Keine Angst vor großen Formen
Im Quadrill-Ensemble am Gelände der Linzer Tabakfabrik entstehen neue Wohn- und Arbeitswelten, die miteinander verschmelzen sollen. Die Gebäude docken an die denkmalgeschützte Peter-Behrens-Architektur an – eine herausfordernde und sensible Aufgabe für Bauträger und Architekt.
Es ist eine der größten Baustellen des Landes: Wo sich früher der 80er-Jahre-Zubau der Tabakfabrik befand, wird in einigen Jahren das höchste Hochhaus Österreichs außerhalb von Wien stehen. Derzeit geht es aber noch nicht in die Höhe – sondern umgekehrt. Bagger graben im Erdreich, insgesamt drei Untergeschosse soll es in die Tiefe gehen. „Der Aushub ist gestartet, derzeit haben wir etwas mehr als das erste Untergeschoss ausgehoben, momentan wird an der Baugrube gearbeitet“, erzählt Ralph Lagler, Bereichsleiter Immobilien in der Bodner Gruppe. Das Unternehmen ist Projektentwickler und Umsetzer des Projekts, für Bodner Bau ist es das größte Eigenprojekt in der Firmengeschichte. Damit das Erdreich nicht nachgibt, setzt man derzeit Schlitzwände, die von Ankern zusätzlich stabilisiert werden.
GROSSE NACHFRAGE VON POTENTIELLEN MIETER:INNEN
Voraussichtlich wird es Anfang 2023 dann erstmals in die Höhe gehen – wenn die Arbeiten am ersten von insgesamt 27 Obergeschossen beginnen. Das Herzstück des vierteiligen Ensembles ist der 109 Meter hohe Quadrill Tower, der über neun Stockwerke ein Hotel beherbergt, vom 10. bis 26. Stockwerk Büroflächen bietet und im 27. Stockwerk mit einer dem Hotel zugehörige Skybar samt Restaurant einen Panoramablick auf die Stadt Linz bieten wird. Fix ist bis jetzt: Die Hotelflächen hat sich die Wiener Arcotel Gruppe gesichert. Auch die Sparkasse habe sich schon früh um einen Standort im Quadrill bemüht, sie will dort ein zukunftsorientiertes Beratungs- und Servicezentrum schaffen, verrät Lagler. Die meisten anderen Mieter sind noch nicht fixiert, das Interesse ist groß. „Wir versuchen, das Gebäude in der Planung so flexibel zu halten, dass die Mieter:innen die Gelegenheit haben, ihre Unternehmenskultur passend umzusetzen“, sagt Lagler. Man wolle eine Arbeitswelt erschaffen, in der Kommunikation, flexibles Arbeiten und Entspannen möglich sind – für letzteres wurden auf den Dächern Grünflächen geschaffen.
Die Umgebung des neuen Ensembles ist in Österreich einzigartig – schon jetzt sind etwa 250 Startups in der Tabakfabrik angesiedelt. „Was die Stadt Linz mit der Revitalisierung der Tabakfabrik geschafft hat, das muss erst mal jemand nach- machen. Die aktuelle Spezialisierung auf kreative und innovative Mieter wird sich auch im neuen Ensemble weiterziehen“, sagt Lagler. Während der Quadrill Tower und das direkt mit ihm verbundene Balboa Haus großteils Gewerbe- und Büroflächen enthält, ist die Hauptnutzung der beiden Häuser Memphis und Boston in den oberen Geschossen dem Wohnen gewidmet. „Dort sind vorwiegend kleine Appartements geplant, die Wohn- und Arbeitswelten verschmelzen lassen“, sagt Lagler. Das Modell solcher Quartiere sei zukunftsträchtig: Die Wege sind kürzer, die Verkehrsbelastung geringer.
„Verdichten ist die richtige Strategie“
Als die Tabakfabrik noch ihrem Namen gerecht wurde, waren die Gebäude zumindest für die Arbeiter:innen nur durch schmale Pforten mit der Außenwelt verbunden. „Es gab nur ein kleines Loch hinein und hinaus, dort wurde sogar kontrolliert, dass niemand Tschick rausschmuggelt“, sagt Martin Zechner, Architekt des Quadrills. Heute hingegen seien die Randbedingungen andere – das Areal müsse für die Stadt geöffnet werden. „Die Tabakfabrik war sehr introvertiert – wir wollten das ändern. Das gelingt uns mit dem Abriss vom alten Bau Drei und der versetzten Bauweise der neuen Bauteile“, sagt Zechner. Und wohl auch mit den Dimensionen des Projekts. „Quadrill soll ein weithin sichtbares, selbstbewusstes Statement sein, durch das sich die Tabakfabrik öffentlichkeitswirksam in den Vordergrund stellt“, sagt Zechner. Der Architekt ist davon überzeugt, dass Verdichtungen wie am Areal aus Gründen der Nachhaltigkeit eine wichtige und richtige Entwicklung sind – wenn die Rahmenbedingungen wie gute Verkehrsanbindung und Nähe zu Grünraum dies zulassen. Der Architekt betont, dass für ihn die Nachhaltigkeit im Projekt eine entscheidende Rolle spiele. „Natürlich taugt ein Projekt dieser Größenordnung nicht allen, wir haben neben einem Mobilitätskonzept aber auch soziokulturelle Aspekte wie Barrierefreiheit oder höchste Qualität öffentlicher Räume und Freiflächen beachtet, zudem ist das Projekt von höchster bauphysikalischer Qualität.“
Für Zechner waren die Aufgabenstellung des Projekts sowie die Planung keine alltäglichen Aufgaben. „Auf der einen Seite haben wir Architekt:innen große Ehrfurcht vor dem denkmalgeschützten Architekturjuwel Peter Behrens, auf der anderen Seite spornt diese Tatsache zusätzlich an, etwas ganz Besonderes zu schaffen“ sagt Zechner. Er spazierte während der Wettbewerbsphase immer wieder durch die Tabakfabrik. „Beeindruckend ist die Großzügigkeit, die von Behrens vorgezeigt wird, etwa beim 200 Meter langen Bau Eins“, sagt er. Nicht zuletzt darin begründet liegt auch die Höhe des Quadrill Towers. Zechner: „Wie Behrens zeigen auch wir keine Angst vor der großen Form. Diese Angst begrenzt oft das großzügige Denken von Objekten.“_
Wie Behrens zeigen auch wir keine Angst vor der großen Form.
Martin Zechner
Architekt, Zechner&Zechner
Die kleinen Appartements lassen Wohn- und Arbeitswelten verschmelzen.
Ralph Lagler
Bereichsleitung Immobilien, Bodner Gruppe
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