Das Internet der Zukunft
Durch immer datenintensivere Internet-Dienste gelten schnelle Internetverbindungen mittlerweile als kritischer Standortfaktor für Unternehmen. Genau in dem Bereich gehört Oberösterreich aber zu den EU- Schlusslichtern. Nur ein Prozent der Haushalte hat Zugang zu „ultraschnellem“ Breitbandinternet. Ein Ausbau des Glasfasernetzes soll das ändern.
Oberösterreich hat bestens ausgebaute Autobahnen. Die Zufahrtsstraßen bestehen aber noch aus Schotter – und machen eine hohe Geschwindigkeit unmöglich. Die Rede ist natürlich nicht vom Verkehrsnetz – sondern von den Datenautobahnen. Alle Gemeinden sind zwar mit Glasfasernetz verbunden, die meisten Häuser und Betriebe aber noch nicht.
Damit sich das ändert, wird von der BBI (Breitbandinfrastruktur GmbH) derzeit an einer Vernetzung von oberösterreichischen Industrie- und Gewerbekunden gearbeitet. „Das ist deswegen so wichtig, weil sich die Informationsmethodik und Datenstruktur geändert hat“, sagt BBI-Geschäftsführer Manfred Litzlbauer. Denn die frühere Kupfer- und Funknetzwerk-Infrastruktur ist im Gegensatz zur Glasfasertechnologie asymmetrisch. Während meist eine passable Download-Rate möglich ist, ist die Upload-Geschwindigkeit langsam. „Früher war das vernachlässigbar, heute nicht mehr“. Durch Cloud- Computing und eine steigende Zahl von Heimarbeitsplätzen wird auch die Upload-Geschwindigkeit wichtig – teilweise sogar wichtiger als die Download-Rate. Besonders Oberösterreich mit seiner exportorientierten Industrie braucht schnelle Datenautobahnen – sonst verliert man den Anschluss, sagt auch Gernot Fellinger von der WKOÖ, einer der Initiatoren des Projekts.
1,7 Milliarden Euro Investition
Geht es nach dem Land Oberösterreich, sollen 50 Prozent aller Haushalte bis 2018 Zugang zu ultraschnellem Internet haben. Schon jetzt werden in 30 Sied- lungen Glasfaserleitungen zu Privatkunden gelegt. „Die können das neue Netz dann schon ab Mitte 2014 nutzen“, sagt FTTH-Experte Markus Fellhofer, der das Pilotprojekt in der Energie AG vorantreibt. Als „ultraschnelles Inter- net“ werden Verbindungen von mehr als 100 Mbit pro Sekunde per EU-Definition bezeichnet. Auch wenn bereits alle 444 Gemeinden mit einem so genannten Point of Presence – das ist ein Anknüp- fungspunkt für Glasfasernetze – aus- gestattet wurden, sind die Kosten für einen solchen flächendeckenden Breitband-Ausbau bis zu den Privathäusern und Wohnungen gewaltig. „Die Gesamtinvestition würde etwa 1,7 Milliarden Euro betragen“, sagt Wirtschaftslan- desrat Michael Strugl. Besonders teu- er ist es, Leerrohre zu verlegen, in die dann wiederum Glasfaserkabeln gelegt werden können. Während die Rohre pro Laufmeter nur zwei Euro kosten, zahlt man im städtischen Gebiet 100 bis 200 Euro pro Laufmeter dafür, eine Leitung aufzugraben und anschließend wieder zu asphaltieren. Das stellt auch Robert Kolmhofer fest, als er in den 90er-Jah- ren ein 180 Meter langes Glasfasernetz zu seinem Unternehmen legen lässt. Kostenpunkt: 20.000 Euro. Der FH-Hagenberg-Professor und Netzwerk-Experte ist es auch, der für das Land eine Breitbandstudie und Empfehlungen für das Projekt erstellt hat.
Anschluss zur globalen Datenautobahn
Eine zentrale Forderung ist die Einrichtung eines oberösterreichischen Internet-Exchange-Punkts. Derzeit gibt es keine öffentlich verfügbare Möglichkeit, Traffic zwischen unterschiedlichen Netzbetreibern auszutauschen. Der Großteil des Internet-Datenaustausches läuft also über den Umweg Wien. „Mit dem Exchange-Punkt hat Oberösterreich eine direkte Auffahrt für die globale Internetautobahn, und muss nicht mehr über Wien fahren“, erklärt BBI-Geschäftsführer Markus Past. Bei einem etwaigen Ausfall der Wien-Achse könne weiterhin eine Verbindung für die oberösterreichischen Kunden gewährleistet werden. Dieser Schritt hätte auch große Vorteile für internationale Unternehmen und damit für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich. Ob der Exchange-Punkt förderungswürdig ist, wird demnächst entschieden.
Während in Oberösterreich Ausbauprogramme noch beschlossen werden, sind andere Regionen der Welt längst großflächig mit Glasfasernetzen verknüpft. In Südkorea besitzen etwa 80 Prozent der Haushalte einen Zugang zu ultraschnellem Internet. Europaweit gehört Österreich zu den Schlusslichtern. Dieses Problem ist für Kolmhofer hausgemacht. „Seit der Liberalisierung des Telekom-Marktes 1997 in Öster- reich wurde viel Geld in den Ausbau von Breitbandtechnologien im Kupferlei- tungsnetz der Telekom investiert. Der Ausbau Richtung ultraschneller Technologien wurde aber zu wenig verfolgt und es wurden nicht genügend Mittel dafür zur Verfügung gestellt“, sagt er. Was die Zukunft betrifft, ist der Netzwerk-Experte sehr zuversichtlich.
Denn bis 2022 ist als finaler Schritt ein flächendeckender Ausbau für ganz Oberösterreich geplant. „Die BBi würde an der Peripherie zu bauen beginnen“, erzählt Litzlbauer. Selbst Siedlungsge- biete mit wenigen Häusern hätten dann Zugang zu ultraschnellem Internet. Der Geschäftsführer prognostiziert gewaltige Auswirkungen: „Dieser Ausbau wirkt sich auf die Ausbildung der Jugendli- chen aus, auf Heimarbeitsplätze, bis hin zu gesellschaftlichen Symptomen und der Bewusstseinsebene – durch besseren Wissenstransfer“._
„Der Ausbau des Breitband-Internets wirkt sich auf die Ausbildung der Jugendlichen aus, auf Heimarbeitsplätze, bis hin zu gesellschaftlichen Symptomen“
Manfred LitzlbauerBBI-Geschäftsführer
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