Eine Flut an neuen Ideen
Klingt makaber als Titel für eine Geschichte zum Wiederaufbau nach dem verheerenden Hochwasser im Juni. Aber wer diesen unermüdlichen Tatendrang und diese frische Euphorie der besonders von der Katastrophe betroffenen Unternehmer an den Feldkirchner Badeseen hautnah miterlebt, der sieht tatsächlich, dass die Flut nicht nur Verzweiflung angeschwemmt hat. Sondern auch neue Chancen und Denkweisen.
6. Juni 2013. Die dritte Ausgabe von DIE MACHER erscheint. Michaela Thalhammer blättert auf Seite 59.„Eintauchen in den Genuss“ steht da in großen weißen Buchstaben. Darun- ter ein idyllisches Bild vom Restaurant Thalhammer’s direkt am Feldkirchner Badesee. Michaela Thalhammer’s Au- gen füllen sich mit Tränen – zwei Tage nach dem Hochwasserdrama ist das Bild vor Ort nicht wiederzuerkennen. „Der bauliche Schaden und der Schaden am Inventar beläuft sich auf circa 275.000 Euro – wobei man das noch gar nicht so genau sagen kann. Der größte Schaden ist natürlich der Umsatzverlust in dieser wichtigen Zeit“, erzählt die Gastronomin, die gemeinsam mit ihrem Mann Robert das Restaurant mit der schönen Terrasse vor fünf Jahren aufgebaut und vor zwei Jahren um eine Bar und einen Wintergarten erweitert hat. Eine traumhafte Location, auch für Hochzeiten. Diese fielen im Juni jedoch wortwörtlich ins Wasser.
Zusammenhalt
Doch obwohl die schrecklichen Bilder der Zerstörung anderes vermuten lassen, schon am 22. Juni, also nicht einmal zwei Wochen nach der Katastrophe, nimmt das Thalhammer’s seinen Betrieb wieder auf und bewirtet seine Gäste in gewohnter Euphorie. Wie ist das möglich? „Das geht nur mit vielen freiwilligen Helfern – wir haben alle zusammengehalten, die ganze Familie, alle Mitarbeiter. Und wir haben gewerkt von früh bis spät“, erzählt Michaela Thalhammer.
Nur ein paar Hundert Meter weiter ein ähnliches Szenario. Das Gebäude des Tauchzentrums „non dubitare“ wurde vom Hochwasser fast gänzlich zerstört. Aber auch Manfred Friesenbichler,Geschäftsführer des Tauchzentrums wirkt nicht am Boden zerstört, sondern versucht, die Chance in der Krise zu sehen. „Wir brauchen uns gegenseitig – Restaurant, Golfplatz, Wasserskilift, Tauchzentrum – das ist uns durch das Hochwasser bewusster geworden“, sagt er. „Wir haben uns gegenseitig geholfen und gemeinsam Sandsäcke geschichtet.“ „Wir haben zwar immer nebeneinander hergearbeitet, aber nie die Zeit gefunden, uns mal zusammenzusetzen. Und nun haben wir uns gegenseitig motiviert, wieder nach vorne zu schauen“, fügt Thalhammer dazu.
Visionen
Eine Zukunft, hinter der auch Oberösterreichs Politik steht. Landeshauptmann Josef Pühringer hat den Betroffenen von Feldkirchen bei einem persönlichen Gespräch im Juli zugesagt, dass das Freizeitgelände in Feldkirchen aufrecht erhalten bleiben soll. Ganz sicher war das anfangs für die Feldkirchner nicht. „Was uns maßlos verärgert hatte, war dieses Nichthinweisen darauf, dass man Überflutungsgebiet ist“, sagt Michaela Thalhammer. „Ich verstehe zu 100 Prozent, dass man die Stadt Linz retten wollte. Aber ich verstehe nicht, warum wir nicht gewarnt wurden. Denn dann hätten wir viel mehr retten können.“ Manfred Friesenbichler stimmt ihr zu. „Unser Gebäude wurde auf Grund vom Hochwasser 2002 gebaut. Man war der Meinung, dass das in 100 Jahren nicht nass werden kann. Und jetzt waren es insgesamt eineinhalb Meter mehr Wasser als damals – es gab eine richtige Strömung. Damit haben wir nicht gerechnet.“ Doch obwohl der See nun für etwa ein Jahr nicht mehr zum Tauchen geeignet ist und auch die Entschädigung durch Versicherungen nur minimal ist, blickt der Tauchexperte mit neuen Visionen in die Zukunft. „Wir hatten ohnehin schon Ideen im Kopf, das Hochwasser zwingt uns jetzt, Entscheidungen schneller zu treffen“, erklärt Friesenbichler. Denn das ursprüngliche Gebäude wiederherzustellen würde alleine für Isolierung und Böden 70.000 Euro Kosten verursachen. „Wenn man darüber nachdenkt, etwas anderes zu machen, dann muss man größer denken.“ Das Interesse, hier tauchen zu lernen und sich weiterzubilden, beweisen die Ausbildungszahlen des Tauchzentrums im internationalen Vergleich. In Zukunft möchte er daher ein noch größeres Angebot bieten – von der Kinderbe- treuung während dem Training der Eltern, über U-Boote, die durch den See führen, bis hin zu einem Aquarium, wo man Taucher beobachten kann. Und wie rüstet man sich für eine erneute Umweltkatastrophe? „Wir müssen natürlich die Möglichkeit bekommen, ein hochwassersicheres Gebäude zu bauen“, so Friesenbichler. „Rüsten können wir uns nur in dem Sinne, dass wir mobil bauen. Wir müssen auf leichte, stapelbare Möbel umstellen, auf andere Materialen setzen und die Küchenanschlüsse anders konzipieren“, sagt Michaela Thalhammer. Über das Hochwasser möchte die junge Gastronomin heute nicht mehr reden. „Sogar meine sechsjährige Tochter hat gesagt: ‚Mama, bitte, ich kann das mit dem blöden Hochwasser nicht mehr hören.’ Man muss auch wieder abschließen können.“
Während sich nun die wiederaufgebaute Restaurantanlage im klaren Wasser des Sees spiegelt, erinnert eigentlich nichts mehr an die Katastrophe im Juni. Fast nichts. Etwas hat sich doch verändert. Es ist dieses wil- lensstarke Funkeln in den Augen der Thalhammers. „Wir sind an der Krise gewachsen und stärker geworden. Das Hochwasser hat uns neue Chancen und neue Denkweisen gebracht“, bestätigt Michaela Thalhammer und zwinkert ihrem Mann zu._
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