Eine Prise Lombardei
Eine 404 Kilometer lange Landesgrenze verbindet Österreich und Italien miteinander. Was die beiden Alpenrepubliken wirklich vereint, ist dabei mehr als die Liebe zur Kulinarik, gutem Kaffee und den umliegenden Berglandschaften. Zwei Nationen, eine Erfolgsgeschichte und wie sie diese weiterschreiben möchten.
Flughafen Wien-Schwechat, 5:50 Uhr. Händeschütteln. Small Talk. Business as usual. Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner, IV-Oberösterreich-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch und Business-Upper-Austria-Geschäftsführer Werner Pamminger freuen sich über die Zusammenkunft zahlreicher Stakeholder:innen der heimischen Wirtschaft. Das gemeinsame Reiseziel: Mailand. Die winkenden Sonnenstunden Italiens sind eine willkommene Entschädigung für die verregnete Anfahrt, doch bleiben sie ein positiver Nebeneffekt der eigentlichen Beweggründe: die österreichisch-italienischen Wirtschaftsbeziehungen live zu erleben, in der Spitzenregion Lombardei.
Die Lombardei ist für Italien das, was Oberösterreich für Österreich ist.
Markus Achleitner
Wirtschafts-Landesrat Oberösterreich
Nach der Anreise aus dem „fernen“ Oberösterreich fühlt sich der gemeinsame Espresso zwischen Sicherheitscheck und Boarding an wie flüssiges Glück. Der Wachmacher stimmt zudem auf die Kaffeekultur vor Ort ein, in deren Genuss wir nach unserer Ankunft noch kommen werden. Apropos: Unmittelbar nach der Landung am Milano Airport startet die Erkundungstour ausgewählter Vorzeigebetriebe rund um die italienische Metropole. Das Hightechunternehmen Leonardo, ein Key-Player im Bereich Luftfahrt, liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums und gibt als erste Station direkt einen Vorgeschmack darauf, welche wirtschaftliche Stärke im Norden Italiens zu finden ist. Unter den Rüstungsunternehmen zählt der Betrieb zu den sechs erfolgreichsten im Bereich Verteidigungs- und Sicherheitselektronik weltweit. Bei einem Blick hinter die Kulissen und im Gespräch bei einer weiteren Tasse schwarzem Gold wird das Potential der Reise schnell offensichtlich – hier kann man von den Besten lernen und innovative Ansätze mitnehmen, um nach der Heimkehr die richtigen Weichenstellungen für einen zukunftsfitten Wirtschaftsstandort zu treffen.
Im industriellen Herzen Italiens
Es ist kaum verwunderlich, dass die Lombardei als Industriezentrum und wirtschaftliche Hochburg Italiens bekannt ist. Mit rund zehn Millionen Einwohner:innen zählt die Region zu den wettbewerbsfähigsten und unternehmerisch aktivsten in Europa – auch rund 200 österreichische Unternehmen haben hier eine Niederlassung. „Wie Oberösterreich in Österreich ist auch die Lombardei der größte Exporteur Italiens“, erklärt Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner. Beide Wirtschaftsmotoren seien für mehr als ein Viertel der Exporte ihres jeweiligen Landes verantwortlich. Eine entscheidende Grundlage ihres Erfolges: die enge Vernetzung zwischen Industrie, Forschung und Wirtschaft. Um diese besser zu verstehen, verlassen wir die Messestadt, die in Zeiten der Fashion Week niemals schläft, in Richtung Bergamo.
Die starke Internationalisierung des Mittelstandes hat für uns eine Vorbildfunktion.
Werner Pamminger
Geschäftsführer, Business Upper Austria
Bereits aus der Ferne sticht das leuchtende Rot der mehr als einen Kilometer langen Wand entlang der Autobahn A4 ins Auge. Die namensgebende Signalfarbe der Außenfassade des Kilometro Rosso, eines Mekkas für Startups, Forschungszentren und hochmoderne Industrieunternehmen. Einer der Traditionsbetriebe, die in diesem Wissenschafts- und Technologiepark beheimatet sind, ist Brembo. Beim prominenten Automobilzulieferer angekommen sowie mittlerweile bei Espresso Nummer vier – das italienische Verständnis von Lebensqualität sucht seinesgleichen – zeigen sich Überschneidungen zwischen dem heimischen und dem italienischen Wirtschaftsstandort: etwa ein lebendiges Ökosystem aus verschiedensten Stakeholder:innen, die sich auf 200.000 Quadratmetern intensiv im Austausch befinden, voneinander profitieren und Synergien erzeuge. Das Konzept erinnert an den Mechatronik-Cluster der Standortagentur Business Upper Austria, der als Netzwerk für die Querschnittmaterie Mechatronik rund 300 Partner verknüpft.
Die Ähnlichkeit ist kein Zufall. „Die Motivation unseres Besuches hier war stets, sich von einer mit der heimischen vergleichbaren Region inspirieren zu lassen“, betont Werner Pamminger, der als Geschäftsführer der Business Upper Austria die Reise mitorganisiert hat. Die Entscheidung speziell für die Lombardei sei schlussendlich daher gefallen, da der Standort in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich stark aufgeholt und die Herausforderungen der Coronakrise erfolgreicher als viele andere gemeistert habe. „Die starke Internationalisierung des Mittelstandes, die wir hier erleben, ist eindeutig Teil des Erfolgskonzepts. Italien hat als großes Land zwar einen attraktiven Markt auf nationaler Ebene, dennoch sehen die Unternehmen die Zukunft ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten“, so Pamminger über die Vorbildfunktion.
In der Sache vereint
Krisen fördern Innovation, wie die Bewältigung von Covid-19 eindrucksvoll beweist. Gerade die Lombardei und Oberösterreich sind nicht nur im Anschluss an die Hochphase des Coronavirus in die Offensive gegangen, beide Regionen ruhen sich bis heute nicht auf ihren Pandemie-Lorbeeren aus. Und jenseits der gegenseitigen Inspiration verbindet die Vorreiter seit jeher eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit. „Die starke Vernetzung zeigt sich am Beispiel des ersten Lockdowns der Pandemie. Damals waren die Lieferketten eingeschränkt, sodass etwa KTM als Traditionsunternehmen vorübergehend die Produktion einstellen musste, da mit Brembo ein wichtiger italienischer Partner zeitweise keine Bremsscheiben mehr liefern konnte“, so IV-Oberösterreich-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch.
Europäische Spitzenregionen sind eine wichtige Inspirationsquelle.
Joachim Haindl-Grutsch
Geschäftsführer, Industriellenvereinigung Oberösterreich
Trotz zahlreicher Kooperationen und der großen Vergleichbarkeit der industriellen Struktur gebe es dennoch Unterschiede. „Österreich zeichnet sich insbesondere durch die hochwertige Ingenieursdisziplin aus, Italien punktet durch einen stilbewussten Aufbau von Marken. Eines unserer Learnings muss daher sein, wie man ein Produkt so platziert, dass es ein eigenes modernes Branding bekommt“, zieht Haindl-Grutsch als Fazit. Dahingehend gebe es noch viele ungenutzte Potentiale, um sich gegenseitig voranzubringen.
Wie geht es also weiter für die Pioniere beider Alpenrepubliken? „Für die kommenden Jahre lauten die Ziele, unsere Standortagenturen der jeweiligen Regionen besser zu connecten und weitere Projekte in gemeinsamen Stärkefeldern voranzubringen. Die Repräsentant:innen der Lombardei habe ich außerdem zu einem Gegenbesuch in der Spitzenregion Oberösterreich eingeladen“, verrät Achleitner kurz vor dem Check-in am Flughafen Milano Malpensa. Noch vor dem Rückflug steht somit fest: Als wichtige Zutat des Erfolgsrezepts der österreichischen Außenwirtschaft erweist sich auch in Zukunft eine Prise Lombardei._
Zwei Regionen. Eine Erfolgsgeschichte.
#Oberösterreich und die Lombardei gelten als Wirtschaftsmotoren ihrer jeweiligen Länder.
#In beiden Regionen ist der Großteil der nationalen Automobilindustrie angesiedelt.
#Auch die Kunststoffindustrie folgt bei beiden unmittelbar an zweiter Stelle.
#Als Hauptexporteure und Patente-Kaiser stärken sie die internationale Präsenz und treiben Innovationen voran.
#Untereinander befinden sie sich im regen Austausch und pflegen intensive wirtschaftliche Kooperationen.
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