Wie tanzt ein Kongress heute?
Oder anders gefragt: Was braucht“s heute, damit eine Business-Veranstaltung nicht zur Steigerung des täglichen Schlafpensums der Teilnehmer führt? Globalisierung, digitale Unternehmenskommunikation und technische Innovationen veränderten die Ansprüche von Veranstaltern und Teilnehmern und führten zur Entwicklung moderner Veranstaltungskonzepte. Thomas Ziegler, Geschäftsführer des Design Centers, und Julia Pfneißl-Mauritz, Geschäftsführerin von Belinked, über technische Erlebnisräume, erfolgreiche Wissensvermittlung und Vernetzung auf Kongressen.
„Der Kongress tanzt, aber er bewegt sich nicht mehr.“ So mancher wird dieses Zitat noch aus dem Geschichtsunterricht kennen. Inmitten von rauschenden Bällen, prächtigen Redouten und zahlreichen anderen Vergnügungen ging vor über 200 Jahren der bedeutendste und bislang längste Kongress ßsterreichs als „tanzender“ Wiener Kongress in die Geschichte ein. Die Wiener ließen sich nicht lumpen und lockten abseits der Verhandlungen mit den Verführungskünsten der Stadt. Und heute? ßsterreich ist beliebtes Ziel von internationalen Gipfeltreffen und diplomatischen Gesprächen und hat in der Tagungswirtschaft die Nase weit vorne. 2017 wurden laut Mira (Meeting Industry Reports Austria) mehr als 21.000 Veranstaltungen mit 1,7 Millionen Teilnehmern verzeichnet, was einem Plus von zwölf Prozent verglichen mit dem Jahr 2016 entspricht. Das dominante Marktsegment der Kongressbranche stellen kleine und mittlere Kongresse mit weniger als 500 Teilnehmern. Zudem fanden 2017 österreichweit 42 Großkongresse mit mehr als 2.000 Teilnehmern statt. Auch im Design Center Linz ist diese Entwicklung deutlich spürbar. Die Gesamtauslastung ist gestiegen, 90 Veranstaltungen mit einer durchschnittlichen Dauer von zwei Tagen fanden 2017 statt. Der Geschäftsführer des Design Centers Thomas Ziegler zu dieser positiven Tendenz: „Die derzeit gute Wirtschaftslage hat zu einem Anstieg an Veranstaltungen und einer höheren Auslastung geführt. Darüber hinaus bewährt sich unsere Strategie, technische Erlebnisräume anstelle von Qua-dratmetern zu verkaufen.“
Trend: Effizienz und (Zeit-)management
Das Ziel eines Kongresses, Wissensvermittlung und Erfahrungsaustausch, ist stets dasselbe geblieben. Es sind die Ansprüche, die sich durch das digitale Zeitalter geändert haben. Alles ist schneller geworden, Informationen können jederzeit online abgerufen werden. Was heutige Kongressteilnehmer von früher unterscheidet, ist auch, dass sie sich vor Kongressbeginn schon im Detail über Inhalte und Teilnehmer informieren können. Dazu wird bei vielen Kongressen eine App zum Download angeboten, die sämtliche Informationen und Inhalte zur Veranstaltung enthält. Der große Vorteil davon: Man kann sich die eine oder andere Präsentation sparen, welche sich schon im Vorfeld als zweckfrei für den Job herausstellt. Julia Pfneißl-Mauritz und Sylvie Stavaric setzten mit der Gründung des neuen Konferenzmodelles Belinked auf Individualität: Durch die persönliche Befragung der Teilnehmer vor einer Veranstaltung aus den Bereichen Marketing & Sales, Human Resources, Finance und IT wird von ihnen ein eigens zugeschnittenes Programm erstellt und gezielt vernetzt. Das führt dazu, dass es an einem Kongresstag mit 100 Teilnehmern auch 100 verschiedene Tagesabläufe gibt. „Eine Belinked-Veranstaltung zeichnet sich durch ein individuelles Programm, vorbuchbare Vier-Augen-Gespräche und Querdenkervorträge aus,“ erklärt Pfneißl-Mauritz.
Trend: Entertainment und Emotionen
Unterhaltung und Erlebnis werden von den Besuchern als Ausgleich zur Informationsflut geschätzt und auch immer mehr vorausgesetzt. „Früher haben wir Räume und Kapazitäten verkauft und haben die Technik hinzugefügt. Jetzt zäumen wir das Pferd andersrum auf und sagen: Wir legen ein ganzheitlich erlebnis-orientiertes Angebot, welches die technische Inszenierung, Equipment und das Content Management umfasst“, so Ziegler. Seine Inspiration: Las Vegas. In den USA fände das Trendsetting im Eventmarketing statt und die dortige Vernetzung verschaffe Vorsprung. Und diesen möchte Ziegler in der Veranstaltungsbranche beibehalten. Aus diesem Grund ist der kaufmännische Direktor des Design Centers und der LIVA (Linzer Veranstaltungsgesellschaft m.b.H.) bei zahlreichen nationalen und internationalen Verbänden aktiv. Der aktuelle Messe- und Kongresstrend lautet: mit allen Sinnen erleben. Emotionen in einem Wohlfühlambiente hervorrufen. Gänsehautfeeling schon beim Betreten der Räumlichkeiten erzeugen. Doch wie gelingt das? „Wenn man einmal im Design Center war, kann man das alleine schon wegen der Architektur nicht mehr vergessen. Und diese wird bei jeder Veranstaltung mitinszeniert. Ich habe ein Expertenteam um mich, vor allem mit Licht wird in unserem Haus viel gearbeitet,“ erklärt Ziegler. 2015 wurde im Design Center für ein Symposium das europaweit größte Kinetic-Lights-Projekt verwirklicht. 246 motorisierte, selbst leuchtende LED-Kugeln wurden an Seilzügen über 246 Tischen montiert, welche in verschiedenen Farben und dreidimensionalen Formen wie Brett, Trichter oder Welle durch den Raum schwebten. „Das war eine technische Höchstleistung!“ freut sich Ziegler. Um noch mehr Stimmung zu erzeugen, arbeite man neben Lichteffekten mit Musik und Gerüchen.
Trend: Modernes Networking
Klar, Kontakte knüpfen und Vernetzung ist Teil jeder Business-Veranstaltung. Auch wenn mancher vielleicht das Wort Networking schon als „Unwort des Jahres“ küren möchte. „Wir haben vor der Gründung von Belinked von vielen Führungskräften gehört: ,Hören Sie mir mit Networking auf, das kann ich nicht mehr hören'“, so Pfneißl-Mauritz. Die beiden Gründerinnen waren sich schnell einig: Sie wollen mit ihrem neuen Konzept weg von reinen Marketingworthülsen, die zwar super klingen, hinter denen aber nichts steckt: „Es geht um Begegnungen, die bereichern. Nicht um Visitenkartenaustausch“. Durch die im Vorfeld aufeinander abgestimmten Tagesabläufe der Teilnehmer können Einzelgespräche eingeplant werden. Dazu kommen Round Tables oder Plenumsvorträge mit Querdenkern. Dass digitale Kommunikation in Form von etwa Cyber-Meetings zu einer ernsthaften Bedrohung der klassischen Konferenz werden könnten, sieht Ziegler entspannt: „Der persönliche, direkte Erfahrungsaustausch auf Veranstaltungen kann und wird nie durch digitale Kommunikation ersetzt werden. Wichtig sind hierfür unterschiedlichen Räumlichkeiten, um individuelle Raumkonzepte zu ermöglichen und eine angenehme Atmosphäre.“ Und nach dem Kongress? „Wir sind in Linz durch eine gute Vernetzung sehr gastorientiert und kümmern uns auch um Unterhaltung und Rahmenprogramme außerhalb des Kongresses“, sagt Ziegler. Linz habe sich in den vergangenen Jahren zu einer erfolgreichen Kongressstadt mit besonderem Flair und kulturellen Möglichkeiten entwickelt. Der Kongress tanzt also auch heute noch. Anders. Und etwas schneller vielleicht._
Links
#ßhnliche Artikel
„Wir inszenieren Erlebniswelten“
Bei der Eröffnung vor 22 Jahren hatte das Design Center wenig Konkurrenz, es gab kaum Veranstaltungszentren mit solch einer großen Nutzfläche. Seither entstand viel Raum für Veranstaltungen und trotzdem schaffte das Design Center im vergangenem Jahr einen Rekord “ die Umsatzgrenze von vier Millionen Euro wurde erstmals durchbrochen. Wie das gelang und welche Branchentrends es aktuell gibt, erzählt Geschäftsführer Thomas Ziegler.
Tagungs(t)räume
Im Bundesländervergleich erzielt Oberösterreich die zweitgrößte Wirtschaftsleistung. Als Tagungs- und Kongressstandort reicht es aber nur für den fünften Platz. Die Service- und Beratungsstelle Convention Bureau Oberösterreich will das ändern – mit Kundenakquise im Ausland und intensiver Betreuung von Veranstaltern.
Ab in die Zukunft!
6,06 Milliarden Euro beträgt die touristische Wertschöpfung in Oberösterreich. Bis 2022 soll die Zahl um fünfzehn Prozent steigen “ so das ambitionierte Ziel der neuen Landes-Tourismusstrategie. Grund genug, den Touristen des Jahres 2022 und seinen Urlaub in Oberösterreich genau unter die Lupe zu nehmen. Eine Reise in die Zukunft “ zum Reisenden der Zukunft.
PR
45 Jahre lang das Mögliche möglich machen
Die Entwicklung des Linzer Flughafens und des Design Centers, die Kulturhauptstadt 2009 und die Internationalisierung der Gäste: Manfred Grubauer hat Oberösterreichs Tourismus über viele Jahre geprägt. Demnächst zieht er sich aus der Wirtschaftskammer zurück “ nicht aber aus seiner Rolle als Netzwerker für die Unternehmen.
Musterschüler Oberösterreich?
In welchen Bereichen ist der oberösterreichische Wirtschaftsstandort Klassenprimus, wo braucht er noch Förderunterricht? Das haben wir Produktionsunternehmen in ganz Oberösterreich gefragt. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Strugl nehmen zu den Kritikpunkten von Unternehmen und Interessensvertretungen Stellung, zeigen Stärken und Schwächen des Standortes auf und argumentieren die Notwendigkeit des potentiellen Standortentwicklungsgesetzes.
Das Ende der Mediaagenturen?
Programmatic Advertising, Content Marketing, Virtual Reality oder Big Data: Alle Werbemacht den Algorithmen? Wohl nicht! Die digitale Welt folgt zwar ihrer eigenen inneren Logik, doch die neuen Trends der Werbebranche werden sich auch in Zukunft nur mithilfe von kreativen Köpfen und ihren Ideen durchsetzen können, sind sich Branchenexperten einig. Um mit der Schnelligkeit der Digitalisierung Schritt halten zu können, müssen die Agenturen auf neue Strategien wie mehr Beratung, neue Geschäftsfelder und weitere massive Investitionen in IT setzen. Sieben Thesen zur Entwicklung von Media- und Werbeagenturen im digitalen Zeitalter und die Statements von denen, die es wissen müssen: die Geschäftsführer Joachim Krügel von Media 1, Tina Kasperer von Allmediabizz, Rainer Reichl von Reichl und Partner
und Klaus Lindinger von Conquest.
„Verkaufen kam nicht in Frage“
Vor rund zweieinhalb Jahren hat Georgia Rohrhofer-Meinhart, die Nichte von Firmengründer Walter Meinhart, die Geschäfte beim österreichischen Marktführer für Kabeln und Leitungen, Meinhart Kabel aus St. Florian, übernommen. Gemeinsam erzählen Onkel und Nichte, warum man immer in Oberösterreich geblieben ist, wie man als studierte Romanistin und Journalistin Geschäftsführerin in der Kabelbranche wird und wie die ßbergabe ablief.
PR
Ausgezeichnet
„It“s up to you!“ Unter diesem Motto hat die Junge Wirtschaft junge erfolgreiche Gründer oder ßbernehmer mit dem Oß. Jungunternehmerpreis 2018 ausgezeichnet. Neun Preisträger in drei Kategorien, die mit neuen Ideen und innovativen Lösungen wichtige Impulse für Oberösterreichs Wirtschaft setzen und zeigen, was mit schöpferischer Kraft sowie unerschütterlichem Willen möglich ist.
Die Chancen der Zukunft
Wie arbeiten wir im Jahr 2030? Zwölf Jahre sind nicht die Welt. Stimmt. Was soll 2030 also schon großartig anders sein als heute? Aber denken wir mal zwölf Jahre zurück. Hätten wir damals gedacht, dass Facebook, Google, Amazon und Co plötzlich die Welt regieren werden? Dass wir unser komplettes Leben auf einem sieben mal vierzehn Zentimeter (mehr oder weniger) großen Ding organisieren und permanent mit uns herumschleppen werden? Gar nicht so unwahrscheinlich also, dass wir 2030 ganz anders leben werden als heute.
44 Unternehmen mit ausgezeichnetem Erfolg
Der Zweite ist immer der erste Verlierer? Falsch. Es kann auch mehrere Gewinner geben. Im Falle von „ßsterreichs Beste Arbeitgeber“, ausgezeichnet vom Forschungs- und Beratungsnetzwerk „Great Place to Work“, sind es heuer sogar 44. Es sind Unternehmen, die sich nicht selbst als solche bezeichnen, sondern denen ihre eigenen Mitarbeiter so ein gutes Zeugnis ausstellen.
Und ab!
Ein Hippie im Geiste, der mit Ende 40 Brillen designt, eine Oberösterreicherin, die das It-Starlet Kim Kardashian und die Oscar-Prominenz mit falschen Wimpern versorgt und zwei junge Architekturstudenten, die einen mit Virtual Reality durch das zukünftige Zuhause führen. Wir haben wieder spannende Start-ups unter die Lupe genommen.
Mehr als nur ein Arbeitsplatz
In Co-Working-Spaces können Jungunternehmer auf vorhandene Infrastruktur zurückgreifen, netzwerken, arbeiten “ und fühlen sich im Gegensatz zum Home-Office beim Kaffeetrinken nicht alleine. Weltweit ist das Konzept auf dem Vormarsch. Aber wie arbeitet es sich eigentlich in solchen Büros? Wir haben den „Workspace“ in Wels getestet “ der eigentlich kein klassischer Co-Working-Space ist.
Abflug!
Die weltweite Anzahl der Flugzeuge wird in den nächsten Jahren stark zunehmen, die zwei großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing wollen ihre jährliche Stückzahl von 1.500 auf bis zu 2.300 erhöhen. Gute Aussichten für den Flugzeugzulieferer FACC mit Sitz in Ried im Innkreis, der zu den 20 größten der Welt gehört und bei allen neuen Flugzeugmodellen vertreten ist. Vorstandschef Robert Machtlinger über die dafür notwendigen Vorbereitungen und warum das Staustehen in Großstädten vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören könnte.
„Ganz zufrieden bin ich nie“
Es waren große Fußstapfen, die er zu füllen hatte. Es waren unangenehme Sachverhalte, die er angehen musste. Und es war (und ist) eine große Verantwortung, die er zu tragen hat. Thomas Stelzer über Herausforderungen in seinem ersten Jahr als oberösterreichischer Landeshauptmann, die gesetzlich verankerte Schuldenbremse, die neu formierte Bundesregierung und die Neustrukturierung der Landesverwaltung.
Nafta-Raum in Gefahr?
USA, Mexiko und Kanada sorgen aktuell aufgrund der Nafta-Neuverhandlungen für Schlagzeilen. Müssen sich heimische Firmen um drei sich bisher sehr gut entwickelnde Exportmärkte Sorgen machen? Eine Spurensuche bei den Wirtschaftsdelegierten und Unternehmen in den Märkten.
Ein Flair von New York in Linz
Von Alkoven über München nach New York und wieder zurück nach Oberösterreich: Rebecca Gallistl hat in ihren jungen Jahren schon viel Gastronomieerfahrung gesammelt. Jetzt ist sie zurück in Linz und vereint all diese Eindrücke in ihrem ersten eigenen Lokal. Wir haben die sympathische Jungunternehmerin eine Woche vor der Eröffnung im Café Antonia besucht.
„Wien mal anders“
„Wien ist anders“, so heißt es. Aber wie anders ist es? Unter diesem Motto begeben
wir uns in die Bundeshauptstadt, um das Getümmel abseits der klassischen Touristenhotspots zu entdecken. Schnee im Sommer, wie
Mozart übernachtet oder die Skyline der Stadt ganz alleine
genießen: Das alles haben wir dort erlebt.
Die eierlegende Wollmilchsau
ßsterreichische Landwirte befinden sich in der schwierigen Lage, hochwertige und zugleich billige Lebensmittel produzieren zu müssen, das Spannungsfeld zwischen hochökologischer und hochökonomischer Produktion zwingt viele junge und kleine Bauern zum Aufgeben. Auch die geringe Wertschätzung in der Gesellschaft beklagen viele. Doch es gibt Hoffnung:
Der gegenwärtige Strukturwandel könnte durch stärkere Bewusstseinsbildung der Konsumenten zumindest gebremst werden.