Gedanken.Sprung mit Franz Gasselsberger
Was Marathonlaufen und Bergsteigen mit der Führung einer Bank zu tun haben, wo ein Bankdirektor nicht so genau auf die Kosten schaut und was die Deutschen wirklich nicht können – darüber erzählt der Bankdirektor, Marathonläufer, Bergsteiger und Familienmensch, Franz Gasselsberger, im Gedankensprung. Der 57-Jährige ist seit 1983 in der Oberbank tätig, seit 2005 Generaldirektor. In seiner Freizeit ist der Familienvater dreier Töchter begeisterter Sportler.
sinn.fragen
Drei Werte, auf die Sie beruflich setzen? _Für mich persönlich sind Konsequenz, Berechenbarkeit und Ehrlichkeit besonders wichtig, und diese Werte schätze ich auch bei Mitarbeitern und Kunden.
Vertrauen oder Kontrolle? _Beides – im richtigen Ausmaß und zum richtigen Zeitpunkt.
Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil? _Ich sehe mich als sehr fordernde Führungskraft – ich verlange aber von niemandem mehr, als ich selbst zu leisten bereit bin.
Woran messen Sie Ihren persönlichen Erfolg? _Mein berufliches Lebensziel habe ich erreicht, wenn ich an meine Nachfolger eine nach wie vor selbständige und unabhängige Oberbank übergeben kann.
Wofür würden Sie niemals Geld ausgeben? _Ich sage nie „niemals“, aber was mich nicht reizt sind teure Autos oder andere Luxusgüter, die nur die persönliche Eitelkeit befriedigen.
Wofür geben Sie viel Geld aus? _‚Viel Geld‘ ist ein relativer Begriff; aber vor allem bei der jährlichen Bergtour, die ich mit meiner Frau unternehme, schaue ich nicht so genau auf die Kosten.
Sie sind leidenschaftlicher Bergsteiger und Marathonläufer. Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede Ihrer Hobbys mit Ihrem Beruf? _Gemeinsamkeiten sehe ich in der gründlichen Vorbereitung und darin, dass es mehr auf die Ausdauer als auf den schnellen Erfolg ankommt. Der Hauptunterschied ist wohl, dass man beim Bergsteigen und beim Laufen mehr selbst beeinflussen kann, während man im Berufsleben immer ein gutes Team braucht.
erfahrungs.schatz
Was sind die größten Herausforderungen für einen Banker? _Früher waren ein starker Vertrieb, niedrige Kosten und ein günstiges Risiko entscheidend für den Erfolg einer Bank. Heute müssen wir zusätzlich enorme regulatorische Anforderungen und die Digitalisierung bewältigen.
Es findet eine Konsolidierung in der Bankenlandschaft statt. Die Oberbank führt in Österreich, Deutschland, Tschechien, Ungarn und der Slowakei 156 Filialen und expandiert. Wie ist das möglich? _Kostenprobleme zwingen viele Banken zu Filialschließungen, zum Mitarbeiterabbau und zur Rücknahme von Investitionen. Wir haben hingegen unsere Hausaufgaben gemacht: Wir haben die Verwaltung in den vergangenen zehn Jahren konsequent zentralisiert und wir haben nur an attraktiven Standorten mit einem entsprechenden Einzugsgebiet Filialen eröffnet. Deshalb können wir in die Ausbildung unserer Mitarbeiter investieren, wir haben eine Digitalisierungsoffensive gestartet und wir können unsere Expansionspolitik konsequent fortsetzen und damit nah bei unseren Kunden bleiben. Wir haben in den letzten fünf Jahren 33 Filialen gegründet und dennoch ist unsere Cost-income-ratio noch besser geworden und hat sich bei 50 Prozent stabilisiert. Wir sind weiterhin auf Wachstum ausgerichtet – organisch, durch Filialgründungen und nicht durch Zukäufe, deshalb müssen wir auch keine Firmenwerte abschreiben. Filialen, die den Bedürfnissen des Marktes angepasst sind, sind auch in Zukunft von zentraler Bedeutung. Die Oberbank eröffnet gegen den Markttrend sechs bis sieben Filialen pro Jahr.
Der Bankensektor in Linz ist heiß umkämpft. Spielt beim Neubau der Oberbank auch der Prestigegedanke eine Rolle? _Ganz und gar nicht – es geht vielmehr darum, die Verwaltung der Oberbank an einem Ort zu konzentrieren. Derzeit sind unsere internen Abteilungen in Linz noch auf vier Standorte verteilt, das verursacht Kosten und Leerläufe.
Wie wird sich die Bankenlandschaft in den nächsten Jahren verändern? Welche Banken bleiben übrig? _Ich kann natürlich nicht sagen, welche Banken es in zehn oder 20 Jahren noch geben wird, aber eines ist klar: Viele Banken müssen ihre Verhaltensmuster ändern und ihre Geschäftsmodelle anpassen – vor allem auf der Kostenseite gibt es noch gewaltige Herausforderungen. Aus trägen Tankern müssen wieder bewegliche Schnellboote werden!
Wie müssen sich die Banken aufstellen, welche Leistungen müssen sie erbringen, um überleben zu können? _Die Banken sind mit zunehmend kritischen Kunden und einem immer transparenteren Markt konfrontiert. Wir begegnen dieser Herausforderung einerseits mit höchster Beratungsqualität bei anspruchsvollen Dienstleistungen (zwei Drittel unseres Personals konzentrieren sich auf den Vertrieb, ein Drittel ist in der Verwaltung tätig), andererseits mit einem umfassenden und komfortablen online-Angebot für Standardangelegenheiten.
Was raten Sie jungen Menschen, die bei einer Bank Karriere machen wollen? _Der Erfolg in einer Bank hat die gleichen Voraussetzungen wie in jedem anderen Unternehmen: neben dem nötigen Fachwissen beziehungsweise einer entsprechenden Ausbildung vor allem Fleiß, der Wille zur ständigen Weiterentwicklung und die Bereitschaft, sich mit Kunden und Geschäftspartnern auf gleicher Augenhöhe zu treffen.
Welchen Ratschlag für ihr berufliches Leben haben Sie Ihren drei Töchtern mit auf den Weg gegeben? _Überlegt euch genau, welchen Weg ihr gehen wollt – aber dann geht ihn konsequent!
ansichts.sache
Sie sind seit 2007 Honorarkonsul von Deutschland in Oberösterreich. Was verbindet Sie persönlich mit Deutschland? _Ich bin seit meiner Berufung in den Vorstand der Oberbank für den Geschäftsbereich Deutschland zuständig und habe dort inzwischen viele gute Freunde. Die Oberbank profitiert natürlich von der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands – in unserer Kernregion Oberösterreich/Salzburg haben besonders viele Unternehmen wirtschaftliche Interessen in der Bundesrepublik.
Was können sich die Österreicher von den Deutschen abschauen? Was können die Deutschen von den Österreichern lernen? _Ich will weder die Österreicher noch die Deutschen hervorheben, aber mit einem kleinen Augenzwinkern würde ich sagen: ich bewundere die deutsche Konsequenz und Gründlichkeit, die Ingenieurskunst, den Maschinenbau und den deutschen Fußball – aber Schifahren, das können die Deutschen wirklich nicht!
stich.wort
Zukunft. Wie lautet Ihre Vision für Oberösterreich in 20 Jahren? _Ich sehe Oberösterreich auch in 20 Jahren als führendes Industrie- und Exportbundesland – wenn es gelingt, die überbordende Bürokratie einzudämmen und die Umwelt-, Energie- und regulatorischen Kosten auf einem vernünftigen Niveau zu halten.
Anlagealternative. Derzeit wird ja nicht damit gerechnet, dass die Zinsen in nächster Zeit wieder steigen. Was sind Alternativen für Anleger? _Im derzeitigen Zinsumfeld sehe ich die Aktie als logische Anlagealternative. Die Großanleger, also Stiftungen oder Pensionskassen, haben ihre Strategien längst an dieses Umfeld angepasst und in den letzten Jahren gute Renditen erzielt. Die Privatanleger dagegen sind noch sehr zurückhaltend. Sie diskutieren die Zinslage, aber sie investieren nicht in Aktien, sie präferieren die Liquidität von Sparbuch und Anleihen.
Start-up-Finanzierung. Die Jungen klagen darüber, nur schwer an Kredite zu kommen. Wo liegt das Problem? Was macht die Oberbank für Start-ups? _Grundsätzlich sehe ich im Moment keine Kreditklemme, sondern eine sehr verhaltene Nachfrage nach Krediten. Speziell für Start-ups bieten wir besonderes Know-how bei geförderten Finanzierungen, z. B. ERP-Förderungen, wir sind an der Kreditgarantiegesellschaft und am Hightech-Fonds des Landes Oberösterreich beteiligt und wir haben ab 2016 einen besonderen Schwerpunkt „Kleinstunternehmen und Freiberufler“ – in diese Gruppe fallen ja die meisten Start-ups.
Image. Warum haben die Banken solch ein schlechtes Image? _Der Ruf der Banken insgesamt ist angeschlagen, der Ruf der jeweiligen Hausbank ist aber sehr gut – vor allem in Oberösterreich. Die oberösterreichischen Banken haben eine gute Ertragslage, sie erzielen überdurchschnittliche Zuwächse bei Einlagen und Krediten. Sie haben weniger problematische Fremdwährungs-Kredite vergeben als der österreichische Durchschnitt, sie versorgen ihre Kunden auch in schwierigen Zeiten mit Krediten. Und sie haben keine Hilfe des Steuerzahlers gebraucht. Generell hat aber der Ruf keiner Branche in den vergangenen Jahren so gelitten wie der Ruf der Finanzindustrie, die Banken wurden generell und undifferenziert kritisiert, denn: Nicht „die Banken“ haben die aktuelle Krise verursacht, sondern praktisch alle Länder Europas haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. Nicht „die Banken“ haben Probleme, sondern nur die, die durch zu teure Zukäufe zu schnell gewachsen sind und die nicht auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einlagen und Krediten und auf ihr Kreditrisiko geachtet haben.Nicht „die Banken“ haben zu wenig Kapital, sondern nur die, die es bisher versäumt haben, aus eigener Kraft ihre Kapitalbasis zu stärken. Nicht „die Banken“ brauchen Hilfe aus Steuergeldern: die Regionalbanken, speziell die in Oberösterreich, zahlen regelmäßig Steuern in bedeutender Höhe!_
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