Neue Denkweisen = gewohnte Erfolge?

Den Krisenmodus beibehalten und subventionieren, statt seriöse Standortpolitik zu betreiben? „Ein ‚Immer-weiter-so‘ wird nicht funktionieren.“ IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch warnt davor, den Anschluss im internationalen Wettbewerb zu verlieren. Und fordert ein Umdenken, um raus aus dem Krisenmodus zu kommen.

Als Wirtschaftsmotor schafft die Industrie in Österreich seit jeher Wertschöpfung, nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze. Sind das Lorbeeren, auf denen wir uns ausruhen können?

Joachim Haindl-Grutsch: Standortqualität ist nichts, was sich – einmal hergestellt – von selbst erhält. Die Welt dreht sich weiter, weshalb Standortrahmenbedingungen stets ein Verfallsdatum haben. Und hier sehen wir keine kontinuierliche Aufwärtskurve, sondern neben einigen Aufstiegen auch ordentliche „Dellen“. Durch die steigenden Energie- und Arbeitskosten büßen wir international an Wettbewerbsfähigkeit ein. Vor allem in Zeiten, in denen Deutschland Gefahr läuft, wieder der „kranke Mann Europas“ zu werden – die enge Kooperation in vielen Bereichen hat natürlich auch Auswirkungen auf Österreich.

Mit Deutschland und China schwächelten zwei bedeutende Handelspartner zuletzt. Wie reagieren die Leitbetriebe auf diese Veränderungen?

Joachim Haindl-Grutsch: Deutschland leidet unter nicht mehr zeitgemäßer Infrastruktur und Reformstau. Und China verliert durch seine Politik und die zunehmende Abschottung das Vertrauen der Weltwirtschaft. Wir sind gespannt, wie diese beiden für uns essenziellen Märkte den Turnaround schaffen. Wenn auch auf hohem Niveau, nehmen die Sorgen in den Betrieben dennoch zu. In den nächsten sechs Monaten wird sich herausstellen, ob wir mit einer Rezession hart aufprallen oder uns eine „Soft Landing“ gelingt. Um die Weichen richtig zu stellen, ist deshalb gerade jetzt ein Umdenken in der Industriepolitik nötig.

Welches Umdenken braucht es, um die richtigen Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Industriestandort zu schaffen?

Joachim Haindl-Grutsch: Wir müssen unsere Stärken – duale Ausbildung, HTL, Forschungsförderung, um nur einige zu nennen – vorantreiben. Und zugleich die Steuerquote senken und den Haushalt im Griff haben. Gefühlt sind wir noch im Krisenmodus, im „Nanny-Staat“, ein ausreichendes Umdenken hat noch nicht stattgefunden. Wir hoffen, dass die Industrienation Österreich dank der richtigen Rahmenbedingungen dann wieder einen Boost bekommt, sonst verlieren wir in vielen schleichenden Prozessen Wertschöpfung._

Die Welt dreht sich weiter – Standortrahmenbedingungen haben ein Verfallsdatum.

Joachim Haindl-Grutsch Geschäftsführer, Industriellenvereinigung Oberösterreich

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