treten unerwartete Fehler auf.“ Genau dann stehe man an einer Weggabelung: Aus der einen Richtung winken die Probleme und Herausforderungen, die damit einhergehen und einen entmutigen. Die andere Richtung führt dorthin, wo Bereicherung lockt. „Fehler triggern Fortschritt. Auch in Österreich, wo eine gesunde Fehlerkultur noch nicht überall Usus ist.“ Veränderung aufzuhalten ist ein Kampf gegen Windmühlen. Sie als Chance zu begreifen eröffnet hingegen ungeahnte Möglichkeiten. Ein Beispiel verdeutlicht, was sie damit meint: „Wenn ich an Karenzen denke, konzentriere ich mich nicht auf den Verlust, der dadurch natürlich entsteht. Sondern auf die vielen neuen Menschen, Inputs und die bereichernden Wege, die wir mit ihnen einschlagen.“
#2
Führen statt einmischen
Innovative Mindsets gehören in Bürmoos zur Unternehmenskultur. Aus alten Denkmustern auszubrechen hat bei W&H Tradition. Abteilungen sucht man vergebens, stattdessen setzt man auf eine hauseigene Teamorganisation in kleinen Einheiten, um die rund 700 Mitarbeitenden besser zu koordinieren. Während der Arbeitskräftemangel viele andere erst in den vergangenen Jahren zum Umdenken zwang, fühlte man hier bereits in den 1990er Jahren den Puls der Zeit. „Die Eigentümerfamilie Malata hat die Bedürfnisse früh erkannt und die Idee mit passionierten Kolleg:innen umgesetzt, von denen viele noch heute im Unternehmen sind.“ Ihr Blick schweift durch den Raum. Und man spürt, wie sehr sie selbst davon fasziniert ist. „New Work, moderne Unternehmenskulturen und flache Hierarchien – diese Dinge sind in aller Munde. Aber sie müssen auch zu den Menschen passen. Diese müssen dahinterstehen. Es muss einfach authentisch sein.“
Zeitgemäßes Führen ist daher auch für Anita ein absolutes Must-have. Das Sprichwort „Der Fisch stinkt vom Kopf“ kommt schließlich nicht von ungefähr. Was sie unternimmt, damit es unter ihrer Führung stattdessen „wohlig duftet“? „Für mich ist das Schönste, wenn wir uns im Team abstimmen und jede:r weiß, was zu tun ist.“ Nicht einmischen, die Spezialist:innen in Ruhe arbeiten lassen, so ihr Credo. „Im Normalfall beherrschen meine Kolleg:innen ihre Aufgaben ja eh viel besser als ich. Und falls doch Probleme auftauchen, können alle gerne zu mir kommen.“ Ein kurzes Lachen, gefolgt von einem Augenzwinkern: „Ich bin die Problemlöserin.“ Ansonsten setzt sie darauf, im Team mitzuarbeiten und sich auf ihre kaufmännischen Aufgaben zu konzentrieren. „In Urlaubszeiten oder falls jemand länger ausfällt, bin ich happy, wenn ich unter die Arme greifen kann. Aber was entscheidend ist: Ich frage immer, ob das für alle Beteiligten in Ordnung geht.“
#3
Mut zur Innovation
Kein Sprint, sondern ein Dauerlauf mit einer sich stets verschiebenden Ziellinie. Im Grunde beschreibt das am besten, was es bedeutet, stets innovativ zu bleiben. Neue Denk- und Sichtweisen sind dabei beides zugleich: einerseits das, was die Ziellinie immer wieder neu definiert. Andererseits die treibende Kraft, um sie zu erreichen. Entscheidungen, wie die Einführung eigener E-Sports-Teams aus W&H-Mitarbeitenden, fallen der neugierigen Teamchefin nicht schwer. „Ich könnte wohl kaum im Marketing arbeiten, wenn das nicht mein täglich Brot wäre.“ Ein Gespür für Trends gehört für sie zur Jobbeschreibung. „Wie könnten wir unsere Kunden richtig ansprechen, wenn wir immer auf das hören würden und müssten, was uns jemand sagt, der gar nicht im Thema ist?“
Aber auch Anita fallen erfolgreiche wegweisende Entscheidungen nicht von selbst in den Schoß. „Wer sich nur auf sich selbst als Mittelpunkt der Welt konzentriert und sich nur für den eigenen Dunstkreis interessiert, wird kaum neue Chancen wittern.“ Sie selbst reist viel durch die Welt und bewegt sich auch dann, wenn sie im Büro sitzt, in einem internationalen Umfeld, dem sie mit offenen Augen und Ohren begegnet. „Einfach mal zuhören! Dinge hinterfragen und Social Media nutzen“, lautet ihr Rat. „Ich selbst beobachte gerne unsere Lehrlinge, unsere Young Talents, und setze mich damit auseinander, womit sich diese beschäftigen. Dann ist es relativ einfach, schnell zu erkennen, was Trend wird.“
#4
Groß denken, realistisch handeln
„Wir haben einen virtuellen Showroom ins Leben gerufen, der ist irrsinnig lässig. Nur sind wir mit der Vision fünf Jahre voraus, einfach zu früh dran.“ Und jetzt? Einstampfen und die Idee verwerfen? „Auf gar keinen Fall!“ Wie Anitas langjährige Erfahrung zeigt, werden viele Projekte oft zu früh aufgegeben und über Bord geworfen. „Selbst wenn der Erfolg nicht direkt in Sichtweite ist, muss man manchmal einfach einen langen Atem haben.“ Auch hier konzentriert sie sich auf die positiven Aspekte. „Noch sind die Userzahlen gering, aber wir sehen, dass sich die Menschen relativ lange auf der Plattform aufhalten. Daher: höchstens pausieren, nicht abtreten.“
„Spätestens dann, wenn man keine Vision hat, läuft etwas schief.“ Ihren Fokus legt sie derzeit auf Marketing Excellence und Automatisierung. „In unserer Branche der Medizinprodukte muss man strengen Gesetzen gerecht werden. Aktuell geschieht das überwiegend manuell.“ Seit 2019 ist es daher Teil ihrer Vision, diese Prozesse zu automatisieren. Im Juni wurde der erste Teilbereich gelauncht, bis 2025 will sie den Großteil der Vision erreicht haben. „Um, auch in Zukunft unseren Pflichten nachzukommen, während uns Zeit fürs Wesentliche bleibt.“
#5
Übermotivation im Blick behalten
Die nachfolgenden Generationen sind vielleicht so vielfältig wie nie zuvor, die Herausforderungen für Unternehmen werden dies ebenfalls. Zu Anitas Alltag gehört aber nicht, zwischen Baby-Boomern, der Generation Z und Millennials zu vermitteln. Die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich alle Mitarbeitenden nicht überfordert fühlen, steht für sie an oberster Stelle. „Topmotivierte Leute neigen dazu, sich sehr vieler Dinge gleichzeitig anzunehmen. Wir haben super engagierte Lehrlinge, die zusätzlich gerne noch im E-Sports-Team spielen oder eine TikTok-Strategie ausarbeiten möchten. Hier sehe ich es als meine Aufgabe, Mitarbeitende mit sehr viel Tatendrang nicht zu überladen.“ Eine schmale Gratwanderung. „Obwohl man es gut meint, vermittelt man im Zweifel auch schnell ein Gefühl von: ‚Die trauen mir das nicht zu.‘“ Was dagegen hilft? Sich intensiv auszutauschen und sicherzustellen, dass der zugemutete Workload realistisch ist. „Das Zeit- und Selbstmanagement im Blick zu behalten, um Überforderung und Demotivation zu verhindern, ist für mich ganz zentral. Es soll schließlich langfristig Spaß machen!“_
Ich habe kein eigenes Büro, weil ich am liebsten mittendrin bin.
Anita Thallinger
Director Marketing & Market Service, W&H Dentalwerk
#Mindset-Upcycling
Dieses veraltete Denkmuster würde ich gerne aus der Welt schaffen …_ dass Teilzeit sich in Teams nur schwer koordinieren lässt.
… und dafür dieses neue Denkmuster etablieren_ Stärken und Leidenschaften sichtbar zu machen. Neuen Teammitgliedern stellen wir nach einem halben Jahr die Frage: „Was machst du nicht so gern?“ – in 90 Prozent der Fälle gefällt genau das wiederum jemand anderem gut.
Umzudenken bedeutet für mich_ sich von etablierten Meinungen und Risiken zu verabschieden.
So löse ich die „Handbremse“, wenn ich mich mal festgefahren fühle_ Im Austausch mit meinen Kolleg:innen. Ich habe kein eigenes Büro, weil ich am liebsten mittendrin bin, um meine Gedanken zu teilen und ehrliches Feedback zu bekommen.
Die letzte Veränderung, die mich wirklich weitergebracht hat_ Mein persönlicher Wechsel zu W&H. Das hat meine Art und Weise zu führen bereichert, da ich hier Leadership authentisch leben kann.
Einfach loslassen sollte man_ zunächst erlernen. Ich selbst habe im letzten Urlaub erstmals meine ständige Erreichbarkeit losgelassen und nichts auf Social Media gepostet.
Junge Menschen zu führen ist_ für mich eine Bereicherung. Seit fünfzehn Jahren kümmere ich mich um Lehrlinge und junge Talente im Team. Und das macht einfach so viel Spaß!
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