Mit schwarzem Gold von 0 auf 100
Im Automotivbereich der beste Komposithersteller der Welt zu werden. Diese zunächst so „simpel“ klingende Herkulesaufgabe haben sich das Gründer- und Ehepaar Christine und Alexander Beuleke zur Mission gemacht. So viel vorweg: Als Managing Directors von Action Composites sind die beiden Carbonpioniere auf dem besten Weg. Ihr großer Vorteil? Dass auch sie selbst als Duo das Beste aus beiden Welten vereinen – genau wie ihr Verbundwerkstoff, mit dem sie zum Weltmarktführer aufstiegen.
Auf unserem gemeinsamen Weg ins Besprechungszimmer hält Christine Beuleke vor einer unscheinbaren Tür kurz inne, „Top 49“ steht auf dem Schild. „Hier hat damals alles begonnen, das war mein erstes Büro.“ Von mehr als 2.000 Mitarbeitenden, die weltweit an vier verschiedenen Standorten tätig sind, wagte sie 2011 noch nicht zu träumen. „Heute steht er zwar nicht mehr da, aber damals musste ich erst mal meinen Schreibtisch zusammenschrauben und aufbauen“, erinnert sie sich mit einem Lachen an die Anfänge. Umso bemerkenswerter ist das Wachstum, das dem Hidden Champion und Weltmarktführer aus Oberösterreich in nur dreizehn Jahren gelungen ist. Von null auf hundert in Höchstgeschwindigkeit, wenn man so will – wie es auch bei den Premiumfahrzeugen der Fall ist, deren Hersteller Action Composites seit der Gründung vertrauen.
„Wir waren schon immer totale Autofreaks“
Zugegeben: Ganz bei null haben die beiden nicht gestartet. Christine Beuleke selbst war viele Jahre im kaufmännischen Bereich für einen renommierten Automobilkonzern tätig, ihr Mann von Kindheitstagen an technikverliebt. Und schon lange bevor der Einsatz von Carbonteilen in der Automobilindustrie Usus war, tüftelte er für einen Skihersteller mit dem Verbundwerkstoff und erkannte dessen Potential. 2008 brechen sie schließlich die Zelte ab und wandern nach Thailand aus. Mit dem Gründungsgedanken „Das geht besser!“ und ersten Geschäftsverbindungen mit einem Automotivhersteller läuten die Beulekes ihre Ära Action Composites ein – er widmet sich der Produktion in Asien, sie dem Aufbau eines Vertriebsnetzwerks in Österreich.
Die „One-Woman-Show“ hierzulande ist bis heute geblieben, zumindest im übertragenen Sinne. Während sich ihr Mann als „Technical Brain“ – wie sie ihn liebevoll nennt – nach wie vor um die Produktion kümmert, bleibt sie selbst Herz, Hirn und Seele der Vertriebsniederlassung in Österreich. Ihr Blick schweift durch den Besprechungsraum. Wir sind umgeben von Spoilern, Rädern, Federungen und weiteren, für das laienhafte Auge nicht erkennbaren Leichtbauteilen aus dem „schwarzen Gold“. Mit ihrem Team aus rund 30 Leuten kümmert sie sich von hier um den Vertrieb, die Einhaltung strenger Gesetze und Zertifizierungen. Als Grundlage ein absolutes Muss, um das breite Portfolio für und gemeinsam mit den Kunden voranzutreiben. Von 500 Stück jährlich bis zur Stückzahl in Millionenhöhe ist alles dabei. „Manchmal kommen Unternehmen mit einer verrückten Idee auf uns zu und wir kümmern uns um die Umsetzung. Manchmal sind wiederum wir die ‚Verrückten‘, die proaktiv innovative Lösungen vorschlagen.“
Hightech meets Handarbeit
Um die technische Komplexität von Carbon greifbarer zu machen, hilft der Vergleich mit Stahlbeton. Während Beton der Kleber, die sogenannte Matrix darstellt, bildet Stahl die „Faser“. „In Kombination sind die beiden extrem stabil, dasselbe Prinzip beherzigen wir bei unserem Verbundwerkstoff“, erläutert Beuleke. Der Sicherheitsgedanke kombiniert mit kompromisslosem Leichtbau zählt zu den größten Vorteilen von Carbon. „Die Bestandteile liegen wie ein Hauch von Nichts in der Hand, obwohl sie eine höhere Lebensdauer als vergleichbare Teile aus herkömmlichem Material mit sich bringen, da sie besser vor Korrosion geschützt sind.“
Umso überraschender: Die Herstellung der hochtechnischen Produkte erfolgt in Handarbeit. „Die Komplexität der Zusammensetzung erfordert, dass das Material schichtenweise von Hand in Formen drapiert wird. Um unsere Qualitätsstandards gewährleisten zu können, durchlaufen unsere Mitarbeitenden ein eigenes Trainingsprogramm für maximale Prozesssicherheit“, betont Beuleke, die den gesamten Prozess daher gerne „fast schon als Kunsthandwerk“ bezeichnet. Mit Erfolg. Erst im vergangenen Jahr mündete diese Liebe zum Detail in einem echten Ritterschlag: Gemeinsam mit Porsche sicherte man sich den „Leichtbau-Oskar“ – den JEC World Innovation Award 2023 – für einen Kohlefaser-Überrollkäfig, der im Auto trotz Gewichtersparnis für mehr Sicherheit sorgt.
Mit großen Schritten in die Zukunft
„Unseren Ideen und damit auch unserem Wachstum sind kaum Grenzen gesetzt.“ Apropos Wachstum. Nach mehr als einem Jahrzehnt im Techno-Z in Ried wird das Unternehmen heuer flügge und übersiedelt in das Vario Center in Alt-ried. Nachdem im Produktionswerk in Vietnam inzwischen rund ein Viertel der benötigten Energie mittels Photovoltaikanlage selbst erzeugt wird, zielt auch der hiesige Umzug auf mehr Nachhaltigkeit ab. Getreu dem Motto: erneuerbare Energien nutzen, Umbau statt Bodenversiegelung und Elektromobilität statt Verbrenner in der Firmenflotte. Eine bewusste Entscheidung. „Als Unternehmen sehen wir uns in der Pflicht, unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine nachhaltige Denkweise betrifft alle Branchen.“ Umso mehr Wert legt Beuleke darauf, andere Maßnahmen zu ergreifen und nachhaltige Rahmenbedingungen zu schaffen. „Damit wir nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch in eine nachhaltige Zukunft gehen.“_
Für mich ist die größte Freude, Autos mit unseren Teilen auf der Straße zu sehen.
Christine Beuleke
Managing Director, Action Composites
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