Betongold mal anders
Amtierender Weltmeister, drei Europameistertitel in verschiedenen Wettbewerben. Nein, die Rede ist nicht von den goldenen Zeiten des österreichischen Wintersports. Sondern von der Goldmedaille im Betonbau für Leyrer + Graf.
Das Traditionsunternehmen mit Firmensitz im niederösterreichischen
Gmünd sicherte sich den ersten Platz bei den „WorldSkills 2022“.
„Eigentlich haben wir uns im Vorfeld gar nicht so viele Gedanken gemacht und wollten uns einfach überraschen lassen. Letztendlich hat man keine Vorstellung davon, wie es dann wirklich ist.“ Jonas Schulner und Oliver Waily blicken entspannt auf die Strapazen der „WorldSkills 2022“ zurück. Für die beiden jungen Männer, die ihre Lehre bei Leyrer + Graf als Hoch- und Betonbauer absolviert haben, galt es bei diesem Bewerb, unterschiedliche Herausforderungen zu meistern – unter anderem musste in die Oberfläche eines Mauerstücks ein Yin-Yang-Symbol eingearbeitet werden. „Ab dem Zeitpunkt, als wir zu arbeiten begonnen haben, hatten wir einen Tunnelblick.
Was ihnen durch den Kopf gegangen ist, als ihnen die Goldmedaille sicher war? „Eigentlich haben wir das alles gar nicht wirklich realisiert. Also schon, dass wir Weltmeister geworden sind, aber nach so einer langen und intensiven Vorbereitungszeit konnten wir es noch nicht wahrhaben. Dann hat es drei, vier Tage gedauert, bis sich Erleichterung und Stolz eingestellt haben.“ Stolz ist auch CEO Stefan Graf auf seine beiden Nachwuchstalente. Im Interview spricht er darüber, worauf es bei der Vorbereitung ankommt, wie das Unternehmen seine Lehrlinge unterstützt und welche Bedeutung das Handwerk für ihn und sein Team hat.
Weltmeister 2022 im Betonbau, herzlichen Glückwunsch! Gießen Sie schon wieder Beton oder doch noch prickelnde Getränke aus?
Stefan Graf: Vielen Dank, wir sind nach wie vor sehr stolz auf unsere beiden Weltmeister. Der Bewerb hat Ende letzten Jahres stattgefunden und in der Zeit danach herrschte für die beiden aufgrund zahlreicher Empfänge und Ehrungen ein Ausnahmezustand. Somit hat sich deren Erholungsphase nach ihrem Sieg in Grenzen gehalten, doch man wird auch nur einmal im Rahmen der WorldSkills Weltmeister und das gehört gebührend gefeiert.
Wie bereitet man sich auf so eine Wettbewerbssituation vor, um die Nerven zu bewahren und die Leistung abzurufen, die man trainiert hat?
Stefan Graf: Da ist es wohl die Kunst, ein Gleichgewicht zu schaffen – zwischen der Anspannung, die so eine Wettkampfsituation mit sich bringt, und der nötigen Ruhe und Gelassenheit, die für die Präzision unerlässlich ist. Die beiden haben enorme Nervenstärke bewiesen und sich mit Mut, Ausdauer und Konsequenz an die Spitze gearbeitet. Nichtsdestotrotz ging mit der Teilnahme eine sehr intensive Vorbereitungszeit einher. Allen Teilnehmer:innen der Berufsmeisterschaften werden Expert:innen für den jeweiligen Beruf zur Seite gestellt, die bei der Vorbereitung unterstützen, in fachlicher Hinsicht beraten und auf die Herausforderungen im Wettkampf vorbereiten. Zusätzlich wurden die Burschen auch von unseren internen Trainern geschult und sie haben selbst viel geübt. Neben den fachlichen Trainings gab es auch Mentalcoachings und Teambuilding-Aktivitäten, um sowohl physisch als auch psychisch auf den Wettkampf vorbereitet zu sein. Alles in allem ist so ein Bewerb weder davor noch währenddessen ein Spaziergang.
Am Bau kann man sich
über das Schaffen
mit den eigenen Händen
über Jahrzehnte erfreuen.
Stefan Graf
CEO, Leyrer + Graf
Sie konnten sich gegen mehr als 1.000 Teilnehmer:innen aus 56 Ländern durchsetzen. Welche drei Zutaten dürfen in Ihrem Erfolgsrezept nicht fehlen?
Stefan Graf: Fachliches Talent, eine gehörige Portion Ehrgeiz und innere Stärke. Ich bin allerdings der Meinung: Alles, was man gerne macht, macht man auch gut. Und gepaart mit einer leistungsorientierten Haltung kann man wirklich Großartiges schaffen, wie Oliver und Jonas bewiesen haben.
Wie gelingt es Ihnen, erfolgreich auf nachkommende Generationen zu bauen?
Stefan Graf: Wir investieren viel Zeit und Energie, die besten Lehrlinge zu gewinnen, sie auf einem hohen Niveau auszubilden und sie natürlich auch im Unternehmen zu halten. Die Lehrausbildung hat bei uns seit jeher einen hohen Stellenwert und dementsprechend hoch ist daher auch die Qualität, denn wir sind uns unserer sozialen Verantwortung als Ausbildungsstätte für die Jugend sehr bewusst. Wir möchten unsere Lehrlinge fördern, aber nicht überfordern und ihnen eine Schule für das Leben bieten.
Erlebt der Bau durch solche Erfolge zunehmende Beliebtheit?
Stefan Graf: Durchaus, wobei eine Ausbildung am Bau generell unglaublich viele Chancen und Möglichkeiten der Entwicklung bietet, auch auf persönlicher Ebene. Nur am Bau kann man sich wirklich über das Schaffen mit den eigenen Händen über Jahrzehnte erfreuen.
Viele, die große Titel gewinnen, leiden im Anschluss an mangelndem Erfolgshunger. Was macht „Appetit“ auf die Zukunft?
Stefan Graf: Dass ihnen alle Wege offenstehen und wir junge Fachkräfte sowohl bei ihrer fachlichen als auch persönlichen Weiterbildung und Weiterentwicklung unterstützen. Lehrlinge motivieren wir, nach der Lehrabschlussprüfung ihren Weg mit der Werkmeisterschule fortzusetzen. Wer möchte, kann sich in weiterer Folge dann „on-the-job“ oder mit zusätzlichen Ausbildungsmöglichkeiten zum Bauleiter oder zur Bauleiterin weiterentwickeln.
Gehen viele Fachkräfte diesen Weg?
Stefan Graf: In unserer Unternehmensgruppe gibt es zahlreiche Beispiele. Natürlich haben nicht alle den erforderlichen Ehrgeiz, auf der Karriereleiter voranzukommen. Aber es gilt gezielt jene zu fördern, die engagiert und zielstrebig sind und nach dem gewissen „Mehr“ streben. Dabei dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass der Fachkräftestand ein gewichtiger Faktor für unseren Erfolg ist. Denn würden wir uns nur auf Nachwuchs-Führungskräfte konzentrieren, könnten wir so nicht weiterbestehen. Es geht darum, die Talente jedes und jeder Einzelnen am richtigen Platz – egal in welcher hierarchischen Ebene dieser ist – zu beschäftigen. Dann bringt es langfristigen und nachhaltigen Erfolg für beide Seiten.
Ihr Unternehmenssitz liegt im Waldviertel, in Gmünd. Ist die geografische Lage ein Nachteil?
Stefan Graf: Historisch bedingt ist unsere Unternehmenszentrale in Gmünd und hier sind auch unsere Wurzeln, doch wir sind im gesamten Osten von Österreich mit 18 Standorten regional vertreten. Die Hälfte unserer Bauleistung erbringen wir bereits in den Ballungszentren.
Die Rufe nach Arbeitszeitverkürzungen werden trotz Fachkräftemangel lauter. Lässt sich das mit Ihrem „Weltmeister-Mindset“ vereinbaren?
Stefan Graf: Ich kann die Diskussion über eine Arbeitszeitverkürzung nicht nachvollziehen und halte davon auch nichts, denn wenn wir in einer Zeit des Arbeitskräftemangels und der Höchstinflation seit Jahrzehnten weniger arbeiten, dann kann sich die Situation nur verschärfen. Das führt zu weniger Wertschöpfung und zu einer Angebotsverknappung. Wenn wir weniger Angebot haben, dann steigt die Inflation. Weniger Arbeit bedeutet auch weniger Wohlstand. Die Botschaft muss daher lauten, dass Arbeit zum Leben gehört – natürlich im richtigen Gleichgewicht – und wir stolz darauf sein sollten, was wir schaffen beziehungsweise geschaffen haben._
Jonas und ich sind
grundverschieden, genau
das hat es gebraucht.
Oliver Waily
Hoch- und Betonbauer, Leyrer + Graf
Ab dem Zeitpunkt, als wir
zu arbeiten begonnen haben,
hatten wir einen Tunnelblick.
Jonas Schulner
Hoch- und Betonbauer, Leyrer + Graf
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