Polen - Chancen auf EU-Fördergelder
Polen ist der größte Fördermittelempfänger der EU: Bis 2020 gibt es mehr als 100 Milliarden Euro. Daher werde es in nächster Zeit noch mehrere Auftragsvergaben geben, von denen auch österreichische Firmen profitieren können, weiß Karl Schmidt, Österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Warschau.
Schmidt war bereits während der schwierigen Zeit des Kriegsrechts in Polen tätig und kehrte mehr als 30 Jahre später, 2014, zurück: „Polen ist ein anderes Land geworden, hat beeindruckend aufgeholt.“ Bei der Wohnungssuche etwa sei das Angebot besser als in Wien und Holland gewesen. Shoppingcenter, die vielfach durch österreichische Projektentwickler entstanden sind, seien gut mit jenen in Österreich vergleichbar. Die oft noch herrschende Vorstellung von einer rückständigen Infrastruktur und Wirtschaft ist laut Schmidt überholt: „Delegationen aus OÖ sind immer angenehm berührt, wenn sie sehen wie gut hier alles funktioniert. Man kann sich mit Politikern und Unternehmern auf Augenhöhe unterhalten.“ Von Berichten über Sitzstreiks im Parlament oder Medienzensur dürfe man sich nicht verunsichern lassen.
Polen habe sich zu einem „Musterschüler in der EU entwickelt“. Die Bürokratie sei nicht schlimmer als in Österreich, die Korruption viel weniger als in den Nachbarländern. „Beim Thema Korruption sind die Leute immer wieder überrascht“, so Schmidt und erzählt ein Beispiel: Ein Immobilienentwickler wurde nach schwierigen Verhandlungen wegen Grundstücksumwidmungen vom Warschauer Vizebürgermeister eingeladen. Der Geschäftsmann war es gewohnt, dass sich bei einer Einladung jemand etwas erwartet. Umso überraschter war er, als der Vizebürgermeister ihm nur ein weiteres Grundstück anbot. Bei der Infrastruktur sei bereits viel verbessert worden und es werde noch viel mit den EU-Fördergeldern passieren. Mittelfristig wird ein Arbeitskräftemangel befürchtet, entscheidend dafür sei die zukünftige Lohnentwicklung. Firmen könnten aktuell auf eine sehr gut ausgebildete Managergeneration zurückgreifen. Die Polen unterscheiden sich bei der Mentalität kaum von den Österreichern, hätten aus historischen Gründen eine Zuneigung zu Österreich. Dies könnten Unternehmer etwa nutzen, indem sie polnischen Geschäftspartner während ihres Österreichurlaubes die Firma zeigen. In Polen sprechen mehr Leute Englisch als in Österreich.
Rund 600 Niederlassungen von heimischen Firmen gibt es in Polen, darunter ist auch die Greiner Gruppe stark vertreten. Vorstandsvorsitzender Axel Kühner bezeichnet Polen als „sehr wichtigen und ein bisschen weiter entwickelten Markt als Rumänien“. Greiner hat den Fokus deutlich stärker auf den Osten Europas als auf den Westen gelenkt. Kühner ist darüber „nicht unglücklich“: „Westeuropa ist ein extrem umkämpfter Markt mit relativ geringen Margen, in Osteuropa ist das Wachstum noch viel stärker.“ Den Osten hätten viele Firmen aus Risikogründen lange gemieden.
Wussten Sie eigentlich, dass ...
... Polen der größte Möbelproduzent Europas ist?
... der Anteil ausländischer Firmen, die in Polen eine öffentliche Ausschreibung gewinnen, höher ist als in Österreich?
Spanien - Spitzenwert beim Wirtschaftswachstum
Mit 3,2 Prozent ist Spaniens Wirtschaft 2016 kräftig gewachsen. Nach schwierigen Jahren hat Spanien im Vergleich zu anderen Ländern eine schnelle Trendwende geschafft und ist auf einem positiven Weg. Das Land etabliert sich auch immer mehr als Brücke Richtung Lateinamerika und Nordafrika, so Michael Spalek, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Madrid.
200 österreichische Firmen sind bereits mit Niederlassungen in Spanien vertreten, Rosenbauer ist eine davon. Der Feuerwehrausstatter ist seit den 60er-Jahren mit einer Vertriebsgesellschaft vertreten. Zusätzlich fertigt Rosenbauer in der Provinz Andalusien in dem 50-%-Joint-Venture mit 90 Mitarbeitern. „Nach der Finanzkrise 2008 ist das Geschäft in Spanien fast komplett eingebrochen, seit etwa zwei Jahren gibt es wieder eine Verbesserung“, sagt Firmensprecherin Gerda Königstorfer, dass Rosenbauer der allgemeinen Konjunktur immer nachhinken würde. Es dauere, bis wieder Investitionen der öffentlichen Haushalte ausgeschrieben und vergeben werden. Laut Spalek ist die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit von knapp unter 20 Prozent deutlich spürbar. Die Arbeitsmarktreformen haben zu Lohnkürzungen und Personalabbau geführt. Die jungen Leute müssen sparen, Akademiker beginnen mit einem Gehalt von 1.200 Euro. „Damit kommt man nicht wirklich über die Runden, viele jungen Leute leben lange bei den Eltern.“ Großen Handlungsbedarf gibt es für die neue Regierung auch noch beim Budgetdefizit, realistischerweise werde man laut Spalek vor 2018 nicht unter drei Prozent kommen. Die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens hätten laut ihm keine wirtschaftlichen Auswirkungen.
Wenn sich eine Firma in Spanien niederlassen möchte, solle sie sich den Standort genau überlegen. In den unterschiedlichen Regionen gibt es unterschiedliche Unterstützungen und sind verschiedene Branchen verstärkt vertreten. Als Tor für den spanischen Markt nennt Spalek Katalonien, ein lokaler Partner könne beim Einstieg helfen. Die Bürokratie sei relativ hoch. Man müsse sich auf Land und Leute einstellen: Spanier machen keine großen Anstrengungen um Fremdsprachen zu lernen, viele sprechen nur Spanisch. Es brauche „einen freundschaftlichen Kontakt“ zu seinen Geschäftspartnern, lange Geschäftsessen seien beliebt. Fußball ist Tagesgespräch, Chefs von großen Konzernen haben Verbindungen zu den großen Fußballclubs und in den VIP-Loungen werden auch Geschäfte gemacht. „Die Arbeitszeiten sind dem Klima angepasst“, nennt Königstorfer einen großen Unterschied zu Österreich. Vor 14 Uhr geht laut Spalek niemand Mittagessen und am Abend sperren die Lokale meist nicht vor 21 Uhr auf.
Spalek sieht zukünftig gute Chancen für Firmen bei den erneuerbaren Energien, im medizinischen Sektor oder im Automobilbereich. Der Tourismus wächst kräftig, 2016 gab es eine Rekordzahl von über 70 Millionen ausländischen Touristen, die gesamte Infrastruktur sei aber noch aus den 70er-Jahren: „Da gibt es einen enormen Nachholbedarf bei Renovierung und Neubau.“ Außerdem seien bei fast allen großen Infrastrukturprojekten weltweit große spanische Firmen beteiligt und heimische Firmen könnten über diesen Weg „einen Fuß hinein bekommen“. Spanien habe so gut wie keine Ressourcen an Erdöl oder Erdgas und sei daher stark auf erneuerbare Energien angewiesen.
Wussten Sie eigentlich, dass ...
... die spanische Volkswirtschaft die viertgrößte der Euro-Zone ist?
... Spanien der zweitgrößte Automobilproduzent in Europa ist? Heuer soll die drei Millionen-Marke bei den produzierten Fahrzeugen erreicht werden.
Frankreich - Innovative Großunternehmen
Terrorattentate, Streiks, strenge Arbeitsrechtsbestimmungen – diese drei Punkte dominieren die aktuelle Berichterstattung über Frankreich. „Die wahren, interessanten Seiten über das innovative, starke Frankreich gehen daneben leider unter“, ärgert sich Christian Schierer, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Paris. Er lebt mit seiner Familie mit drei kleinen Kindern in Paris, sie fühlen sich alle sehr wohl und sicher.
Jeder spreche vom 16 Flugstunden weit entfernten Silicon Valley in den USA, doch erreiche man in nur 1,5 Flugstunden mit zehn verschiedenen Fluglinien das Silicon Valley Frankreichs, so Schierer. Im Technologie- und Wissenschaftspark „Sophia Antipolis“ an der Côte d’Azur haben sich seit den 70er-Jahren auf einer 2.400 Hektar großen Fläche Start-ups, innovative Unternehmen und Bildungs- und Forschungseinrichtungen angesiedelt. Überhaupt würden sich „die innovativsten Großunternehmen Europas“ in Frankreich befinden, so Schierer und nennt als Beispiele Schneider Electric und Airbus.
„Lasst euch die Trends und wo es zukünftig hingehen wird erklären“, ermuntert Schierer heimische Firmen zum Schritt in den französischen Markt, um neue Geschäftsideen zu entdecken. Besonders gute Chancen gebe es aktuell im Bau- und Infrastrukturbereich, da die dreizehn Regionen autonomer werden möchten und große Projekte planen. Weiters würden sich Geschäftsmöglichkeiten in der Industrie anbieten, speziell im Anlagenbau, in der Elektrotechnik und Mechatronik sowie im Bereich Mobility in der Automobilindustrie und der Luftfahrt, wo immer wieder Zulieferer gesucht werden. Die Franzosen essen gerne und viel – bei den Bioprodukten gibt es jährliche Zuwachsraten von bis zu vierzehn Prozent und die Bevölkerungsgruppe der kaufkräftigen Pensionisten steigt rasant. Die Firmen hätten auch nicht nur die 66 Millionen Einwohner des zweitbevölkerungsreichsten EU-Land als Konsumenten, sondern könnten den gesamten Frankofonie-Markt mit 274 Millionen Menschen erreichen.
Mit rund 4.000 österreichischen Exporteuren in Frankreich sind noch nicht einmal zehn Prozent der gesamten heimischen Exporteure in Frankreich tätig, sieht Schierer noch viel Luft nach oben. Das AußenwirtschaftsCenter Paris zählt 320 österreichische Niederlassungen in Frankreich, davon stammen 54 aus Oberösterreich. Darunter befinden sich so gut wie alle großen Leitbetriebe wie FACC, Rosenbauer, Greiner, KTM, Voest, Engel, Trodat, Silhouette oder Miba. Stark vertreten sind auch BWT und DS Automotion, prominent tätig war bereits die Firma Eckelt Glas mit Sitz in Steyr, von der der Glasboden in 57 Metern Höhe am Eiffelturm stammt.
Doch wie kommt man mit den stolzen Franzosen überhaupt ins Geschäft? „Das Gerücht, dass man nur mit Französisch weiterkommt, stimmt sicher nicht mehr“, erklärt Schierer. Mehr und mehr Franzosen würden vermehrt andere Sprachen sprechen. Als Unterschiede im Vergleich zu Österreich nennt Schierer die Großkonzernstruktur und die stark hierarchische Gliederung. „Man erwartet, dass Entscheidungen vom Chef gefällt werden.“ Die wichtigen Netzwerke entstehen durch die elitären Grandes Ecoles: „Es kann passieren, dass jemand in eine Top-Position kommt, weil er eine gewisse Schule besucht hat.“ Bei Meetings sei das richtige Feeling wichtig und daher viel Zeit notwendig, man komme nicht sofort zu den Tagesordnungspunkten. Das Einlassen auf die Eigenheiten zahle sich aber aus: „Die österreichischen Firmen sagen mir alle, dass es per se kein einfacher Markt ist, aber die Gewinnspanne ist eine wesentlich höhere als in anderen Märkten ist.“
Wussten Sie eigentlich, dass ...
... Frankreich für Österreich der drittwichtigste Wirtschaftspartner in der Europäischen Union und der fünftwichtigste Handelspartner weltweit ist?
... es in Frankreich üblich ist, einen kleinen Essensrest auf dem Teller liegenzulassen?
Rumänien - Wandel vom Billiglohnland zum industrialisierten Land
Bis zu 1.500 österreichische Firmen sind am rumänischen Markt bereits aktiv. Österreichs Wirtschaft ist faktisch größter Investor in Rumänien. Der aktuelle Wandel vom Billiglohnland zum industrialisierten EU-Land bietet laut Gerd Bommer, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Bukarest, neue Chancen.
Möglichkeiten würden sich vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr, Energie, Umwelttechnik und Fremdenverkehr bieten. Beim Abschließen von Geschäften zähle in Rumänien im Gegensatz zu Österreich nicht nur die Sach-, sondern stärker die Beziehungsebene. „Unternehmer müssen unbedingt ins Land kommen und sich persönliche Beziehungen aufbauen und diese pflegen." Mit Englisch komme man im Geschäftsleben gut durch. Die Mentalität unterscheide sich innerhalb des großen Landes teilweise sehr stark, viele Gebiete seien noch sehr ländlich. Bommer lernte die Menschen in seinem ersten halben Jahr in Rumänien als „wahnsinnig offen und freundlich“ kennen. „Man spürt eine grundlegende Dynamik im Land, es macht Spaß hier zu arbeiten.“
Handlungsbedarf habe das Land bei den Themen Plan- und Berechenbarkeit der Rahmenbedingungen und Korruptionsbekämpfung. Letzteres werde sich aber auch erst richtig bereinigen lassen, wenn das Lohnniveau weiter steigt und die Bemühungen der Korruptionsbekämpfung noch stärker greifen. Die Bürokratie würde einige Zeit in Anspruch nehmen, die Infrastruktur werde „permanent weiterentwickelt“. Während der Autobahnausbau langsam, aber gut voranschreite, gestalte sich die Weiterentwicklung der Eisenbahnen als schwierig. Eine weitere Herausforderung für Firmen sind die teilweise fehlenden Arbeitskräfte, es gibt Regionen mit 0,5 Prozent Arbeitslosenquote. Rumänien hat seit 2002 rund zehn Prozent der Bevölkerung verloren, viele verlassen das Land für besser bezahlte Jobs vor allem in romanisch sprachige EU-Länder. Das AußenwirtschaftsCenter werde Firmen daher künftig bei der Arbeitskräfte-Ausbildung unterstützen. Ein duales Ausbildungsprojekt für Schweißer wurde bereits gestartet, weitere Ausbildungen sollen folgen._