Auf kleinem Fuß
Wie von Elefanten im Schnee. So fühlen sich die Fußstapfen, die wir mit großem CO2-Footprint nachkommenden Generationen hinterlassen, manchmal an. Die Technologien rund um grünen Wasserstoff und E-Mobilität versprechen, unsere „Schuhgröße“ zu verkleinern. Drei Vorreiter, die auf diesen Gebieten mit gutem Beispiel vorangehen.
#TÜV SÜD
Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Dekarbonisierung, allerdings auch als kostenintensiv und daher bisher nur bedingt als massentauglich. Wird sich das ändern?
Gerald Bachler:Wasserstoff bewährt sich schon heute für den Einsatz in energieintensiven Industrien, etwa der Stahlerzeugung. Auch in Sektoren, in denen keine direkte Elektrifizierung mittels grünen Stroms realisierbar ist, stellt die Speicherung von Energie in Form von Wasserstoff bereits heute eine beachtliche Alternative dar. Noch ist grüner Wasserstoff um den Faktor drei teurer als jener aus fossilen Quellen. Aufgrund regulatorischer Rahmenbedingungen, etwa des Entfalls von Gratiszertifikaten für CO2 ab 2030, wird grüner Wasserstoff zunehmend fossile Energieträger ersetzen. Wesentlich hierfür ist, ein Wasserstoff-Ökosystem zu schaffen, welches von der Erzeugung von grünem Strom über den Wasserstofftransport bis zum Endverbrauch die gesamte Wertschöpfungskette einbezieht. Essenziell hierfür sind möglichst einheitliche, zuverlässige Regelungen.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen noch nicht alle Möglichkeiten des Einsatzes und die dafür notwendigen technischen Anforderungen. Welche Fortschritte sind hier nötig?
Gerald Bachler:Bereits jetzt entwickeln sich Elektrolyseure immer mehr von kleinen technischen Demonstrationsanlagen hin zu großen Power-to-Gas-Anlagen. Dadurch steigt auch die Komplexität für alle Beteiligten. Das ist für Behörden her-
ausfordernd, da in vielen Fällen noch nicht auf einheitliche Leitfäden zurückgegriffen werden kann. Die Wasserstofftechnologie ist insgesamt gut ausgereift, aber es gibt potentielle Risiken. Um diese zu minimieren, sind Bewertungen der Materialverträglichkeit, Komponententests sowie regelmäßige Überprüfungen notwendig. In unserer Kooperation mit „HyCentA“ fokussieren wir uns deshalb unter anderem auf die Beantwortung von sicherheitsrelevanten Fragestellungen und juristischen Schnittstellenproblemen.
TÜV SÜD in Österreich und das „HyCentA“ bündeln ihre Forschungs- und Sicherheitskompetenzen. Zu den Zielen der Kooperation zählt auch, Standards zu setzen. Wie sehen diese aus?
Gerald Bachler:Wir sind strategischer Kooperationspartner des COMET-Zentrums Hydrogen Research Center Austria unter der Leitung des HyCentA. Dabei bringen wir Expertise in der Übersetzung von Ergebnissen der Forschung und Entwicklung für die Industrie ein – insbesondere in der unabhängigen Prüfung und Zertifizierung. Ziel ist die Förderung technisch sicherer und zuverlässiger Anwendung von grünem Wasserstoff in Österreich. Auf europäischer Ebene sind wir Vorreiter bei der Definition von Standards für die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Mit der Zertifizierung „Green Hydrogen“ für mobile und stationäre Anwendungen ermöglicht TÜV SÜD Unternehmen bereits heute den Nachweis, dass aus erneuerbaren Energiequellen hergestellter Wasserstoff mit deutlich geringeren Treibhausgasemissionen behaftet ist als herkömmlich erzeugter Wasserstoff oder fossile Kraftstoffe.
Wir sind Vorreiter bei der Definition von Standards für die Erzeugung von grünem Wasserstoff.
Gerald Bachler
CEO, TÜV SÜD Österreich & CEE
#DACHSER
Transport und Warehousing gelten als energieintensiv. Wie verkleinern Sie Ihren CO2-Fußabdruck?
Günter Hirschbeck:Ab dem ersten Halbjahr 2024 liefern wir emissionsfrei in die Innenstadt Wiens. Dazu setzen wir drei batteriebetriebene E-Fahrzeuge ein und die erforderliche E-Ladeinfrastruktur wird im Rahmen der aktuell laufenden Standorterweiterung in Himberg installiert. Nach dem erfolgreichen Start in Wien werden wir die Erfahrungen analysieren, um sie in weiterer Folge für andere österreichische Städte zu adaptieren. Da Dachser ausschließlich regenerativ erzeugten Strom bezieht und zum Aufladen verwendet, reduzieren sich die betriebsbedingten Treibhausgasemissionen für die letzte Meile auf null. Mit unserer Klimaschutzstrategie unterstützen wir die Pariser Klimaziele. Fokussiert auf Effizienz, Innovation und integrative Verantwortung treiben wir als Familienunternehmen damit gemeinsam mit Kunden und Partnern den Wandel zu einer nachhaltigeren Logistik voran.
Zum einen braucht es Schritte, die Unternehmen gehen müssen. Zum anderen gilt es, die notwendigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Passiert hier genug?
Günter Hirschbeck:Ein Beispiel: Von den 800.000 LKW, die derzeit Güter in Deutschland transportieren, sind gerade einmal 0,03 Prozent elektrisch. Diese zu ersetzen wird Jahre dauern, weil sowohl Batterien als auch Fahrzeuge fehlen. Die wenigen verfügbaren Fahrzeuge sind dreieinhalbmal teurer als Diesel-Lkw. Dazu fehlen Mega-Charger, damit die Fahrer:innen die E-LKW in ihren Ruhezeiten aufladen können. Es scheitert hier also sowohl an verfügbaren klimaschonenden Fahrzeugen als auch an der mangelnden Infrastruktur. Um das zu ändern, muss die Politik mehr Anreize schaffen, diese Transformation umzusetzen, damit die Logistikbranche stärker bereit ist, in diese neuen Technologien zu investieren.
Sie dürfen einen Appell an die Politik und Gesellschaft richten. Welcher wäre das?
Günter Hirschbeck:Die Transformation hin zu Null-Emissions-Fahrzeugen ist alternativlos. Das breit zu unterstützen, sehe ich als eine große Aufgabe der Politik. Wenig Mehrwert für die Umwelt sehe ich in der Erhöhung der Maut im nächsten Jahr. Denn Österreich hat jetzt schon EU-weit die höchsten Mauttarife. Statt der CO2-Bepreisung in der aktuellen Form fände ich die Einführung eines von den Branchenvertreter:innen vorgeschlagenen „Klimakontos“ sinnvoller, auf das alle CO2-Zuschlag-Erträge fließen sollen, um damit CO2-reduzierende Projekte finanzieren zu können. So ließe sich die Transformation deutlich leichter stemmen.
Die Transformation hin zu Null-Emissions-Fahrzeugen ist alternativlos.
Günter Hirschbeck
Managing Director, Dachser Österreich
#Campus Burghausen 35,5 Millionen Euro für die Wasserstoffforschung
Forschung auf den Gebieten Wasserstoff, Verfahrenstechnik und Chemie – diese soll ab Ende 2025 oder Anfang 2026 für die Technische Hochschule Rosenheim nahe des Campus Burghausen entstehen. Auf rund 10.000 Quadratmetern werden 28 Millionen Euro in das Gebäude, 2,5 Millionen Euro in die begrünte Fassade samt Dach und zwei Millionen Euro in die Wasserstoffforschung sowie drei Millionen Euro in die feste Labormöblierung investiert. Passend zum zukunftsträchtigen Ausbau der Hochschule bietet die Fakultät für Chemische Technologie und Wirtschaft bereits den Masterstudiengang Hydrogen Technology an. In diesem befassen sich Studierende mit Technologien, die für die Umsetzung einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft notwendig sind – zur Erzeugung, Speicherung, aber auch zum Transport von Wasserstoff und dessen Einsatz in unterschiedlichen Sektoren und Industriezweigen. So erlernen und erschaffen die Nachwuchstalente die Grundlagen für eine klimaneutrale Industrie._
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