Alle sagten, das geht nicht…
â?¦ dann kam einer, der wusste das nicht und hat“s gemacht. Es heißt, Menschen brauchen Katastrophen, um zu lernen. Um sich zu wandeln. Klingt beinahe absurd, aber Fakt ist: Ausnahmen sind Vorreiter. Und Krisen sind auch Chancen, wie Chocolatier Josef Zotter selbst schon vor Corona erlebt hat. Nur “ was kommt danach? Wie wird die Zukunft aussehen? Das wissen nur wir selbst, wie Zukunftsforscher Harry Gatterer sagt.
Geht nicht? Gibt“s nicht! Plötzlich war da ein Virus. Eine Pandemie. Und alles kam fast von alleine anders. Von heute auf morgen, von jetzt auf gleich. Seit dem Coronavirus bewegt sich die gesamte Gesellschaft. Es scheint tatsächlich so, dass wir Menschen einen naheliegenden Grund brauchen, um uns zu verändern. Und plötzlich ist ein Wandel, der vielleicht schon begonnen hatte, möglich. Aus selbstverständlichen Dienstleistern werden überlebenswichtige Systemerhalter. Aus Pflegekräften und ßrzten Helden. Das Gemeinschaftswohl hat Priorität,persönliche Befindlichkeiten werden hinten angestellt. Menschen halten Abstand und sind sich scheinbar näher als je zuvor. Man hat fast den Eindruck, dass viele von uns nur auf eine Gelegenheit gewartet haben, um statt an die (Selbst-)Optimierung endlich auch mal an andere denken zu dürfen. Und durchzuschnaufen. Pause zu machen.
Und dann kam die wirtschaftliche Schockstarre. Drastische Vergleiche werden gezogen, wobei die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 nicht mehr ausreicht. Man blättert zurück in die 1930er Jahre, als die Weltwirtschaftskrise weltweit zu einem starken Rückgang der wirtschaftlichen Gesamtleistung führte. Rezession, Bankenkrisen, die Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen und massenhafte Arbeitslosigkeit verursachten soziales Elend und politische Krisen. Das gilt es diesmal zu verhindern. Koste es,was es wolle. Im Juni stehen wir bei einer Arbeitslosenquote von 11,5 Prozent. Die vielen Staatshilfen bewahren (noch) viele Firmen vor der Pleite, für 2020 erwarten die Experten in ßsterreich einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 12 bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 war es ein Plus von zwei Prozent. Wer auf soliden Beinen steht und Mut zum Querdenken hat, bleibt trotzdem positiv gestimmt. Andere kämpfen um die Existenz.
Ein Licht in harten Zeiten
Alle haben verstanden, wie schlimm die Lage ist und trotzdem darf man in harten Zeiten auch das Licht sehen. So wie der oststeirische Unternehmer Josef Zotter. Chocolatier, Optimist und Bauernhofromantiker, wie er sich selbst bezeichnet. Seine außergewöhnlichen Schokoladenkreationen haben den Siegeszug um die halbe Welt angetreten, so hat sich der gelernte Koch und Kellner rund um die süßen Genüsse ein kleines Imperium aufgebaut. Dieses fußt auf fairem Handel und nachhaltiger Produktion. Die Coronakrise beutelt auch ihn, wenngleich nicht so heftig,denn er ist vorbereitet. Und es ist nicht seine erste Belastungsprobe, die er als Unternehmer bestehen muss. Mitte der 1990er Jahre ging er mit seinen Konditoreien in Graz in Konkurs. Wie kam“s? „Weil der Mensch jemand ist, der dauernd versucht, über die Grenzen zu gehen, da gehöre ich auch dazu. Heute weiß ich: Der Schuldenberg war zu groß und das Unternehmen ist implodiert. Außerdem habe ich zu rasch auf vier Filialen expandiert“, sagt Zotter rückblickend.
Den Neustart unternahm „der Andersdenker“ am elterlichen Hof in Bergl bei Riegersburg mit handgeschöpften Schokoladen, zunächst von einem umgebauten Stall aus. Durch ungewöhnliche Geschmackskombinationen und eine enorme Sortenvielfalt entwickelte sich Zotter- Schokolade vom Insidertipp zum Must-have des anspruchsvollen Lebensmittelhandels. Parallel dazu tüftelte der experimentierfreudige Chocolatier durch Direktverträge mit kleinen Kakaobauern und Wissensaustausch mit den Rohstoffproduzenten seine „Bean-to-Bar-Philosophie“ (von der Bohne bis zur fertigen Tafel alles im eigenen Haus) aus. Das kam freilich nicht alles im Eiltempo daher: „Ich habe gelernt, auch ohne fremdes Geld zu wachsen, weil ich gar keine Kredite mehr bekommen habe. Da habe ich gesehen, dass es funktioniert, wenn man normal wirtschaftet. Soll heißen: Man macht ein Produkt, wenn das gut geht, gibt es einen Gewinn und dann kann man wieder weiterinvestieren.“ Diese Denkweise hilft dem Unternehmen auch in der Coronakrise. Wir haben drei Jahre lang für ein Projekt, ein neues Logistikzentrum, gespart. Das wollen wir immer noch bauen, aber jetzt kommt uns halt die Situation rund um Corona dazwischen“, sagt Zotter.
„Wir brauchen eine Kultur des Scheiterns.“
Josef Zotter
Chocolatier, Optimist und Bauernhofromantiker
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08/16
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