Eine Frage der Lage
Ein raues Klima herrscht in der Baubranche. Sagt man. Eine klassische Männerbranche. Weiß man. Eine Frau kann sich da wohl kaum durchsetzen. Denkt man. Doch Klischees haben meist ein Ablaufdatum. Nämlich dann, wenn man vom Gegenteil überzeugt wird. Ulrike Rabmer-Koller, Nina Redl-Klinger und Anne Pömer-Letzbor sind der beste Beweis dafür. Die drei Unternehmerinnen haben in der Baubranche nicht nur Fuß gefasst, sondern zeigen auch, wie viel Potential im Standort Oberösterreich steckt. Ein guter Grund für eine anregende Diskussion.
In Teilen Amerikas und auch in Spanien ist die Immobilienkrise allgegenwärtig. In Oberösterreich scheint aber das Gegenteil der Fall zu sein – es macht den Anschein, als wären hier nicht die Käufer Mangelware sondern die Grundstücke. Wie sehen Sie die aktuelle Lage und wie die Zukunft in Oberösterreich?
REDL-KLINGER: Ein interessantes Grundstück zu finden, ist wahrlich die größte Herausforderung in unserer Branche. Die drei L – Lage, Lage, Lage – machen eine Immobilie erst richtig interessant. Aber wer verkauft schon in der heutigen Zeit ein Grundstück? Hier sind Geschick und Gespür gefragt!
PÖMER-LETZBOR: Ich finde, Oberösterreich ist hier ziemlich geteilt: Während im Großraum Linz, Wels und Steyr gut bebaubare Grundstücke oft Mangelware sind, kann man in weniger urbanen Gebieten – vom Linzer Umland abgesehen – noch Gründe zu moderaten Preisen finden. Oft werde ich von Kunden gefragt, ob tolle Immobilien wieder billiger werden. Das traue ich mich mit ziemlicher Sicherheit verneinen. Die aktuelle Wirtschaftslage trägt natürlich das ihre dazu bei: Anlegerwohnungen sind gefragt wie nie. Unbestritten ist aber, dass es im Moment vor allem für jüngere Käufer und Familien schwerer geworden ist, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen – der Altersdurchschnitt, wenn man im Stande ist, die Wunschimmobilie zu kaufen, steigt und das wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben.
RABMER-KOLLER: Der Immobilienmarkt in Oberösterreich ist ein nach wie vor sehr dynamischer Markt, der nicht nur den Neubaubereich umfasst, sondern auch den Sanierungs- und Revitalisierungsbereich. Die Nachfrage nach Neubau- und Altbauwohnungen ist ungebrochen, wie auch die Nachfrage nach Stadthäusern. Dieser Umstand wirkt sich natürlich auf die Preissituation insofern aus, als diese noch Zuwächse erwarten lässt.
REDL-KLINGER: Vor einer Immobilienkrise in Oberösterreich fürchten wir uns derzeit nicht. Wir sind überzeugt, dass Top-Immobilien von wirtschaftlich ungewissen Zeiten eher profitieren. Eine Immobilie gilt als langfristige Anlageform und die Österreicher legen Wert auf langfristige Investitionen mit konstanter Wertsteigerung. Das Grundbuch ist eine Alternative zum Sparbuch, allerdings ist hier auf lange Sicht der Wertzuwachs garantiert.
RABMER-KOLLER: Dass es in Oberösterreich keine Immobilienkrise gibt, hängt nicht zuletzt mit der sehr positiven Beschäftigungssituation und daher geringen Arbeitslosigkeit zusammen. Aber auch damit, dass die Zinsenlandschaft günstig ist und die Finanzierungsstruktur teils auf dem Einsatz von Eigenmitteln beruht – im Gegensatz zu Spanien, wo Immobilien meist gänzlich fremdfinanziert sind) und auch keine Elemente einer Finanzierung von Konsumgütern enthält, wie das beispielsweise angeblich in Amerika geschehen ist.
Welche Immobilien werden zur Zeit am meisten nachgefragt?
PÖMER-LETZBOR: Vor allem in und um Linz dreht sich alles um Immobilien in guten Lagen. Wichtig sind die Innenstadtnähe mit allen Annehmlichkeiten als auch eine gute Verkehrsinfrastruktur und der Zugang zur Natur.
RABMER-KOLLER: Am meisten werden zur Zeit Wohnimmobilien nachgefragt, und zwar sowohl zur Vermietung bestimmte Eigentumswohnungen als auch Zinshäuser sowie Mietkaufwohnungen und geförderte Reihenhäuser.
REDL-KLINGER: Aus unserer Sicht punktet man heute mit hochwertigen Immobilien im Eigentum, die Top-Ausstattung, Top-Bauqualität, Top-Lage und Top-Lebensgefühl miteinander verbinden. Zum Lebensgefühl tragen wir bei, indem wir jedem Projekt ein besonderes Highlight verpassen – zum Beispiel ein Pool am Dach, ein Fitnesscenter im Keller, ein atemberaubender Gebirgsblick oder ein Schwimmteich. Zusätzlich muss eine Immobilie aber auch leistbar sein, daher setzen wir bei fast allen Projekten auf die Förderung vom Land Oberösterreich. Unser Motto lautet außerdem „Kaufen statt mieten“. Denn schon mit sehr geringem Eigenkapital zahlen unsere Kunden monatlich denselben Betrag an die Bank, den sie auch für die Miete aufwenden würden. Der Vorteil ist jedoch, dass man in die eigene Tasche wirtschaftet.
Frau Rabmer-Koller, als Landesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft ist es Ihnen natürlich ein Anliegen, die weiblichen Stärken für Oberösterreichs Wirtschaft zu gewinnen – auch oder vielleicht sogar vor allem in Branchen, die eigentlich von Männern dominiert werden. Wie etwa die Baubranche. Was bringen Frauen dabei im Speziellen ein?
RABMER-KOLLER: Die oberösterreichische Wirtschaft kann heute auf das qualifizierte Potenzial der Frauen nicht mehr verzichten. Bis 2015 werden österreichweit 39.000 Fachkräfte fehlen. Vor allem im technischen Bereich werden gut ausgebildete Fachkräfte dringend benötigt. Wir unterstützen Aktionen wie den Girl’s Day nach Kräften, weil wir den jungen Frauen aufzeigen wollen, welch vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten es in technischen Berufen gibt. Aber auch, welche Chancen sich den Frauen hier bieten.
Als Frau hat man es in einer typischen Männerbranche aber sicher nicht immer leicht.
RABMER-KOLLER: Natürlich herrscht etwa im Baugewerbe ein rauerer Ton als in manch anderen Branchen. Wichtig ist, dass sich jede Frau ihrer Fähigkeiten und Stärken bewusst ist und sich mit Selbstvertrauen und Mut den Aufgaben und Herausforderungen stellt. Ich musste mich als Frau in einer Männerdomäne anfangs sicher mehr beweisen und wurde wahrscheinlich auch mehr beobachtet als vielleicht ein Mann in vergleichbarer Situation. Aber ich denke, dass ich mir mit Kompetenz und Selbstbewusstsein schnell die volle Akzeptanz – sowohl meiner Mitarbeiter als auch meiner Geschäftspartner und Kollegen – erarbeitet habe.
REDL-KLINGER: Natürlich handelt es sich in der Bauwirtschaft um eine von Männern dominiert Branche. Aber genau das macht es ja für Frauen so spannend! Wir Frauen haben eine etwa andere Sichtweise und haben so die Möglichkeit, die Branche durch Querdenken etwas aufzumischen. Manche Dinge sehen wir etwas emotionaler und können dadurch anders auf die Kundenbedürfnisse eingehen. Nicht der harte Preiskampf steht im Vordergrund, sondern eine persönliche Bindung zum Kunden.
PÖMER-LETZBOR: Ja, das sehe ich auch so. Mitbewerber gibt es viele und dass man mit Samthandschuhen angefasst wird ist ohnehin ein Mythos. Mit etwas weiblichem Charme macht es aber schlicht und einfach Spaß, die immer noch männerlastige Branche aufzulockern und etwas bewirken zu können.
Sie haben ja alle gemeinsam, dass Ihre Väter die Unternehmen in der Gründungsphase mitgeprägt haben. Welche Rolle spielt die Familie heute im Betrieb?
REDL-KLINGER: Ich bin überzeugt, dass die besten Firmen Familienunternehmen sind. Man vertraut und kennt sich, das bringt viele Vorteile. Wichtig ist die Diskussionskultur. In einem gesunden Unternehmen muss es immer wieder Diskussionspunkte geben. Ohne Meinungsverschiedenheiten ist ein Unternehmen auf Dauer nicht erfolgreich! Der Respekt seinem Gegenüber darf dabei aber nie verloren gehen. Diskussionen über das Unternehmen müssen aber im Unternehmen bleiben und dürfen nicht jeden Sonntag zu Hause am Frühstückstisch landen.
PÖMER-LETZBOR: Die Familie spielt auch bei uns eine ganz entscheidende Rolle. Einerseits kann ich mich auf den entsprechenden Rückhalt verlassen und andererseits meine Visionen und Vorstellungen im Unternehmen selbstverantwortlich umsetzen und gestalten.
Was schätzen Sie am Wirtschaftsstandort Oberösterreich? Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die Zukunft?
RABMER-KOLLER: Oberösterreich steht heute hervorragend da. Wir waren mit einem Zuwachs von 4,5 Prozent bei der Bruttowertschöpfung im vergangenen Jahr bereits zum dritten Mal das wachstumsstärkste Bundesland.
REDL-KLINGER: Unser Bundesland ist aus wirtschaftlicher Sicht einzigartig. Wir haben innovative Firmen, kreative Köpfe und einen gesunden Drang zum Unternehmertum. Geht nicht, gibt es nicht. Ich blicke mit großem Respekt in die Zukunft. Dennoch bin ich der Meinung, dass es unser Geschick sein wird, den wirtschaftlichen Herausforderungen stand zu halten und möglichst rasch auf den Markt zu reagieren. Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass wir alle in bisschen weniger „schwarz malen“ und dass wir uns in Oberösterreich auf die Qualitäten unseres Landes und unserer Arbeitskraft besinnen.
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