Die Zukunft liegt in der Familie
Gerade im ländlichen Raum lassen sich Familie und Beruf ohne die Unterstützung von Großeltern kaum unter einen Hut bringen. Das Innviertler Industrieunternehmen Fill hat eine betriebseigene Krabbelstube eingerichtet und gewinnt durch eine familienfreundliche Personalpolitik die wertvolle Loyalität der Mitarbeiter.
Behäbig tuckert ein grüner Oldtimer-Traktor an der feuerrot lackierten Rakete vorbei, mit der Firmenmaskottchen Filli Future auf dem Dach des Innviertler Maschinen- und Anlagenbauers Fill gelandet ist. „Wir sind hier in einer ländlichen Region“, erzählt Bettina Fill beim Rundgang durch die betriebseigene Krabbelstube Planet Filli Future am Firmensitz in Gurten: „Die Lebensqualität hier ist sehr gut. Aber es gibt kaum Kleinstkinderbetreuung, und auch die Kindergärten haben sehr oft in den Ferien und am Nachmittag geschlossen.“
Um diese Lücke zu schließen, hat das Unternehmen vor drei Jahren eine betriebliche Betreuungsstätte eingerichtet: Zwar sind nur 14 Prozent der 850 Mitarbeiter weiblich, doch auch männliche Kollegen bringen ihre Kinder in den Planet Filli Future. In Zeiten des Fachkräftemangels könne es sich ein Unternehmen nicht erlauben, gute, motivierte und qualifizierte Mitarbeiter durch Betreuungspflichten zu verlieren, ist Bettina Fill überzeugt. Deshalb hat die Ehefrau des Geschäftsführers Andreas Fill, die für interne Kommunikation und Mitarbeiterveranstaltungen zuständig ist, die Idee für eine hauseigene Krabbelstube vorangetrieben. „Das ist auf jeden Fall ein Vorteil am hiesigen Arbeitsmarkt.“
Wiedereinstieg erleichtern
Bunte Planeten zieren die Fensterscheiben, Kletterraketen laden zu außerirdischen Abenteuern ein, und eine schielende Plüschausgabe des Robotermaskottchens knotzt in der Kuschelecke. Zwölf Kinder im Alter bis drei Jahre werden derzeit in der 210 Quadratmeter großen Krabbelstube betreut. „Wir hätten noch Potential, können aber vom Gesetz her nicht mehr aufnehmen“, schildert Bettina Fill die rechtlichen Hürden. Zwei Jahre haben die Vorarbeiten bis zur Eröffnung im Herbst 2016 gedauert, von den diversen Behördengängen über die Planung des Raumkonzepts bis zum Umbau des ehemaligen Bürogebäudes. Mittlerweile werde das Angebot gut angenommen, man sei für den kommenden Herbst bereits voll ausgebucht: „Wir informieren alle werdenden Väter und Mütter im Haus: Wenn du dein Kind in den Planet Filli Future geben willst, musst du es bald genug anmelden.“ Die Investitionen haben sich bereits vielfach bezahlt gemacht, erzählt Fill: „Wir beobachten, dass Mitarbeiter früher aus der Karenz zurückkommen, weil das Betreuungsangebot genau für sie passt: Sie sind direkt nebenan vom Kind, wenn was ist, kann man gleich rübergehen.“ Steigen die Mitarbeiter vorzeitig wieder in ihren Job ein, bringe das auch dem Unternehmen etwas: „Wir gewinnen das ganze Wissen dieser Menschen, die kennen das Haus und die ganzen Abläufe. Die Motivation und Firmenverbundenheit durch den erleichterten Wiedereinstieg nach der Karenz sind deutlich spürbar.“
Familiär und familienfreundlich
Doch die Krabbelstube ist nur ein Teil des Angebots für die Familien der Fill-Mitarbeiter: Sie können den firmeneigenen Fitnessraum mitbenutzen und an Betriebsausflügen zu Konzerten oder zum Skifahren teilnehmen. Für Kinder bis zwölf Jahre gibt es in den Sommerferien drei Wochen volles Programm mit Exkursionen zu Bauernhöfen oder in die Natur. Zum Ferienbeginn veranstaltet Fill ein großes Schulschlussfest mit Spielen, Schmausen und Geschenken, zu dem jährlich etwa 70 Kinder kommen. Zudem werden regelmäßig Klassen von der Volksschule über die Mittelschule bis hin zu HTL und Universität ins Unternehmen eingeladen, damit sie ein attraktives Bild des Unternehmens bekommen. „Wir sind immer mit den jungen Leuten in Kontakt“, erzählt Bettina Fill von der Hoffnung, die dahintersteckt: „Vielleicht entscheiden sich die Kinder einmal für eine Lehre oder einen Job bei Fill.“
Denn gerade in Zeiten des Fachkräfte-mangels entscheiden oft die Rahmenbedingungen, ob man sich für ein Unternehmen als Arbeitgeber entscheidet oder nicht: „Man muss viel tun, um gute Leute zu bekommen, denn von selber geht es eigentlich nicht mehr.“ Als Familienunternehmen setze man daher auf eine familiäre und familienfreundliche Atmosphäre, wo sich fast alle von der Empfangsdame bis hinauf zum Geschäftsführer duzen und man auch außerhalb der Arbeitszeiten gemeinsame Aktivitäten setzt. „Das fördert zum einen das Verständnis und das Interesse der Familien an der Arbeit von Mama und Papa“, erklärt Bettina Fill. „Zum anderen binden alle Aktionen, bei denen man die Familie einbindet, die Mitarbeiter stärker ans Unternehmen.“ Das geht sogar bis zu den Pensionisten, die einmal jährlich zu einem Fill-Stammtisch eingeladen werden, damit sie am Wirtshaustisch – dem wichtigsten Kommunikationskanal und „Image-Gestalter“ in der Region – „gut Werbung machen für uns“. Ein gutes Miteinander der ehemaligen, derzeitigen und zukünftigen Mitarbeiter ist für Fill also nicht nur eine Frage des respektvollen Umgangs miteinander, sagt Bettina Fill: „Da steckt unser Herzblut drin.“
Die Motivation und Firmenverbundenheit durch den erleichterten Wiedereinstieg nach der Karenz sind deutlich spürbar.
Bettina Fill
Interne Kommunikation und Eventmanagement, Fill
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