Zwischen Klischee und Wirklichkeit

Die Aufgabenstellung klingt einfach: Einen Artikel über den Grünen-Landesrat Rudi Anschober schreiben. Doch was fragt man einen seit zwölf Jahre aktiven Landesrat, was er nicht schon zuvor x-Millionen Mal beantwortet hat? Lesen Sie selbst, was wir dem 54-Jährigen nach langem Überlegen zwischen Paradeiserpflanzen und Paprikastauden entlocken konnten und warum wir bei über 30 Grad nicht im klimatisierten Büro geblieben sind.

Hund. Kochen. Garten. Das war die Antwort aus dem Büro von Rudi Anschober, als wir nach den Leidenschaften des 54-Jährigen Grünen-Landesrat für das Resort Umwelt, Energie, Wasser und Konsumentenschutz, gefragt haben. Passend dazu haben wir uns zum Interview und Fotoshooting in der Urban Farm in Leonding, wo gemeinsam gegärtnert wird, getroffen. Natürlich durfte dabei auch Agur, der Golden Retriever von Anschober und seiner Partnerin (warum dem Politiker diese Feststellung wichtig ist, erfahren sie später), nicht fehlen. Agur, der normalerweise rund einmal in der Woche mit im Büro ist, empfängt uns auch als Erster mit einem Sprung aus dem Dienstauto, einem Toyota Hybrid. Es folgt ein gut gelaunter Rudi Anschober mit hochgekrempelten Hemdsärmeln.

Verwurzelung durch Gartenarbeit

Im eigenen Garten des Politikers am Stadtrand von Linz würden hauptsächlich Paradeiser, Kräuter und viele Rosen wachsen. Doch wie lässt sich eine 80-Stunden-Arbeitswoche mit der Gartenarbeit vereinbaren? Anschober bezeichnet die Gartenarbeit als „überhaupt nicht arbeitsintensiv“, der Garten werde nicht bis ins letzte Detail gepflegt und sich selbst überlassen. In der Früh führt ihn der erste Weg nach dem Aufstehen und der Runde mit dem Hund in den Garten zum Spritzen. Die Arbeit im Garten ist eine Verwurzelung für den Grünen-Landesrat: „In der Politik muss man aus meiner Sicht sehr aufpassen, dass man beide Füße am Boden behält und Gartenarbeit ist für mich so eine Beschäftigung, auch wenn es nur eine Viertelstunde am Tag ist.“ Auf die Feststellung, dass die persönlichen Leidenschaften Hund, Garten und Kochen viele grüne Klischees erfüllen würden, antwortet Anschober lachend: „Ich habe keine Ahnung, ob es das Klischee der Grünen ist, aber das ist ein Teil von mir, der mir viel Spaß macht.“

Gefragt nach dem persönlichen Resümee nach zwölf Jahren Landesrat sagt Anschober: „Ich hätte mir nie vorstellen können, dass man so viel verwirklichen kann in der Politik. Jedem, der Engagement hat und etwas verändern möchte in unserer Gesellschaft, kann ich nur empfehlen, in die Politik zu gehen.“ In der Öffentlichkeit würde das oft anders ausschauen, weil eher die Negativ- Botschaften öffentlich sichtbar werden. Aber die Grünen hätten Oberösterreich innerhalb der letzten zwölf Jahren in vielen Bereichen zu einer Modellregion in Europa gemacht: „Wir haben das sauberste Stahlwerk der Welt, wir sind bei der Abfallpolitik die Nummer Eins in Europa, bei der Energiewende eine der Modellregionen Europas – nirgendwo in Europa gibt es so viele Jobs wie bei uns. Wenn man konsequent an Themen dran ist, dann lässt sich unglaublich viel in der Gesellschaft verändern.“ Als „Herzstück der Regierungsarbeit“ in der nächsten Legislaturperiode nennt Anschober das Bildungsthema. Oberösterreich soll Bildungsland Nummer Eins werden – gemeinsam mit den westlichen Ländern wolle man auf Bundesebene die Bildungsreform durchbringen.

Kein Schreibtisch-Politiker

Der Grünen-Landesrat will die schwarz-grüne Zusammenarbeit nach der Landtagswahl fortsetzen. Die ÖVP hat sich noch nicht festgelegt und daher warnt Anschober: „Jeder der Schwarz- Grün will, muss diesmal Grün wählen, weil sonst wacht er möglicherweise mit der FPÖ auf.“ Wenn die Grünen stark dazugewinnen, ist sich Anschober zu „99 Prozent sicher, dass Schwarz-Grün fortgesetzt wird.“ 100.000 Stimmen sind das Wahlziel – bei der letzten Wahl 2009 waren es 78.569.

Die großen Zuwächse der FPÖ erklärt Anschober mit deren Stimmungsmache, dem Auseinanderdividieren der Gesellschaft und dass dies zunächst einmal die einfachste Antwort sei. Die Grünen wollen aber das Gegenteil – ein Miteinander in der Gesellschaft und mittlerweile würden die Leute spüren, dass ein Auseinanderdividieren keine Zukunftsperspektive sei, sondern dass man die Probleme nur miteinander lösen könnte. „Wenn wir den Mut haben, einen aufrechten Gang an menschlicher Politik zu gehen, dann wird es auch gelingen, dass die Bäume der FPÖ nicht in den blauen Himmel wachsen.“ In Oberösterreich sei auf Initiative der Grünen die Gesetzgebung gemeinsam mit Schwarz und Rot verbessert worden, um menschenwürdige Unterkünfte für Asylanten zu schaffen. Nur die FPÖ hat nein gesagt: „Sie will gar keine Lösungen, weil sie davon profitiert, wenn es zu keinen Lösungen kommt – das kann nicht Politik sein.“ Generell sei auch die Stimmung in der Bevölkerung zum Thema Asyl viel positiver als sie medial dargestellt oder von manchen Parteien kommuniziert werde. Anschober diskutiere sehr viel mit den Menschen vor Ort – „ich bin ja kein Schreibtisch-Politiker.“ Was den Mensch Rudi Anschober mit seinem Hund verbindet, wollten wir zum Schluss noch wissen. Denn der Verhaltensforscher und Biologe, Kurt Kotrschal, sagt: „Gleich und Gleich gesellt sich gern. Dieses Prinzip gilt auch bei der Wahl eines Hundes.“ Anschober lacht und die erste schnelle Antwort lautet: „Meine Haare sind kürzer.“ Dann ist ihm aber die Feststellung wichtig, dass es der Hund seiner Partnerin und ihm gemeinsam ist und er überlegt wegen der Ähnlichkeiten: Agur habe sich toll entwickelt, sei ausgeglichen, gehe positiv auf alle zu und Anschober „versuche auszugleichen, Brücken zu bauen, nicht zu polarisieren, sondern das Gemeinsame – zumindest mit zwei Fraktionen – zu suchen“. Und die Feststellung des Biologen, dass bei Hund und Herrl eine gegenseitige Stimmungsübertragung stattfinde, erklärt Anschober damit, dass Agur ihn insofern auf eine sehr positive Art und Weise beeinflusse, als es ein „total guter Ausgleich ist“, etwa nach einem langen Arbeitstag um Mitternacht heimzukommen und noch draußen eine große Runde zu gehen, um den Kopf freizubekommen. Für Agur ging es als Ausgleich nach dem Fotoshooting in die Donau.

"In der Politik muss man sehr aufpassen,d ass man beide Füße am Boden behält - die Gartenarbeit ist fürm ich persönlich eine Verwurzelung"

Rudi AnschoberLandesrat OÖ, Resort Umwelt, Energie, Wasser und Konsumentenschutz

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