„Selten war ich von einer Idee so überzeugt wie von dieser“
Eine digitale Schnittstelle zwischen Sportschüler und Coach, ein Unternehmen, das Breikost auf einen völlig neuen Standard heben will, und ein Marktplatz für Probanden und die Pharmaindustrie: einige der spannendsten Start-ups des Landes im Überblick.
Skillyard
Als Wakeboard-Coach ist Mario Walkner erstaunt, wie schnell sich seine Schüler durch die Videoanalyse von ihren Bewegungsabläufen weiterentwickeln. „Außerdem ist mir aufgefallen, dass man zu den Schülern den Kontakt verliert und sie kein Feedback zu ihren Fortschritten bekommen, wenn sie einmal das Trainingscamp verlassen, dabei könnte man viele der Trainingsschritte auch online durchführen“, sagt er. Die Idee für Skillyard ist geboren – eine digitale Schnittstelle zwischen Sportschüler und Coach. Der USP: Im Gegensatz zu anderen Videoplattformen wie YouTube bieten die Skillyard-Coaches individuelles Feedback. Zwei Jahre feilt er nebenbei an der Ausarbeitung des Projekts, doch dann legt Walkner das Projekt auf Eis. „Ich bin auf Weltreise gegangen“, sagt er. Wieder zurück in Linz landet der Gründer in der Factory300 der Tabakfabrik. „Das Umfeld dort war für mich so motivierend, dass ich meine Idee doch umsetzen musste – sonst hätte ich es mir wohl ewig vorgehalten“, erinnert sich Walkner. Gemeinsam mit zwei Co-Gründern testet er das Konzept mit einfachen Videotools und einer schnell gebauten Website. Walkner: „Wir wollten herausfinden, ob es Interesse gibt.“ Innerhalb kurzer Zeit finden sie zwölf Coaches – und mehr als 400 Kunden melden sich für Onlinekurse an. Daraufhin wird im Sommer 2020 das Unternehmen gegründet. „Besonders in der Gründungsphase hat uns das Programm von tech2b sehr geholfen, es hat uns dabei unterstützt, den Kern unseres Produktes herauszuarbeiten“, sagt Walkner, „durch die Zusammenarbeit konnten wir Dinge abdecken, für die wir in unserem eigenen Team noch niemanden hatten.“ Besonders als Sparringpartner im Finanzierungsbereich habe der Inkubator wertvolle Unterstützung geleistet.
Einerseits war besonders der Beginn der Wakeboard-Saison 2020 eine schwierige Zeit für das junge Unternehmen, da viele Sportstätten betroffen waren. „Andererseits hat sich die Argumentation, was unser Produkt ausmacht, in den vergangenen Monaten stark vereinfacht“, sagt Walkner. Die Angebote von Skillyard sind derzeit sehr auf Actionsport ausgerichtet – in diesem Umfeld sind die Gründer besonders gut vernetzt. Bevor das Potential in diesem Bereich nicht ausgeschöpft ist, will man sich nicht um andere Massensportarten kümmern. Als Nächstes will man das bestehende Angebot vertiefen. „Im Laufe des Jahres wollen wir zusätzlich Livecoachings und Tutorials anbieten, die große Vision ist der Aufbau eines ganzen Ökosystems rund um die Sportarten von Events bis zu Werbeflächen für relevante Marken“, sagt Walkner.
Taste Elements
Seit 2017 bietet das Linzer Start-up Taste Elements Brot- und Kuchenprodukte an, die schneid- und bestreichbar, aber trotzdem Breikost sind. Die aufgrund der demographischen Entwicklung stetig wachsende Zielgruppe: ältere Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden. „Diese Produkte verkaufen wir vorwiegend an Krankenhäuser, die sie in ihren Standardspeiseplan aufnehmen“, sagt Gerhart Stadlbauer, einer der fünf Gründer des Unternehmens. Stadlbauer arbeitete als Koch, war später Geschäftsführer der Österreichischen Mensen und gründete 2016 die Gersta GmbH. Die restlichen Gründer arbeiten in Führungsebenen der Lebensmittelindustrie und wollen sich derzeit noch nicht outen.
Anfang 2020 beschließt man bei einem Start-up-Event in Wien, das Projekt weiter zu forcieren und auch für den Einzelhandel fit zu machen. Denn das spannendste Produkt von Taste-Elements ist derzeit noch gar nicht am Markt: Breikost auch abseits von Brot und Kuchen mit einer ähnlichen Haptik und Optik wie das Original. „Wir haben zum Beispiel ein Gulasch entwickelt, dessen hochwertige Zutaten durch bestehende Vorgänge aus der Industrie in Breikost verwandelt werden“, sagt Stadlbauer. Wie genau das funktioniert, muss derzeit noch geheim bleiben. Aber nicht nur Gulasch, sondern auch andere Gerichte, die normalerweise gern am Mittagstisch der Österreicher stehen, sollen in Breikost verwandelt werden. Derzeit suchen die Gründer noch nach einem geeigneten Hersteller und einem Vertriebspartner.
Patentiert werden kann diese neue Form der Breikost nicht, das wird auch nicht angestrebt. „Wir müssen dieses Produkt möglichst schnell als unsere Marke positionieren und damit aufzeigen, dass etwaige Nachahmer nur Copy-Paste betreiben“, sagt Heinrich Prokop, der als Partner an Bord ist. Der aus „2 Minuten, 2 Millionen“ bekannte Investor ist Manager des Investmentfonds von Clever Clover und kommt bei seinen Erzählungen ins Schwärmen. „Die Produkte sind großartig, ich war selten so überzeugt von einer Idee wie dieser, sie ist komplex und völlig anders als die anderen, die mir normalerweise unterkommen. Ich werde das Projekt persönlich, aber auch mit Clever Clover maximal unterstützen“, sagt Prokop. Und zwar nicht nur aus finanziellen Aspekten. Prokop: „Mehrheitlich, weil ich überzeugt davon bin, dass diese Idee wichtig ist und unterstützt werden muss.“ Durch die geplanten Marktneuheiten von Taste Elements könnten sich alte Menschen endlich bedarfsgerecht ernähren. „Momentan haben wir die Situation, dass mangels Alternativen ein signifikanter Anteil an Babybreikost in Österreich an ältere Menschen verabreicht wird, dabei ist diese Art der Ernährung aus ernährungsphysiologischer Sicht völlig falsch für alte Menschen“, erklärt Prokop. Alleine schon, dass man dem zu Pflegenden ein Produkt anbieten kann, an dem er auch seine Freude hat, sei ein Grund, das Produkt einzuführen. Prokops mittlerweile verstorbener Vater sei zehn Jahre lang selbst in der Zielgruppe der neuen Taste-Elements-Produkte gelegen. Prokop: „Das Produkt ist so gut, dass ich es gemeinsam mit ihm am Tisch hätte essen können.“
Nachdem ein passender Hersteller gefunden wurde, will man sich bei Taste Elements nicht nur am österreichischen Markt etablieren, sondern global. „Once it works here, it works everywhere. Konzept und Produkt haben einen hohen Anspruch für Internationalität”, sagt Prokop.
Probando
Das Grazer E-Health-Start-up Probando ist ein digitaler Marktplatz für medizinische Studien und will die Pharmaindustrie und Forscher mit potentiellen Probanden zusammenbringen. Grundlage dafür ist eine intelligente, Machine-Learning-basierte Plattform. „Die Probanden bekommen bei uns nicht nur monetäre Entschädigungen, sondern auch Einblick in die Forschungsergebnisse oder Untersuchungen, auf die sie normalerweise lange warten würden“, sagt Co-Founder Matthias Ruhri, „wir setzen darauf, dass nicht nur monetäre Interessen unsere Probanden zu Teilnahmen bewegen, sondern auch das Bewusstsein, die Forschung und damit den gesellschaftlichen Fortschritt zu unterstützen.“ Die Idee für das Unternehmen kam dem anderen Co-Founder, dem Pharmazeuten Manuel Leal Garcia, auf einem Forschungskongress in den USA. „Beim Austausch mit anderen Forschern und Wissenschaftlern kam immer wieder das Thema auf, dass es bei Studien besonders oft an der Akquise von Probanden hapert“, sagt Garcia. Wieder zurück in Österreich begann Garcia gemeinsam mit seiner Mitgründerin Julia Harrer, an dem Projekt zu arbeiten. Ruhri: „Die beiden haben mir dann ihre Idee gepitcht und ich habe mich schnell entschlossen, den Aufbau von Probando gemeinsam zu steuern.“
Derzeit arbeiten vier Gründer und vier Mitarbeiter an Probando. „Wir arbeiten daran, das Angebot tagtäglich zu erweitern. Seit kurzem bieten wir auch Jungforschern und Studenten die Möglichkeit, unser Angebot kostenlos zu nutzen – etwa für Onlineumfragen von Abschlussarbeiten“, sagt Ruhri. Die Auswahl der medizinischen Studien soll durch stärkere Marketingmaßnahmen größer werden – das Kapital dafür stammt von Investoren. Alfred Luger, Co-Founder von Runtastic, Business-Angel Georg Zenker und die Steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft SFG investierten im Dezember 2020 einen mittleren sechsstelligen Betrag in das Start-up. Derzeit beginnt der Rollout des Produkts auch in Deutschland und der Schweiz, 2021 will man im DACH-Raum eine erhebliche Anzahl von Studien gewinnen, um dann für den nächsten Entwicklungsschritt bereit zu sein. Intensive Gespräche mit großen internationalen Pharmaunternehmen sind im Gange und die ersten Aufträge wurden erteilt. „Der größte Markt für uns sind die USA – dort werden mehr als die Hälfte aller klinischen Studien weltweit durchgeführt“, sagt Ruhri._
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