Als Unternehmen digital sichtbar sein, so lautet das Gebot der Stunde. Auf welche „Scheinwerfer“ darf man für dieses Rampenlicht nicht verzichten?
Andi Schwantner: Anzeigen und AD-Kampagnen wecken bei Menschen immer weniger Neugierde. Warum? Weil jeder von uns in den letzten Jahren eine persönliche Firewall im Kopf entwickelt hat, die alles, was nach Werbung aussieht, abblockt. Menschen orientieren sich an Geschichten von Menschen, dieser Wunsch nach echt und menschlich nimmt in Zeiten von KI und Digitalisierung exponentiell zu. Oberstes Gebot: Gemeinsam mit Führungskräften und Mitarbeitenden digital sichtbar auf LinkedIn sein. Persönliche Storys, nicht zu verwechseln mit privaten, stärken Arbeitgebermarke sowie Image und bleiben bei Kund:innen und Mitarbeitenden von heute und morgen in Erinnerung. Die Scheinwerfer lauten: Aufmerksamkeit und Vertrauen durch persönlichen Content von Mitarbeitenden.
Wie viele Stunden verbringst du im Schnitt pro Woche auf LinkedIn?
Andi Schwantner: Manchmal 20 Minuten pro Tag, manchmal zwei Stunden. Wichtig sind individuelle Routinen, um LinkedIn effektiv und effizient in den Job einzubinden. Das klappt nicht über Nacht. Es braucht Übung, Strategie, Kontinuität, Langfristigkeit und Schulungen. Wie bei einem Bergmarathon: Niemand läuft diesen ohne Vorbereitung, ohne Kenntnisse über das Gelände, ohne richtige Ausrüstung und schon gar nicht ohne Unterstützung. Das ist Scheitern mit Ansage beim ersten Anstieg.
Die Plattform LinkedIn bezeichnest du als Spiegelbild des echten Geschäftslebens. Wie ist das zu verstehen?
Andi Schwantner: Sie ist die perfekte Ergänzung zum Auf- und Ausbau von Netzwerken. Kein Ersatz. Austausch, professionelles Auftreten, Pflege von Kontakten und der sprichwörtliche Mehrwert sind Erfolgsfaktoren auf LinkedIn und im echten Business. Mit Stand Jänner sind 2,3 Millionen Nutzer:innen in Österreich registriert, im DACH-Raum 23 Millionen und weltweit eine Milliarde. LinkedIn ist das größte soziale Businessnetzwerk der Welt. Dieses professionell zu nutzen, zählt zur Kernkompetenz zeitgemäßer Führungskräfte und Unternehmen.
Inwiefern erfinden diese digitalen Vertriebs- und Kommunikationskanäle das Rad ein Stück weit neu?
Andi Schwantner: Weil nicht mehr das Unternehmen allein oder eine Person in der digitalen Öffentlichkeit steht, sondern viele Führungskräfte und Mitarbeitende mit ihren individuellen Profilen. Und diese besitzen in puncto Vertrauen und Glaubwürdigkeit für Werte und Botschaften eine viel höhere Relevanz. Die gute alte Mundpropaganda ist auch in der digitalen Umwelt der Schlüssel für Unternehmen, wenn es um neue Mitarbeitende, neue Kund:innen und Image geht. Social Selling steht über nervender Kaltakquise. Relevante Reichweite zählt. Das verlangt ein bisschen mehr Kreativität als Zugänge, die vor fünfzehn Jahren in Marketing, Kommunikation und PR ihre Gültigkeit hatten. Und leider nach wie vor in Unternehmen Status quo sind.
Neues Jahr, neuer Algorithmus. Ist es manchmal mühsam, bei all der Veränderung und den Mythen um sie herum den Durchblick zu behalten?
Andi Schwantner: Die Basics verstehen ist gut, sich sklavisch zu unterwerfen nicht. Es heißt: Für Menschen schreiben, nicht für die Algorithmen. Sich dennoch regelmäßig informieren, gehört dazu.
Wer schweigt, verliert. Welche Rolle spielt Storytelling im Business für mehr Erfolg?
Andi Schwantner: Eine entscheidende. Wer gute Geschichten erzählen kann, bleibt in Erinnerung und ist der Konkurrenz um viele Schritte voraus. Dessen waren sich bereits die Philosophen im antiken Griechenland bewusst und das ist schon über 2.000 Jahre her.
„Wir haben aber keine gute Geschichte zu erzählen.“ Was entgegnest du diesem Irrglauben?
Andi Schwantner: Jedes Unternehmen, jede Führungskraft kann Geschichten aus dem Berufsalltag erzählen. Manchmal sehen wir vor Betriebsblindheit die guten Storys nicht mehr. Der Fokus liegt zu sehr am Produkt, auf dem Was. Gute Geschichten konzentrieren sich auf das Warum, auf den Antrieb der Menschen, ihre Leidenschaft und ihre Werte. Ein Blick von außen ist Gold wert.
Trotz all deiner digitalen Expertise stehst du dafür, diese mit der analogen und persönlichen Ebene zu verbinden. Aus welchem Grund?
Andi Schwantner: Im B2B sind echte Treffen, echte Beziehungen unersetzbar. Bis es zu einem Abschluss kommt, dauert es länger, als mit einem Klick Socken um drei Euro zu kaufen. Vom ersten echten Gespräch bis zum nächsten vergeht Zeit. Zeit, in der ich meinen Erstkontakt mit digitaler Sichtbarkeit pflege und zeige, welche Lösungen ich liefere – ich bin nah- und greifbar.
Haben Unternehmen, die eine digitale B2B-Strategie verweigern, überhaupt noch eine Zukunft?
Andi Schwantner: Wer als Unternehmen gemeinsam mit seinen Führungskräften und Mitarbeitenden in der digitalen Öffentlichkeit nicht gut auffindbar ist, wird gegenüber seiner Konkurrenz den Kürzeren ziehen. Ohne digitale B2B-Strategie keine erfolgreiche Zukunft.
Welchen Tipp gibst du allen mit an die Hand, die jetzt den Sprung ins kalte Wasser wagen wollen?
Andi Schwantner: Informieren, Neues ausprobieren, sich schulen lassen, lernen, adaptieren, Ziele bewusst machen, eine Strategie dafür entwickeln und sich klar sein: Die digitale Kommunikation für Unternehmen ändert sich nicht, sie hat sich bereits verändert._