Wie innovativ muss eigentlich ein Autohändler sein?
Willkommen in der Zukunft: Stefan Reichhart hat mit „The Car Loft“ ein Autohaus im oberösterreichischen Kefermarkt geschaffen, das alles ist, nur kein gewöhnliches Autohaus. Nicht nur im Erscheinungsbild, auch in der Dienstleistung. Ob das der Maßstab für Innovation in der Branche sein könnte?
Hallo, wo bin ich hier? Loungemusik läuft, eine braune Ledercouch lädt dazu ein, es sich gemütlich zu machen, es riecht ein bisschen nach Wellness oder jedenfalls nicht so, wie man’s von einem Autohaus erwarten würde. Wenn hier nicht jede Menge schicker Autos herumstehen würden, dann könnte man meinen, man betrete eine ziemlich coole Agentur, irgendwo in New York. Oder eben ein Loft. Nun ja, genau genommen ist es das ja auch: ein Loft, in dem Fahrzeuge vor allem der Marke BMW zuhause sind. Wie es dazu gekommen ist? Das fragen wir jenen 27-Jährigen, der sich damit vor einem Jahr seinen Traum erfüllt hat: Stefan Reichhart.
Wie kommt man auf die Idee, ein Autohaus zu eröffnen, das nicht aussieht wie ein Autohaus?
REICHHARTIch kenne die Autobranche schon relativ lange und gut, natürlich habe ich viele Eindrücke gesammelt. Und dabei ist mir aufgefallen, es ist eigentlich überall das Gleiche: Wenn man reinkommt, sitzen beim Empfang ein paar Damen, die sich verstecken, alles wirkt ein wenig kalt und unfreundlich, es riecht komisch. Und alles ist gleich – weil es ja vom Konzern vorgegeben ist. Man kann sich als Händler nicht entfalten – wobei das die meisten wohl auch gar nicht tun würden, selbst wenn’s erlaubt wäre, nehme ich mal an. Ich hingegen bin ein ganz freier Händler, also dachte ich mir, dass ich’s richtig cool und hochwertig für Premiumautos aufziehe. Und dass ich trotzdem die Fahrzeuge mit einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis anbiete.
Warum gerade die Marke BMW, es gibt ja auch einige andere Premiummarken?
REICHHARTIch bin mit der Marke aufgewachsen, bin aber auch immer wieder mit anderen Marken in Kontakt gekommen. Und genau deshalb weiß ich, dass BMW für mich einfach das Beste ist. Im Gesamtpaket kommt da nichts ran, damit fühl ich mich am wohlsten.
Sie haben sich auf Jungwagen spezialisiert. Welche Vor- und Nachteile haben Jungwagen gegenüber Neuwagen?
REICHHARTDie meisten Fahrzeuge sind bei uns circa ein Jahr alt. Das sind die typischen Jungwagen, die einen Kilometerstand von bis zu 30.000 Kilometer haben. Das Positive ist auf jeden Fall, dass sie alle Werksgarantie haben. Das heißt, man hat de facto kein Risiko. Der Zustand ist neuwertig und der große Vorteil ist natürlich das Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn sich eine Privatperson einen Neuwagen kauft, bekommt sie circa zehn Prozent Rabatt auf den Listenpreis, dann muss sie auch noch die Lieferzeit abwarten, meist zwei bis vier Monate. Bei uns kann sie das Auto sofort haben und ist preislich bei 30 bis 50 Prozent Rabatt vom Listenpreis.
Der größte Wertverlust passiert also im ersten Jahr.
REICHHARTJa, absolut. Man kriegt damit einfach viel Auto für deutlich weniger Geld. Die meisten Autos sind Vorführwagen, die ich direkt von BMW kaufe, ein paar kaufe ich auch von Privatpersonen.
Und was ist mit all jenen, die ein funkelnagelneues Auto haben möchten?
REICHHARTIch kann über Geschäftspartner auch ganz neue Autos beziehen, ich hab Kooperationen mit BMW-Werkstätten, aber auch mit BMW-Vertragshändlern. Somit kann ich alles anbieten. Es kann auch jemand zu mir kommen, weil er die Betreuung hier lässig findet und das Auto bei mir kaufen möchte. Dann können wir ihm auf jeden Fall genau den gleichen Preis machen.
Was meinen Sie mit „lässiger Betreuung“?
REICHHARTBei uns ist einfach jeder willkommen, es ist ganz ungezwungen. Bei manchen Autohändlern wirst du ohne Anzug kaum wahrgenommen, ich lauf selbst oft im T-Shirt hier rum (lacht).
Autos werden immer innovativer. Wie ist das mit Autohändlern, wie innovativ muss man als Autohändler sein?
REICHHARTDer Handel an sich verlagert sich zunehmend ins Digitale, deshalb muss man im stationären Handel ein Kauferlebnis bieten, das online nie möglich sein kann. Man muss sich auf das Wohlbefinden des Kunden fokussieren. Denn wenn ein Kunde ins Geschäft kommt, dann will er einen Mehrwert haben. Man muss sich ständig weiterentwickeln. Es muss alles rundum passen, es darf nur überaus zufriedene Kunden geben.
Wird man in 20 Jahren Autos dennoch nur noch digital kaufen?
REICHHARTNein, das glaube ich nicht. Der Kauf eines Autos ist schon eine große Investition, die man durchschnittlich nur alle fünf Jahre macht, da ist der persönliche Kontakt, das Vertrauen zum Verkäufer sehr wichtig. Man will das Auto live sehen und erleben. Und herausfinden, ob man sich darin wohlfühlt. Außerdem sind die Autos mittlerweile technologisch so hochwertig ausgestattet, dass es natürlich auch unsere Aufgabe ist, die Kunden dabei zu unterstützen, wie sie all die digitalen Dienste nutzen können. Der Bedarf an Erklärung ist heute viel größer als früher.
Was antworten Sie, wenn der Kunde fragt: „Macht es überhaupt noch Sinn, wenn ich mir jetzt einen Diesel kaufe? Kann ich den in fünf Jahren überhaupt wieder verkaufen?“
REICHHART_Dann frage ich ihn zunächst nach seinem Fahrverhalten. Wenn er 15.000 Kilometer oder mehr im Jahr fährt, rate ich ihm immer zum Diesel. Weil der einfach der effizienteste Motor ist. Mit einem 7er BMW mit einem Sechszylinder-Diesel fährt man über 1.000 Kilometer mit einem Tank. Das ist schon sehr, sehr angenehm. Wenn ich im Vergleich dazu mit einem Hybrid fahre, dann brauche ich in Summe, wenn ich ab und zu längere Strecken dabei hab, sicher gleich mal zehn Liter pro Kilometer.
Aber wird die Nachfrage nach Dieselautos in fünf Jahren noch hoch genug sein?
REICHHARTJa, da wird sich nicht viel verändern. Die Menschen wollen ein sparsames Auto fahren. Und über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge braucht man sich in Österreich sowieso keine Sorgen machen – wir haben nur eine Großstadt, der Rest ist eigentlich ländlich, da wird’s auch in den nächsten Jahren nicht zu Fahrverboten kommen. Außerdem sind die Diesel, die jetzt verkauft werden, meilenweit von Fahrverboten entfernt, weil die ohnehin schon so gute Umweltnormen haben.
Wohin möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in den nächsten fünf Jahren fahren?
REICHHARTIch möchte mit dem Unternehmen langfristig erfolgreich sein und wünsche mir, dass dieses Modell so weitergeht, wie es angelaufen ist. Dann möchte ich in fünf Jahren gern zurückblicken und sagen können: Das war eine geile Strecke!_
Man muss ein Kauferlebnis bieten, das online nie möglich sein kann, man muss sich auf das Wohlbefinden des Kunden fokussieren.
Stefan Reichhart
Eigentümer, The Car Loft
# Gedanken
Wenn ich vor einer Kreuzung stehedann höre ich auf mein Bauchgefühl.
Den Motor bringt man nach einer Krise wieder zum Laufen, indemman einfach immer am Gas bleibt. Für mich gibt’s kein Aufgeben.
Was mich bremstWenn wenig los ist. Das nervt mich. Und dann werde ich schnell ungeduldig. Ich hab’s einfach gern, wenn es was zu tun gibt.
Warum gerade Kefermarkt?Zum einen, weil es regional gut für mich passt, ich wohne in Linz und das sind 20 Minuten mit dem Auto. Zum anderen, weil es im Raum Freistadt keinen BMW-Händler gibt. Das heißt, ich hab hier eine grüne Wiese gesehen.
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