Die Kunst des Gastgebens
Ist sie angeboren oder angelernt? Die Liebe und die Kunst, Gäste zu begeistern? Auf welche neuen Trends müssen Gastgeber heute setzen, um auch morgen volle Gaststuben und gut gefüllte Häuser, aber auch genügend Personal zu haben? Und wie ist es eigentlich so, gemeinsam als Familie, als Ehepaar oder als Zweiergespann zu führen? Wir haben uns umgehört, in drei ganz unterschiedlichen Betrieben, die aber vom Mindset her gar nicht so unterschiedlich sind …
#1„Wir erfinden unser Hotel gerade neu“
Umgebaut, erweitert und mit vielen neuen Ideen soll Anfang Mai 2024 das Hotel Post am See in Traunkirchen am Traunsee wieder eröffnen. Dahinter steckt die Gröller Hospitality, und das ist Monika Gröller mit ihren Töchtern Marie und Josefine. Natürlich ist das auch Wolfgang Gröller. Aber heute wollen wir mal vom weiblichen Teil der Familie wissen, wie die drei Frauen mit ihrem Konzept mehr auf die Individualität und Flexibilität der Gäste eingehen möchten, und warum es dazu den Mut braucht, Dinge anders zu machen.
„Wir versuchen, die Post am See in einen Inspirationsort zu verwandeln. Einen lebendigen Playground, der dazu verleitet, die Gedanken schweifen zu lassen und den inneren Künstler oder die innere Künstlerin wiederzuentdecken“, erklärt Marie, die vor allem für die Umsetzung des neuen Brandings verantwortlich ist. Diese Lebendigkeit, dieses Gefühl der Offenheit sei die Basis für alles gewesen, was hier entsteht: 21 zusätzliche Zimmer, ein ganzes Stockwerk für Casual Dining Experinces inklusive urbaner Bar, ein Rooftop-„BergSPA“ mit einem Infinity Pool. Was man hier hingegen nicht findet, ist ein Halbpensions-Konzept. „Wir wollen keine Zwänge beim Essen – aber ganz viele Möglichkeiten“, sagt Josefine, die hier alle Fini nennen – von ihr kommt auch die Idee der offenen Küche mit Kitchen Counter in der Beletage.
The New Glocal
Und die Möglichkeiten sind tatsächlich vielfältig: „Einerseits das Wirtshaus Poststube 1327, Fine Dining im Bootshaus mit Vier-Hauben-Koch Lukas Nagl, das Genießermenü im Hotel Das Traunsee und jetzt auch noch Casual Dining in der neuen Beletage in der Post am See. Das Hotel entspricht damit dem heutigen Zeitgeist“, erklärt Monika. Diesen Zeitgeist beschreiben die beiden Töchter so: „Wir wollen hier die Geschmäcker der Welt natürlich nicht missen, gleichzeitig legen wir aber Wert auf Regionalität und Saisonalität – New Glocal also, denn weltoffene Regionalität sehen wir als Stärke!“
In der Beletage finden sich aber noch mehr Trends: „Wir wollen damit den Social Exchange unterstützen – durch Wohnzimmerfeeling und ein Sharing Concept“, sagt Marie. Es werde auch einen Kommunikationstisch geben, an dem man mit anderen Gästen zusammengesetzt wird. So sollen der soziale Austausch angekurbelt und kollektive Erlebnisse gefördert werden. Finis Augen leuchten, als sie auch noch den Trend „Meet food“ erklärt: „Der Wunsch ist groß, Lebensmittel nicht nur zu verbrauchen, sondern auch zu erleben. Durch Küchenblicke kann man hinter die Kulissen schauen.“
Rollenverteilung
Das alles wäre aber wohl nur halb so schön (wortwörtlich), wenn hier nicht noch ein Trend zum Tragen kommen würde: The New French, also Holzböden, Messing, Marmortische mit Dining Chairs, üppige Farben und angesagte Prints. Monika schmunzelt. Sie ist es schließlich, die hinter dem gesamten Interieurkonzept steckt, weil sie es liebt, „die Gäste mit Design zu überraschen“. Die Rollen sind übrigens klar verteilt: „Fini ist die Pragmatikerin, Marie ist irgendwo zwischen Pragmatikerin und Visionärin, und ich bin Visionärin“, sagt Monika. „Mir macht es wahnsinnig Spaß, etwas völlig Neues zu schaffen.“ Und genau deshalb funktioniere ihr Zusammenspiel auch so gut: „Weil wir alle unterschiedlich ticken. Meine Kinder sind strukturierter, verzetteln sich nicht so sehr wie ich. Außerdem bewundere ich es, wie sie neue Ideen zulassen und aufnehmen.“
Umgekehrt schauen sich aber auch die beiden Töchter so einiges von ihren Eltern ab. Marie: „Den Fleiß und den Mut. Die Ausdauer und die Stärke, ein großes Team, einen großen Betrieb voranzutreiben.“ Fini ergänzt: „Mama und Papa als Team bewundern wir sehr. Obwohl so verschieden, sind sie seit über 35 Jahren ein eingespieltes Team.“ Was Monika und Wolfgang Gröller jedenfalls gemeinsam haben, ist ein gewisses Gastgeber-Gen. Ob dieses auch vererbt wurde? „Ich glaube, ja“, antwortet Fini sofort. „Wenn man in eine Familie wie diese hineingeboren wird, bekommt man das mit in die Wiege gelegt. Je älter man wird, umso mehr kann man dieses Gen ausbauen und umso bessere Gastgeberinnen können wir werden, weil man ja selbstbewusster wird und immer dazulernt.“
#Gedankensprung
mit Monika, Marie und Josefine Gröller, Gröller Hospitality
Ich bin gerne Gastgeberin, weil_
Monika: unser Beruf sehr viele spannende Begegnungen bringt und unglaublich abwechslungsreich ist. Aus den Kontakten zu den Gästen entwickeln sich oft sehr schöne Freundschaften.
Marie: ich es liebe, Gästen die Möglichkeit zu geben, in meine Heimat, das Salzkammergut, mit all seinen Facetten einzutauchen.
Josefine: es mir Spaß macht, anderen Leuten eine Freude zu machen und sie begeistert zu sehen. Ich liebe es, in einem großartigen Team in der Hotellerie zu arbeiten.
Was die wenigsten Gäste über Gastgeber wissen_
Monika: Dass man eine Sieben-Tage-Woche hat, weil man eigentlich nie abschalten kann. Deshalb sollte man es zu 100 Prozent leben wollen, weil man es sonst nicht langfristig machen kann.
Marie: Dass es Tage gibt, an denen das Gastgeber-Sein einem Energie gibt und glücklich macht, es aber auch Tage gibt, an denen es Kraft raubt und man im Austausch mit den Gästen etwas mehr über seinen Schatten springen muss.
Ein Mythos aus der Hotelbranche, den wir richtigstellen wollen_
Josefine: Kellner:innen sind nicht nur Tellertaxis, sondern Gastgeber:innen, Verkäufer:innen, Seelsorger:innen, Zuhörer:innen, Berater:innen, Beschwerdemanager:innen … Es geht nicht nur um den Chef, die Chefköchin, den Sommelier, sondern um das ganze Team. Und: Als Hotelleriekind isst man nicht jeden Tag à la carte und hat nicht das Leben, das sich viele Menschen besonders wegen Filmen vorstellen.
Inspirieren lasse ich mich_
Monika: von Urlauben und Reisen. Der Abstand zum Betrieb hilft auch, den eigenen Horizont zu erweitern, kreative Wege zu gehen und neue Ideen im Betrieb umzusetzen.
Marie: meist auf Instagram und Pinterest. Auch mein Studium im Ausland hat mir Türen zu Städten wie Paris, London und Mailand geöffnet, in denen ich viele Eindrücke und Inspirationen sammeln durfte. Ich freue mich, dass in der Beletage viele dieser Inspirationen einen Platz finden dürfen und hoffentlich viele Gäste begeistern.
Diese Gästebewertung möchten wir 2024 über uns lesen_
Josefine: Dass wir sie überrascht und überzeugt haben, von unserem Konzept der Post am See. Und dass sie merken, wie viel Herzblut und Arbeit in der Gröller Hospitality steckt. Wie stark wir als Familie hinter allen Betrieben stehen und spürbar sind.
#2„Wir kombinieren Essen mit Erlebnissen“
Eine kulinarische Entdeckungsreise, so in etwa könnte man das Kulinario in der Linzer Herrenstraße beschreiben. Ein Restaurant? Auch, ja, aber noch einiges mehr. „Ein Restaurant für morgens, mittags und abends, ein Catering für diverse Veranstaltungen, ein Shop mit unseren Eigenprodukten und eine Kochschule mit verschiedenen Kursen“, beschreibt Geschäftsleiterin Stefanie Bogensperger das Gastronomiekonzept. Gastgeberin, oder wie man hier sagt: „Leiterin der Division Lifestyle“, ist Christina Jahn – „wir ergänzen uns perfekt“, sagen sie fast gleichzeitig. „Weil die Chemie zwischen uns einfach stimmt“, erklärt Stefanie prompt. Symbolisch betrachtet seien sie wie zwei Zutaten, die mit einem passenden Rezept ein herrliches Gericht ergeben. Und bei diesem Rezept sei die ehrliche Kommunikation das Zauberwort. Außerdem seien die Rollen klar verteilt, ergänzt Christina: „Stefanie ist die Ideengeberin, ich bin diejenige, die die Visionen effektiv in die Tat umsetzt.“
Eine gute Gastgeberin zu sein, hat Christina Jahn schon in ihrer Kindheit vorgelebt bekommen. „Ich bin am Land auf einem Bauernhof aufgewachsen. Da ist es selbstverständlich, dass man neben der Familie auch regelmäßig Freund:innen und Nachbar:innen umsorgt.“ Schon damals wusste die Mühlviertlerin, dass sie einmal Kellnerin werden wollte. „Also ja, vielleicht gibt es tatsächlich ein Gastgeber-Gen“, sagt sie und lacht. Die ländlichen Wurzeln hat Christina übrigens mit Stefanie Bogensperger gemeinsam. Doch obwohl deren Großeltern und Eltern jeweils eine Gästepension betreiben, „hat mich die Leidenschaft fürs Gastgeben erst vor ein paar Jahren gepackt – vor allem die Neugier, wie sich gastronomische Trends entwickeln, ob ein Trend wirklich zu einem Trend wird und wie offen Gäste für Neues sind“, erzählt die Salzburgerin, die fast täglich mit dem Zug nach Linz pendelt.
Von Yoga & Brunch bis Quiz mit Biss
Auf den Trend der Erlebnisgastronomie möchten die beiden mit ihrem Konzept „eat.enjoy.explore“ eingehen. „Das bedeutet, dass unsere Gäste bei uns essen, genießen und entdecken zugleich können. In anderen Worten möchten wir Essen mit Erlebnissen kombinieren. Daher haben wir verschiedene Themen mit Essen geplant: Quiz mit Biss, A taste of kulinario, Speeddating mit Amore-Buffet, Genuss-Fiesta und Yoga & Brunch.“ Wichtig sei auch, so Stefanie, das Speisenangebot so zu gestalten, dass für jeden etwas dabei sei: „Flexible Ernährungsgewohnheiten sind ein nicht zu unterschätzendes Bedürfnis der Gäste, der sogenannten Flexitarier.“ Also Menschen, die Fleisch, Fisch, vegetarisch und vegan gerne mischen. „Diese bunte Palette können wir gut abdecken.“
Apropos flexibel. Flexibilität sei ohnehin das Um und Auf in der Gastronomie, sind sich beide einig. Und dafür haben sie wohl die beste Schule durchgemacht – das Restaurant wurde in der Coronazeit eröffnet. Heute beweisen sie ihre Flexibilität sowohl bei den Öffnungszeiten – grundsätzlich sind diese von Montag bis Freitag, doch bei Ereignissen wie etwa dem Linz Marathon öffnen sie auch am Wochenende – als auch bei der Mitarbeiterführung: Abenddienste werden mit 50 Prozent Stundenzuschlag honoriert. „Wir möchten damit das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter:innen steigern und uns als attraktiver Arbeitgeber positionieren, der die Bedürfnisse der modernen Arbeitswelt versteht und darauf eingeht.“
#Gedankensprung
mit Christina Jahn und Stefanie Bogensperger, Gastgeberinnen bei „kulinario eat.enjoy.explore“
Ich bin gerne Gastgeberin, weil_
Stefanie: mich Menschen faszinieren.
Christina: es mir Freude bereitet, anderen eine Freude zu bereiten.
Was die wenigsten Gäste über Gastgeber wissen_
Christina: Dass in der Gastronomie grundsätzlich mal ohne Planung und gute Vorbereitung gar nichts geht.
Wenn ich selbst Gast bei uns wäre, würde ich_
Stefanie: immer wieder die Holy Jesus Bowl essen.
Inspirieren lasse ich mich von_
Stefanie: meinen Laufstrecken am Wochenende. Und von Social Media.
Christina: den Rückmeldungen der Gäste und auch von den Mitarbeiter:innen, die immer gute Ideen einbringen.
Diese Gästebewertung möchten wir 2024 über uns lesen_
Stefanie: The place to be in the evening.
Christina: Dass es sehr schwer ist, innerhalb einer Woche einen Tisch bei uns abends zu reservieren.
#3„Wir wollen den Gästen stets eine Wahl bieten“
Bei Constantin von Deines muss es wohl tatsächlich ein Gen sein, das dafür sorgte, dass er immer schon gern Gäste bewirtete. Zunächst bei sich zuhause; seit 2018 empfängt er leidenschaftlich gern Gäste in den Fünf-Sterne-Hotels von Falkensteiner. Bei seiner Frau, Julia von Deines, die das Falkensteiner Schlosshotel Velden, gemeinsam mit Thomas Haslauer managt, hat sich die Liebe zum Gastgeben erst später während ihrer Ausbildung entwickelt: „Das unmittelbare Feedback für die eigene Arbeit zu bekommen, hatte mich angespornt, mehr und mehr die Gäste zu überraschen und damit auch stetig besseres Feedback zu bekommen.“ Daraus habe sich schließlich eine Leidenschaft entwickelt.
Was Teamführung mit Gästezufriedenheit zu tun hat
An der Hotelbranche liebe sie die Vielseitigkeit, das täglich Unerwartete, das Arbeiten mit und für Menschen, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und die Möglichkeit, überall auf der Welt arbeiten zu können. Auch Constantin ist ganz offensichtlich in der richtigen Branche gelandet: „Die Karriereaufstiegsmöglichkeiten sind außergewöhnlich gut und ich mag es, von internationalen Gästen und internationalen Teams umgeben zu sein.“ Hier kommt es aber auch besonders auf eine gute Mitarbeiterführung an. „Mitarbeiter:innen sind oft das Spiegelbild des Top Managements und ich finde, man spürt in einem Hotel sehr schnell, wie die einzelnen Teams geführt werden. Man merkt schnell, ob die Mitarbeiter:innen Spaß an ihrer Arbeit haben, Aufgaben lösungsorientiert und kreativ angegangen werden und das Team genug Freiraum für Entscheidungen hat.“, sagt Julia.
Damit das gemeinsame Führen als Paar gelingt, sei es wichtig, zu den meisten Dingen die gleiche Einstellung zu haben. „Und falls nicht, dass man sich vor einer Antwort kurz dazu abstimmt, damit man nach außen das Gleiche kommuniziert“, erklärt Julia und Constantin ergänzt: „Im besten Fall hat jeder seinen fachlichen Schwerpunkt und kann sich dazu auf Augenhöhe jederzeit mit dem anderen austauschen, weil man Vertrauen in die Entscheidungskompetenz des anderen hat. Beide müssen das gleiche Ziel verfolgen und gemeinsame Werte vertreten.“
Zukunftsaussichten
Worin sich die beiden definitiv einig sind: „Wir wollen den Gästen stets eine Wahl bieten.“ Denn in der heutigen Zeit sei es wichtig, in der gehobenen Hotellerie auf individuelle Gästebedürfnisse eingehen zu können. „Das ist Luxus und hat sehr viel mit der menschlichen Ressource zu tun.“ Soll heißen, sie bieten vieles an, versuchen aber, die Wahl für den Gast möglichst einfach und intuitiv zu machen und Abläufe immer wieder kritisch zu hinterfragen.. Wohin die Reise der Hotellerie führt? „Wenn wir das wüssten“, antwortet Constantin und schmunzelt. „Wir müssen uns auf alle Fälle immer wieder darauf besinnen, wofür wir eigentlich da sind: echte Urlaubserlebnisse zu kreieren und Gäste zu wiederkehrenden Freund:innen des Hauses zu machen.“ Herausforderungen der Zukunft (und auch schon jetzt) seien eine kontroverse und stetige Auseinandersetzung mit neuen Technologien sowie eine ständige Weiterentwicklung der persönlichen DNA. „Oder, wie im Falle von Falkensteiner, an unseren Südtiroler Wurzeln festzuhalten und gleichzeitig innovativ und mutig zu sein.“_
#Gedankensprung
mit Julia von Deines, Hotelmanagerin, Falkensteiner Schlosshotel Velden am Wörthersee und Constantin von Deines, Managing Director of Operations, Falkensteiner Hotels & Residences
Ich bin gerne Gastgeberin, weil …
Julia: … ich es liebe, Gäste zu „Wiederholungstätern“ werden zu lassen.
Constantin: …ich es liebe, mit einem starken Team zusammen Gäste zu begeistern und zu überraschen.
Was die wenigsten Gäste über Gastgeber wissen …
Julia: …, dass wir über kein Psychologiestudium verfügen und unsere Gäste wirklich glücklich stimmen wollen ;-).
Ein Mythos aus der Hotelbranche, den wir richtigstellen wollen_
Constantin: Wenn wir ausgebucht sind, sind wir wirklich ausgebucht.
Inspirieren lasse ich mich von …
Julia: … anderen Branchen.
Constantin: … sehr vielem – man muss die Dinge nur sehen!
Diese Gästebewertung möchten wir 2024 über uns lesen_
Julia: In unseren Augen das romantischste Hotel Österreichs, in dem sehr persönlich und individuell auf uns eingegangen worden ist. Aber eines werden wir nie vergessen – wie unser persönlicher Feiertag im Detail geplant worden ist und wie wir überrascht worden sind von einer sehr persönlichen Geste des Hauses. Wir werden bald wiederkommen und jedem davon vorschwärmen. DANKE dem gesamten Team!
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