Was wäre, wenn …
… sich der Fachkräftemangel noch weiter intensivieren würde? Wenn wir aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt unseren Status als Wohlstandsgesellschaft aufgeben müssten? Oder wenn Künstliche Intelligenzunsere Arbeitskraft ablösen würde?Wir haben Gerhard Straßer, Landesgeschäftsführer des AMS Oberösterreich, zum beruflichen und privaten Philosophieren eingeladen und sehr persönliche Einblicke erhalten.
#Arbeitsmarkt
… es morgen keine Arbeitslosen mehr gäbe?
Gerhard StraßerLeider wird das nie passieren, und ganz ehrlich, der Wechsel zwischen Unter- und Überangebot an bestimmten Arbeitskräften am oberösterreichischen Arbeitsmarkt ist eine der größten Herausforderungen in meinem Job.
… alle Arbeitnehmer:innen nur mehr vier Tage die Woche arbeiten würden?
Gerhard StraßerWenn die Mitarbeiter:innen flexibel bleiben und die Vier-Tage-Woche ein Leistungsanreiz ist, dann sehr, sehr gerne.
… alle Arbeitnehmer:innen, bei denen es möglich ist, nur mehr im Homeoffice arbeiten würden?
Gerhard StraßerDer Teamspirit in Unternehmen und Abteilungen würde durch permanentes Homeoffice abhandenkommen und die Kreativität durch zu wenige Sozialkontakte leiden.
… wir den Status Wohlstandsgesellschaft aufgeben müssten?
Gerhard StraßerDa müssen wir gegensteuern – rechtzeitig Steuern und Sozialleistungen treffsicherer machen und so den zu erwartenden Wohlstandsverlust in Grenzen halten.
… der Fachkräftemangel noch lange anhalten oder sich gar intensivieren würde?
Gerhard StraßerHier ist das „Was wäre, wenn“ keine Hypothese, langfristig wird es so sein und wir müssen erfindungsreich sein und neue Wege gehen. Dazu muss man allen Bevölkerungsgruppen die Chance geben, sich einzubringen, und man muss die Attraktivität und Produktivität des eigenen Unternehmens erhöhen.
Jede Chance, die man als Arbeitgeber gibt, ist auch eine Chance für eine motivierte Arbeitskraft.
Gerhard Straßer
Landesgeschäftsführer, AMS Oberösterreich
… die Sozialleistungen für viele Menschen bald nicht mehr zum Leben ausreichen würden?
Gerhard StraßerDas ist klar: Auch Sozialleistungen müssen inflationsgesichert sein.
… das AMS-Geld an die Inflation angepasst werden würde?
Gerhard StraßerDas wäre ein logischer Schritt zur finanziellen Absicherung der Jobsuchenden.
… es keinen Sozialstaat mehr gäbe?
Gerhard StraßerDann müsste man ihn neu erfinden.
… das Pensionsantrittsalter von Frauen angehoben werden würde?
Gerhard StraßerDas ist ab 2024 der Fall. Die Maßnahme ist für den oberösterreichischen Arbeitsmarkt positiv, weil damit Arbeitskräfte länger am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und sie auch gebraucht werden.
… Pensionist:innen freiwillig wieder arbeiten gehen dürften – ohne Pensionskürzungen?
Gerhard StraßerSehr viele dürfen das ja, und natürlich liegen sehr viel Wissen und viele Fähigkeiten durch Pensionierungen brach. Dieses Potential könnte man gut nutzen. Die so oft diskutierte steuerliche Behandlung dieses Zuverdienstes würde ich je nach Situation am Arbeitsmarkt flexibel gestalten. Ob das allen gefällt, bezweifle ich.
… Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen einen leichteren Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erhalten würden?
Gerhard StraßerDer Zugang ist ja nicht beschränkt. Die Arbeitgeber sollten das Potential dieser Menschen jedoch mehr nutzen. Jede Chance, die man als Arbeitgeber gibt, ist auch eine Chance für eine motivierte Arbeitskraft.
… Künstliche Intelligenz in manchen Bereichen die menschliche Arbeitskraft ablösen würde?
Gerhard StraßerBei Routinetätigkeiten und schweren Arbeiten wäre der Einsatz von KI eine Entlastung für viele Menschen. Allerdings müssen vor allem die ethischen und moralischen Grenzen eines KI-Einsatzes verbindlich definiert werden und die permanente Kontrolle durch Menschen erfolgen.
… Sie drei Wünsche an den Arbeitsmarkt der Zukunft frei hätten?
Gerhard StraßerErstens: Vollbeschäftigung und viele gut qualifizierte Arbeitskräfte. Zweitens:
gerechtere Entlohnung – also die Schere bei der Entlohnung reduzieren. Drittens: ein freudiges, gemeinsames Arbeiten von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber sowie Freude an fair bezahlter Arbeit für möglichst viele Menschen in unserem Land.
#Persönliches
… Sie nicht Landesgeschäftsführer des AMS OÖ wären, was wären Sie dann?
Gerhard StraßerIch wäre gleichzeitig Unternehmensberater und Lebens- und Sozialberater.
… Sie noch einmal 18 wären: Für welche Ausbildung und welchen Karriereweg würden Sie sich entscheiden?
Gerhard StraßerIch würde Betriebswirtschaft studieren und dann in die Selbstständigkeit gehen.
… Sie eine Station in Ihrem Lebenslauf nachholen könnten – wofür würden Sie sich entscheiden?
Gerhard StraßerIch glaube, ich habe nichts versäumt und auch nichts ausgelassen. (lacht)
… Sie eine Station in Ihrem Lebenslauf nochmal erleben könnten – welche wäre das?
Gerhard StraßerGanz was Schönes – aber das verrate ich Ihnen nicht. (lacht)
… Sie die Wahl hätten, eine berühmte Person, egal ob tot oder lebendig, zum Abendessen zu treffen – für wen würden Sie sich entscheiden?
Gerhard StraßerEindeutig: meine Partnerin und unsere Kinder. Ich hab keine Idole. (lacht)
… Sie die Macht hätten, eine gesellschaftliche Herausforderung zu lösen?
Gerhard StraßerWenn ich mich entscheiden müsste, dann würde ich mich für den weltweiten Hunger und für die Armut entscheiden.
… Sie für den Rest Ihres Lebens nur mehr ein Gericht essen dürften – wofür würden Sie sich entscheiden?
Gerhard StraßerFür Kaiserschmarrn.
… Sie morgen eine Million Euro im Lotto gewinnen würden?
Gerhard StraßerIch würde ein Drittel verteilen, ein Drittel veranlagen und den Rest verjuxen.
… Sie Ihre bevorstehende Pension an jedem Ort der Welt verbringen könnten – welchen würden Sie wählen?
Gerhard StraßerRund um die Seen im Salzkammergut.
… Sie sich drei Dinge für die kommenden zehn Lebensjahre wünschen dürften?
Gerhard StraßerGesundheit, Frieden und ein schönes, „liebes“ Leben mit Familie und Freund:innen._
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