Soziale Verantwortung. Aber echt.
Ein afghanisches Buffet in der Mitarbeiterkantine. Einen Tag an der Seite von Suchhunden nach Vermissten suchen oder in einem Sozialmarkt mitarbeiten. Wenn Unternehmen nicht nur Geld spenden wollen, um das Stichwort „soziale Verantwortung“ im Geschäftsbericht anführen zu können, sind sie beim Oberösterreichischen Roten Kreuz richtig. Bei der Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz wird soziale Kompetenz erlebbar. Ein Lokalaugenschein bei der Greiner Gruppe und dem Brillenhersteller Silhouette.
Ein Lehrling liegt verletzt vor einer großen Maschine in der Produktionshalle. Drei Kollegen eilen herbei, einer wählt den Notruf. Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte stützen und beruhigen die jungen Mitarbeiter den Verletzten und untersuchen vorsichtig die blutende Stelle. Eine Rot Kreuz-Mitarbeiterin beobachtet die Szene und lobt die Jugendlichen für ihre Vorgehensweise. Der Lehrling hat sich nicht wirklich verletzt, sondern wurde geschminkt und spielt den Verletzten im Zuge eines 16-stündigen Erste Hilfe Kurses. Die Lehrlinge im ersten Lehrjahr der Greiner Gruppe üben am Werksgelände in Kremsmünster für den Ernstfall.
Unterschiedliche Möglichkeiten
Der Erste Hilfe Kurs ist ein Teil der Zusammenarbeit des Konzerns mit dem Roten Kreuz. „Die jungen Menschen erleben dabei im Zuge ihrer Ausbildung, was es heißt, soziale Kompetenz zu erleben, zu erlernen und zu beweisen“, sagt Walter Aichinger, Präsident des Roten Kreuzes in Oberösterreich über die Angebote des Roten Kreuzes für Lehrlinge in Firmen. Diese Angebote sind aber nur eine Möglichkeit der Zusammenarbeit von Firmen mit dem Roten Kreuz. „Wir finden im Gespräch mit den Firmen heraus, wo deren Interesse liegt“, so Aichinger über die ganz unterschiedlichen Kooperationsmöglichkeiten. Denn Unternehmen werden sich immer mehr ihrer sozialen Verantwortung bewusst, wollen nicht nur Geld spenden. Darauf hat das Rote Kreuz reagiert, geht seit dem Jahr 2014 bewusst auf Unternehmen zu und fungiert als Partner bei der Umsetzung eines Sozialprojektes.
Für solch eine individuelle Kooperation mit dem Roten Kreuz hat sich auch der Brillenhersteller Silhouette entschieden. Seit Anfang dieses Jahres unterstützt das Linzer Unternehmen ein Asylwerberquartier, das vom Roten Kreuz betreut wird. „Wir sind ein Unternehmen, das authentisch und ehrlich helfen möchte, weil wir uns unserer sozialen Verantwortung bewusst sind“, sagt Personalmanager Tarek El-Dabbagh. Silhouette wurde selbst von Flüchtlingen aus dem Sudetenland gegründet und im Zuge der aktuellen Flüchtlingswelle habe man überlegt, wie man langfristig helfen könne. „Es war uns wichtig, dabei die Mitarbeiter einzubeziehen und zu wissen, dass unsere Unterstützung auch wirklich bei den Hilfsbedürftigen ankommt“, so El-Dabbagh. Mit dem Roten Kreuz gebe es bereits eine jahrelange, enge Zusammenarbeit und so habe man darauf gewartet, bis der Verein die Betreuung eines Asylwerberquartiers in unmittelbarer Nähe zum Firmensitz übernommen hatte. „Wir haben uns gemeinsam mit dem Roten Kreuz auf eine Reise begeben, ohne genau zu wissen, was passiert“, sagt El-Dabbagh über den Start der Partnerschaft, die sich mittlerweile sehr erfolgreich entwickelt hat.
Silhouette organisierte bereits eine Sachspendenaktion bei den Beschäftigten, ein Mitarbeiter mit arabischer Muttersprache sorgte einen Abend lang mit seinen Zauberkünsten für Abwechslung im Asylwerberquartier. Alle Kinder wurden augenärztlich untersucht und bei Bedarf eine Brille zur Verfügung gestellt. „Es war für mich ein ganz besonderer Moment, als die Flüchtlingskinder zur Untersuchung mit relativ ängstlichen Augen gekommen sind und danach mit leuchtenden Augen das Firmengebäude verlassen haben“, erinnert sich El-Dabbagh. Weiters haben Flüchtlinge aus Afghanistan ein Buffet mit landestypischen Gerichten vorbereitet und die Speisen in der Mitarbeiterkantine verkauft. „Wir wollen mit solchen Aktionen Austausch zwischen beiden Seiten schaffen, denn Integration funktioniert nur dann, wenn beide aufeinander zugehen“, so El-Dabbagh. Mitarbeiter werden aufgerufen, Zeit zu spenden und mit den Flüchtlingen auch in ihrer Freizeit etwas zu unternehmen. Durch persönliche Kontakte entstehe Offenheit und Verständnis füreinander.
Geringer Aufwand
„Mitarbeiter bekommen Einblicke in neue Lebenswelten, über die sie vielleicht noch gar nicht nachgedacht haben“, sagt der Rot Kreuz-Präsident über die erfolgreichen Projekte mit Firmen. Das Rote Kreuz beschäftigt für die Umsetzung solcher Projekte berufliche und freiwillige Mitarbeiter, um die Firmen bestmöglich zu unterstützen und deren Arbeitsaufwand gering zu halten: „In den Unternehmen muss es nur die Bereitschaft geben, etwas tun zu wollen und ein wenig Geld in die Hand zu nehmen.“ Silhouette und Greiner bestätigen die Aussage des Präsidenten. In beiden Firmen gibt es keinen CSR-Bericht. „Wir wollen einen ehrlichen und sozial relevanten Beitrag für die Gesellschaft leisten“, sagt Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner Gruppe.
Bei Silhouette kümmert sich die Personalabteilung um die Patenschaft mit dem Asylwerberquartier und steht im Kontakt mit der Heimleitung. Die Mitarbeiter werden durch einen wöchentlichen Newsletter, einer Mitarbeiterzeitung und Betriebsversammlungen laufend informiert. Bei Greiner wird die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz weitgehend über die Konzernkommunikation koordiniert. „Aufgrund einer sehr professionellen Abwicklung der Kooperationsvereinbarung seitens des Roten Kreuzes ist der Aufwand nicht der Rede wert“, so Kühner. Man müsse die Zusammenarbeit ernst nehmen und entsprechend nachhaltig verfolgen. Dann sei ein Engagement wie dieses für jede Firma empfehlenswert._
Soziale Kompetenz für Lehrlinge erlebbar machen
Das Rote Kreuz Oberösterreich hilft Firmen bei der Umsetzung von Sozialprojekten und entwickelt dafür jeweils individuell passende Konzepte. Für den Bereich der Lehrlingsentwicklung wurde ein Paket mit Angeboten für jedes Lehrjahr entwickelt, das bereits rund 200 Lehrlinge aus sieben Unternehmen in Oberösterreich begleitend zur fachlichen Ausbildung absolvieren – darunter auch die Lehrlinge der Greiner Gruppe. „Unsere Lehrlinge können im Rahmen ihres Ausbildungsmoduls „Soziale Kompetenz“ ihren Horizont erweitern“, sagt Greiner-Vorstandsvorsitzender Axel Kühner.
Im ersten Lehrjahr stärken die Lehrlinge ihren Zusammenhalt bei Erste-Hilfe-Stationen am Betriebsgelände und Outdoor oder bei einer Einsatzübung mit Suchhunden. Für Lehrlinge im zweiten Lehrjahr veranstaltet das Rote Kreuz Wertecamps, bei denen persönliche, gesellschaftliche und firmeninterne Werte reflektiert werden oder die Jugendlichen einen Tag in einem sozialen Projekt mitarbeiten. Die Greiner-Lehrlinge sollen im Sozialmarkt in Kremsmünster aushelfen, der vom Roten Kreuz ins Leben gerufen wurde und vom Konzern unterstützt wird. Im dritten Lehrjahr sieht das Rote Kreuz im Bereich der Lehrlingsentwicklung einen Einblick in dessen Leistungsbereich vor: Die Lehrlinge können einen Tag etwa im Rettungsdienst, einem Seniorenheim oder bei der Betreuung von Flüchtlingen verbringen.
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