Die Schönheit liegt oft im Einfachen

In der Wohnbranche findet ein Aufbruch statt, der sich weniger in Neubauten auf der grünen Wiese zeigt als in einer smarten Nachnutzung von Altbeständen und dem Schaffen neuer Lebensräume, die Wohnen, Leben und Arbeiten ganzheitlich unter einen Hut bringen. Im Gespräch mit Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner über den neuen Wohnbau in Oberösterreich.

Herr Haimbuchner, Sie sind seit dem Jahr 2009 oberösterreichischer Wohnbaulandesrat. An welchen besonderen Schwerpunkten haben Sie gearbeitet?

Manfred HaimbuchnerWir haben viel an der Wohnqualität verbessert. So ist unsere Sanierungsrate sehr hoch, allein im Jahr 2021 waren es über 7.500 Wohnungen. Dies steht auch weiterhin auf der Agenda. In den kommenden Jahren wird der Bereich Abbruch/Neubau zum besonderen Schwerpunkt werden. Es ist viel an Bausubstanz in Oberösterreich vorhanden, die man für Wohnzwecke nutzen könnte – Firmenareale zum Beispiel. Mein Herz hängt auch am Erhalt von landwirtschaftlichen Objekten – man denke nur an die Vierkanthöfe, die Teil unserer regionalen Kultur sind.

Was macht das Neunutzen von Firmengebäuden oder anderen Flächen so interessant?

Manfred HaimbuchnerIch sehe es ganz pragmatisch: Wir haben hohe Grundstückspreise auf der einen Seite und auf der anderen eine Bausubstanz, die schon erschlossen ist. Wasserversorgung, Straßen, Strom – die Infrastruktur ist schon da. Diese gehört weitergenutzt. Auf diese Weise entstehen sehr attraktive Viertel, man denke nur an die Grüne Mitte in Linz. Auch in Linz-Wegscheid entsteht gerade eine neue Wohnanlage, besser gesagt ein Stadtteil – mit der Inklusion von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Beschäftigungsmöglichkeiten und der Begrünung und Attraktivierung des ganzen Areals.

Das heißt, man sieht den Wohnbau nicht mehr als reines Beschaffungswerkzeug von neuen Wohneinheiten, sondern denkt umfassender?

Manfred HaimbuchnerAbsolut. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte das Beseitigen der Wohnungsnot die oberste Priorität, dies begann sich im Lauf der Zeit zu wandeln. Heute geht es um die Frage, wie Wohnen und Leben ganzheitlicher gedacht werden können. Wir haben die Klimaveränderung, unser Boden wird immer knapper. Jetzt benötigt es mehrere Mosaiksteine, wie die Sanierung, Verdichtung und Nachverdichtung der Gemeinden – auch am Land. Diese Entwicklung werden wir mit genügend Fördermitteln unterstützen.

Es ist eine Tatsache, dass die Ästhetik von Räumen, Gebäuden und Flächen die Lebensqualität wie auch das Wohlbefinden der Menschen erhöht. Wie wichtig ist Ihnen eine gut gestaltete Architektur?

Manfred HaimbuchnerÄsthetik ist mir persönlich sehr wichtig. Es ist oft ein Scheinargument, dass gute Gestaltung zu teuer ist, denn einen Kostendruck gibt es in jedem Bereich. Fassaden etwa lassen sich auch ohne großen Aufwand interessanter gestalten. Architekt Professor Franz Riepl hat einmal gesagt, dass die Schönheit im Einfachen liege. Dem stimme ich zu.

Das Klima wird heißer. Welche Ansätze verfolgen Sie, um Lebensräume angenehmer und stressfreier zu gestalten?

Manfred HaimbuchnerWir blicken gerade hinaus auf die Promenade, auf die schönen hohen Bäume. Was glauben Sie, welchen Kühleffekt diese haben! Wir brauchen hier nicht gleich von großer Technik sprechen. Bäume und Grünflächen wirken doppelt fürs Klima – sie kühlen, liefern Schatten und verbessern das Klima unter den Menschen. Ob im Stadtzentrum oder in der Wohnanlage.

Bäume und Grünflächen sind allerdings noch dünn gesät. Welche Schritte gehören hier schnellstmöglich gesetzt?

Manfred HaimbuchnerEs gibt gute Möglichkeiten, dies zu ändern. Etwa, indem wir verantwortlicher mit der Bodenfläche umgehen und bei unseren Gebäuden mehr „in die Höhe statt in die Breite zu bauen“. Dann gewinnt das Grüne mehr Platz. Wichtig ist es auch, von anderen Ländern oder Kommunen zu lernen. Die spanische Stadt Valencia zum Beispiel ist DIE europäische Vorzeigestadt im Bereich Grünraum und Nachverdichtung. Dort habe ich mir viele gute Ideen mitnehmen können.

Ein lebenswertes Umfeld abseits der eigenen Wohnung ist sicher der Schlüssel zu einer hohen Lebenszufriedenheit. Wie sollte das Wohnen Ihrer Meinung nach weitergedacht werden?

Manfred HaimbuchnerEtwa, indem ich das ganze Areal als Lebensraum mitdenke, anstatt Ghettos zu schaffen. Hier ein „Schlafbunker“, dort ein Bürobunker, dazwischen nichts. Das ist nicht wünschenswert. Eine gute Durchmischung von unterschiedlichen Menschen, von jung bis alt, wie auch von nötigen Angeboten fördert den Zusammenhalt und das Verständnis füreinander. In dem Zusammenhang freut mich, dass es immer mehr Bürgerbeteiligungsprojekte gibt, in welchen die Bewohner:innen ihr Umfeld selbst mitgestalten können.

Die Mischung schafft auch Synergien. Man denke nur an Nachbarschaftshilfe.

Manfred HaimbuchnerJa, genau. Ältere Menschen können auf ihre Nachbarskinder aufpassen, jüngere Menschen helfen den älteren. So wie es früher in der Großfamilie war. Ich bin kein Utopist, doch für mich könnte die „größere Familie“ auch einen ganzen Stadtteil umfassen, oder ein Wohnprojekt – wo die Menschen wieder mehr aufeinander schauen._

Die ‚Großfamilie‘ könnte auch der eigene Wohnblock und seine Bewohner:innen sein.

Manfred Haimbuchner Wohnbaulandesrat Oberösterreich

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