Role Models: Frauen im MINT-Sektor
Gute Bezahlung, sichere Arbeitsplätze und aufregende Karrierechancen: Der MINT-Bereich hat Jobsuchenden so einiges zu bieten. Komisch nur, dass sich so wenige Frauen für diesen Sektor entscheiden – an den öffentlichen Universitäten machen sie zum Beispiel nur etwa ein Drittel der Studierenden in MINT-Fächern aus. Wir haben mit drei Frauen, die im MINT-Sektor erfolgreich sind, darüber gesprochen, woran das liegen könnte.
„Wenn ich in die Arbeit komme, weiß ich eigentlich nie, was mich erwartet“, erzählt Lisa Auinger. Sie ist für das Qualitätsmanagement beim oberösterreichischen Unternehmen MKW, das auf Metallverarbeitung und Kunststoff spezialisiert ist, zuständig. „Ich liebe besonders diese Vielfalt: Es kommen immer wieder unerwartete Herausforderungen auf mich zu, das macht den Job so abwechslungsreich. Man lernt eigentlich nie aus.“
Viele Mädchen können sich nicht vorstellen, einen technischen Beruf auszuüben, weil sie keine Frau kennen, die in diesem Sektor arbeitet.
Lisa Auinger
Qualitätsmanagement, MKW
Kunststoff verfolgt die 28-Jährige seit der Oberstufe: Zuerst besuchte sie die HTL für Kunststofftechnik in Andorf, darauf folgten ein Bachelorstudium für Metall- und Kunststofftechnik und ein Master in Kunststofftechnik. Ihre Masterarbeit erarbeitete sie bereits in Kooperation mit MKW, danach erhielt sie dort direkt eine Festanstellung. „Mir war wichtig, dass ich mir da schon Wissen aneigne, das für meinen späteren Beruf nützlich ist.“
In Sachen Bildung ist Auinger also mit allen Wassern gewaschen. An negative Reaktionen auf ihr Geschlecht in Schule und Beruf könne sie sich nicht erinnern – eher an überbordende Rücksichtnahme. „Jetzt im Job zählt natürlich einfach die Qualifikation, aber während meiner Ausbildung hatte ich manchmal das Gefühl, nicht ganz ernst genommen zu werden.“
Zu viel des Guten
Immer wieder sei sie aufgrund ihres Geschlechts anders behandelt worden als männliche Kollegen. „In der HTL wurde uns zum Beispiel immer kommuniziert, wie wichtig es ist, dass wir Mädchen uns wohlfühlen. Für mich hat das suggeriert, dass wir empfindlicher sind – dabei habe ich mich ja ganz bewusst für diese Laufbahn entschieden und hatte keine Sonderbehandlung nötig. Außerdem würde ich sagen, dass sich auch die Burschen wohlfühlen müssen“, sagt Auinger.
Trotzdem seien Projekte, in denen sich MINT-Unternehmen zum Beispiel in Schulen direkt an Mädchen und junge Frauen wenden, sinnvoll. „Ich glaube, es fehlen einfach die Vorbilder für Frauen in MINT-Berufen. Viele Mädchen können sich nicht vorstellen, einen technischen Beruf auszuüben, weil sie keine Frau kennen, die in diesem Sektor arbeitet.“ Es sei wichtig, schon kleinen Kindern zu zeigen, dass das Geschlecht bei der Berufswahl keine Rolle spielt.
Ich bin mir sicher, dass man sich auch als Frau etablieren kann und gute Aufstiegschancen hat.
Alexandra Eichberer
Softwaretechnik-Simulation, Fill
Schon als Kind hat Alexandra Eichberger lieber mit Lego gespielt als mit Puppen. „Ich war immer eher an Technik interessiert, darum war mir sehr früh klar, dass ich einen Beruf in diesem Bereich ergreifen möchte“, sagt die 24-Jährige.
Gesagt, getan: Nach der Informatikhauptschule absolvierte sie die HTL für Kunststofftechnik, direkt nach der Matura fand sie einen Job bei dem Maschinen- und Anlagenbauunternehmen Fill. Konkret arbeitet sie im Team für Softwaretechnik-Simulation und virtuelle Inbetriebnahme. „Bevor eine neue Anlage an den Start geht, simulieren wir den Betrieb – so lassen sich schon vorab viele Fehler vermeiden.“
Gruppenzwang
„Ich kann mich noch erinnern, dass nach der Hauptschule viele Klassenkolleginnen nicht in die HTL gehen wollten, weil sie als Mädchen nicht allein sein wollten“, erzählt Eichberger. Sie sieht die soziale Umgebung als wichtigen Faktor für Ausbildungsentscheidungen: „Für 14-Jährige ist der Freundeskreis natürlich sehr wichtig, aber dass darauf dann Entscheidungen über die gesamte berufliche Zukunft basieren, halte ich für wenig ratsam.“
Dieser Effekt unterstütze Stereotype, die ohnehin bestehen. „In den Köpfen ist leider weiterhin verankert, dass es Frauen- und Männerberufe gibt, und wenn die Berufswahl der Freundinnen die eigene so stark beeinflusst, werden diese gesellschaftlichen Tendenzen verstärkt.“ Weil in Österreich genau in diesem Alter Ausbildungsentscheidungen getroffen werden, die oft ein ganzes Leben lang nachwirken, sei es wichtig, Jugendliche generell und junge Frauen im Besonderen gut zu beraten. „Außerdem kann ich berichten, dass man sich auch als Mädchen auf einer HTL wohlfühlt.“
Frauen an die Macht?
Doch auch für Frauen, die später im Leben Karriereentscheidungen treffen, gebe es auf den ersten Blick abschreckende Signale. „Allgemein sind Frauen in mittleren und oberen Führungspositionen eher rar gesät. Wenn man Karriere machen will, kommt einem das vielleicht komisch vor“, so Eichberger. Aus der Praxis könne sie diese Sorgen nicht bestätigen: „Ich bin mir sicher, dass man sich auch als Frau etablieren kann und gute Aufstiegschancen hat.“
In der Zusammenarbeit mit ihrem Team merke sie nicht, dass sie anders behandelt wird. „In meiner Schulzeit habe ich Praktika gemacht, in denen ich in Unternehmen auf Montage dabei war – da haben wir in den Produktionshallen aufgebaut, während rund um uns gearbeitet wurde. Da war ich dann schon eine Besonderheit für viele“, erzählt sie. Doch auch in diesen Fällen habe sie Rückendeckung von ihren Kollegen erhalten: „Ich glaube, sobald man mit jemandem enger zusammenarbeitet, tritt das Geschlecht immer weiter in den Hintergrund. Letztlich zählt die
Expertise.“
Ich glaube, dass bei vielen eine gewisse Scheu vorhanden ist, in so eine Burschen- beziehungsweise Männerdomäne einzusteigen – ich kann aber aus der Praxis berichten, dass es dafür eigentlich keinen Grund gibt.
Daniela Reidl
Facilitymanagement, W&H Dentalwerk Bürmoos
Den Überblick behalten, planen und leiten: Als Facilitymanagerin beim Medizintechnik-Unternehmen W&H Dentalwerk Bürmoos in Salzburg ist Daniela Reidl dafür zuständig, Instandhaltungs- und bauliche Maßnahmen in den Firmengebäuden zu koordinieren. „Im Großen und Ganzen schaue ich, dass alles gut läuft.“
Weil Reidl in einem hochtechnologisierten Unternehmen arbeitet, ist dazu einiges an Know-how notwendig. „Ich habe gleich nach der HTL für Bautechnik angefangen, bei W&H zu arbeiten. Berufsbegleitend habe ich dann ein Studium in Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen, jetzt ist der Master in Industrial Management dran.“
An ihrem Job schätzt sie vor allem die Vielfältigkeit: „Ich habe mit allen Fachbereichen zu tun. Wenn ein neues Projekt gestartet wird, ist unsere Abteilung immer von Anfang an mit dabei, da bekommt man auch Einblicke in die Abläufe im Betrieb, die sich vielen anderen nicht bieten.“
Nur keine falsche Bescheidenheit
Trotz ihrer ausgezeichneten fachlichen Qualifikation stößt die 25-Jährige immer wieder auf Widerstände: „Bei uns im Unternehmen spüre ich davon eigentlich nichts, aber ich habe sehr viel mit Handwerkern externer Firmen zu tun. Da merke ich dann schon oft, dass so mancher männliche Handwerker sich von einer jungen Frau nichts sagen lassen will. Ein bisschen ist das auch eine Generationenfrage.“
Und wie damit umgehen? „Ich glaube, in solchen Momenten ist eine schlagfertige Antwort die beste Verteidigung – und natürlich muss man fachlich absolut sattelfest sein. Man darf sich auch nicht zu schade sein, manchmal selbst auf die Leiter zu steigen und zu zeigen, was man sich vorstellt.“ Wichtig sei auch der starke Rückhalt der Kollegen: „Solange man sich im Team aufeinander verlassen kann, kommt man mit solchen Herausforderungen gut zurecht.“
Früh übt sich …
Die Begeisterung für Technik wurde bei Reidl schon sehr früh geweckt: „Mein Vater ist Maschinenbauer, ich habe ihm oft zugeschaut, wenn er mit technischen Zeichenprogrammen Pläne erstellt hat. Das hat mich einfach fasziniert.“ Diese frühe Faszination führte zu einer Leidenschaft für Architektur und schließlich zu der Entscheidung, die HTL zu besuchen.
Daher lautet Reidls Rezept, um mehr Frauen in MINT-Berufe zu holen: möglichst früh anfangen. „Ich glaube, dass bei vielen eine gewisse Scheu vorhanden ist, in so eine Burschen- beziehungsweise Männerdomäne einzusteigen – ich kann aber aus der Praxis berichten, dass es dafür eigentlich keinen Grund gibt.“
Es sei wichtig, schon jungen Kindern Frauen in der Technik als normal zu vermitteln. „Ich glaube, dadurch kann man auch Barrieren im Kopf vermeiden, die sonst vielleicht dazu führen würden, dass Mädchen sich später im Erwachsenenalter nicht in die Technik trauen“, so Reidl._
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