Generationenkonflikt: Einmal Rebellion und zurück
Schwierige Situationen erfordern schnelles Handeln. Frei nach dem Motto „Morgen ist heute schon Schnee von gestern“ müssen Unternehmen in einem Umfeld des permanenten Wandels agieren. Das stellt auch Organisations- und Personalstrukturen vor gänzlich neue Herausforderungen. Ein Umstand, der bereits vor der Krise von Entwicklungen wie der Digitalisierung hervorgerufen wurde, nun aber bedeutender denn je ist. Claudia Grabner, Partnerin im Bereich People & Organisation bei BDO, ist seit 15 Jahren als Beraterin tätig und kennt die Problemstellungen nur allzu gut.
„Wir leben in einer wahnsinnig schnelllebigen Zeit. Die Herausforderungen eines Unternehmens können sich über Nacht ändern. In Krisenzeiten erleben wir das in einem besonderen Ausmaß. Aber diese Schnelllebigkeit ist grundsätzlich nichts Neues. Um am Puls der Zeit zu bleiben, mussten Unternehmen auch vor der Krise bereits hochflexibel agieren“, so Grabner. In den Beratungen beschäftigt sich daher das BDO People-&-Organisation-Team regelmäßig damit, Organisationsformen zu schaffen, die eine hohe Reaktionsfähigkeit sicherstellen. „Neben Prozessen und Strukturen durchleuchten wir dabei auch die Rollenbilder und Aufgabenverteilungen akribisch.“
Schwachstelle Personal
Und der akribische Blick macht sich bezahlt, denn es sind die Personalstrukturen, die häufig das größte Verbesserungspotential in der Organisationsentwicklung offenbaren. „Wenn man sich näher ansieht, welche Aufgaben Mitarbeiter den ganzen Tag erledigen und wo tatsächlich ihre Fähigkeiten und Interessen liegen, zeigt sich ein spannender Gap“, so Grabner über fehlende Effizienz im Personaleinsatz. Dabei ist ihr besonders eine Begegnung im Gedächtnis geblieben: „Bei einem meiner Vorträge hat sich ein Arzt aus dem Publikum gemeldet und erzählt, dass er 60 Prozent seiner Arbeitszeit für Verwaltungstätigkeiten aufbringt und gerne mehr Zeit mit Aufgaben verbringen würde, für die er eigentlich ausgebildet ist. Und so geht es vielen Menschen.“ In der Coronakrise sieht Grabner eine Chance, um hier nachzubessern: „Die Krise bringt eine erneute Digitalisierungsbeschleunigung mit sich. Diese sollten Unternehmen dazu nutzen, ihre Rollenbilder zu überdenken und Mitarbeiter zielgerichteter, ihren Talenten entsprechend einzusetzen. Gerade im Bereich der Verwaltungsaufwendungen gibt es noch viele standardisierte Aufgaben, die man mithilfe der Digitalisierung lösen kann. Das würde eine Menge an Ressourcen beim Personal freisetzen.“
Culture-Clash
Aber aufgepasst! Denn auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter befinden sich in einem permanenten Wandel. Und alle gleichermaßen anzusprechen, erfordert einen Drahtseilakt: „Viele fokussieren sich momentan sehr stark auf das Zusammenspiel der Generation X und der Generation Y. Für die Generation X ist Arbeit wirklich noch ein Vertrag. Ihre Motivation sind primär Geld und Anerkennung“, analysiert Grabner. „Die Generation Y ist viel gesättigter in ihren Grundbedürfnissen aufgewachsen, weshalb die klassischen Motivatoren nicht mehr diese Wirkung entfalten. Diese Generation sucht nach einer Sinnhaftigkeit in ihrem Tun und das benötigt eine gänzlich andere Führung.“
Die Generationen
Die Generation Y bricht außerdem mit bisher bekannten Strukturen: „Bei ihr verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben. Ich beobachte aktuell eine sehr stark kommende Generation Y, die Führungsverantwortung übernehmen möchte. Dieser Trend zeigt sich auch in der Politik. Und dabei fällt auf, dass sich die Generation X mit ihren alteingelernten Mustern schwer tut.“ Trends rufen aber oft auch Gegentrends hervor. Grabner warnt deshalb zur Vorsicht: „Unternehmen haben das Spannungsfeld zwischen Generation X und Y weitestgehend im Blick, vergessen meist aber völlig auf die Generation Z. Das könnte auf lange Sicht problematisch werden. Denn für diese Generation ist das Verschwimmen der beruflichen und privaten Grenzen nahezu abstoßend. Sie wünscht sich wieder wesentlich mehr Struktur. Es ist wahnsinnig spannend, was gerade am Personalmarkt passiert. Diesen Spannungsbogen zu schaffen und als Unternehmen für alle Generationen attraktiv zu sein, ist eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre.“ Es gilt, innovative Plattformen zu schaffen, die unterschiedliche Generationen dabei unterstützen, voneinander zu lernen. „Da gibt es sehr originelle Konzepte wie das Generationenfrühstück, bei dem die jeweiligen Gruppen Lösungsvorschläge zu aktuellen Problemstellungen erarbeiten und anschließend präsentieren. So kommen die unterschiedlichen Herangehensweisen zum Vorschein, die einerseits in Kombination wieder gänzlich neue Lösungswege aufzeigen und andererseits das gegenseitige Verständnis fördern.“
Mit einem Vorurteil möchte Grabner zum Schluss noch aufräumen: „Der Generation Y wird oft vorgeworfen, dass sie ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht mehr loyal ist. Das stimmt nicht! Man muss sie nur richtig abholen. Und das ist die Aufgabe der Personalisten und Führungskräften. Nicht nur die Organisation muss flexibel ausgerichtet sein, auch die Mitarbeiterführung. Dann bekommt man Loyalität zurück – von allen Generationen.“_
#Weitere Artikel
Unsere jetzigen Limits sind erst der Anfang
Wohin werden sich AI-Tools in den kommenden Jahren entwickeln? Mit welchen rechtlichen und gesellschaftspolitischen Fragen müssen wir uns auf Basis dessen auseinandersetzen? Und warum stehen wir eigentlich erst ganz am Anfang der Entwicklungen? Wir haben bei zwei Experten des Software Competence Center Hagenberg, Michael Moser und Bernhard Nessler, nachgefragt.
Wie die Gleichung aufgeht
Geht es um Chancengleichheit und Gleichbehandlung, gibt es hierzulande noch einiges an Aufholbedarf. Im EU-weiten Gender Equality Index liegt Österreich unter dem Durchschnitt. Doch was machen Länder wie Schweden, Dänemark und Frankreich besser? Und wie ist die (arbeits)rechtliche Lage in Österreich zu bewerten?
Was wir morgen wissen müssen
Die Montanuniversität Leoben setzt auf enge Kooperation mit Wirtschaft und Industrie, um die wissenschaftliche Basis für Innovationen zu schaffen. Dabei muss sie weiter in die Zukunft blicken, als dies im unternehmerischen Alltag möglich ist, betont Rektor Eichlseder. Und Antworten auf Fragen suchen, die wir heute noch gar nicht kennen.
Abgefahren abheben
Mit dem Lufttaxi zum Flughafen oder eine Expresslieferung per Drohne: Mit Jahreswechsel startet in der Steiermark das Projekt AIRlabs, das mehrere Teststrecken für autonome Fluggeräte bereitstellt. Vernetzt durch den Mobilitätscluster ACstyria, tüfteln 300 Unternehmen, wie wir in Zukunft unterwegs sein werden – auf der Straße, auf Schienen und in der Luft.
Wie Innovation gelingt
Kreative Ideen sind das eine, die Entwicklung neuartiger Produkte und Dienstleistungen das andere: Innovation braucht verspielte Freiräume und disziplinierte Struktur – und die gewisse Portion Mut, die unternehmerische Komfortzone zu verlassen.
Das ABC des österreichischen Bildungssystems
Die richtige Schule oder Ausbildungsform zu finden, ist gar nicht so einfach. Vor allem, weil es mittlerweile sehr viele Angebote gibt. Zudem wird das Bildungssystem durchlässiger. Wer will, kann auch ohne Matura ein Studium beginnen. Zur besseren Orientierung präsentieren wir daher einen Leitfaden durch das österreichische Bildungssystem.
Die Chancen der Zukunft
Wie arbeiten wir im Jahr 2030? Zwölf Jahre sind nicht die Welt. Stimmt. Was soll 2030 also schon großartig anders sein als heute? Aber denken wir mal zwölf Jahre zurück. Hätten wir damals gedacht, dass Facebook, Google, Amazon und Co plötzlich die Welt regieren werden? Dass wir unser komplettes Leben auf einem sieben mal vierzehn Zentimeter (mehr oder weniger) großen Ding organisieren und permanent mit uns herumschleppen werden? Gar nicht so unwahrscheinlich also, dass wir 2030 ganz anders leben werden als heute.
Programmierer: Und es gibt sie doch.
Wenige Köpfe sind am Arbeitsmarkt umkämpfter als jene von guten Programmierern. Während schon so manche HR-Abteilung an der Suche nach IT-Fachkräften verzweifelt ist, kann das Linzer Software-Unternehmen Catalysts nicht nur seinen hohen Bedarf an neuen IT-Spezialisten decken, sondern sogar noch welche an Partnerunternehmen weitervermitteln. Möglich macht das eine einzigartige, langfristige Strategie.
Wie die KI Patentspezialisten unterstützt
Den Kopf angesichts der rasanten Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz in den Sand zu stecken, das war für ABP aus Windischgarsten nie eine Option. Da im Patentwesen hohe Sicherheitsansprüche herrschen, boten herkömmliche Large Language Models keine Anwendungsmöglichkeit. Deswegen haben die beiden Unternehmen ABP Patent Network und Anwälte Burger und Partner die Sache selbst in die Hand genommen und gemeinsam mit IBM eine eigene KI-Anwendung entwickelt, die ein echter Gamechanger für den Intellectual-Property-Bereich sein wird.
„Ohne Mensch keine Automatisierung“
Warum spielt der Faktor Mensch in Automatisierungsprozessen eine so große Rolle? Was ist der aktuelle Stand zum Einsatz von Robotern in der Industrie? Und welche Veränderungen der bisherigen Arbeitswelt werden dadurch künftig auf uns zukommen? Wir diskutieren mit drei Experten.
Die Zukunft erforschen
Distance Learning, aufkeimende Wissenschaftsskepsis und Diskussionen über die Finanzierung von Universitäten – die österreichischen Hochschulen haben in letzter Zeit bewegte Momente erlebt. Nichtsdestotrotz wollen heimische Bildungseinrichtungen die Zukunft erforschen und vermitteln. Die Montanuniversität Leoben und die Kepler Society, das Alumni- und Karrierenetzwerk der Johannes Kepler Universität Linz, eint nicht nur ihr Zukunftsfokus, sondern auch ähnliche Lehren für die Lehre von morgen.
Müssen wir Bildung neu denken?
Das sagt unsere Community
Wer die besten Köpfe sucht …
… findet diese nicht immer auf Anhieb. Oder anders formuliert: Der Fachkräftemangel zählt zu den größten Gefahren am österreichischen Arbeitsmarkt. Über eine historische Herausforderung für die heimische Wirtschaft.
Dem Mangel ein Schnippchen schlagen
Die Lage der heimischen Wirtschaft kann man derzeit mit einem lachenden, aber auch einem weinenden Auge sehen. Denn der Aufschwung über Vorkrisenniveau trifft auf eines der wohl präsentesten Probleme am Arbeitsmarkt: den Fachkräftemangel.
Das Feuer der Begeisterung entfachen
Alles zurück auf Anfang? Der Klimawandel, Corona, fehlende Arbeitskräfte – ein halbes Jahr nach den Landtagswahlen in Oberösterreich gleicht das Alltagsleben einer aufgescheuchten See, die nicht zur Ruhe kommt. Liegt es an Corona allein? Oder spüren wir den Aufbruch in ein neues Zeitalter, das auch vor Oberösterreich nicht haltmacht? Landtagspräsident
Max Hiegelsberger und ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel im Doppelinterview über die Chancen der Krise und wie eine erfolgreiche Zukunft für alle gelingt.
Brücken statt Mauern
„Willkommen in der Zukunft!“, sagt Andreas Fill, als wir gemeinsam den Fill Future Tube betreten. Was wie eine moderne Version der Kommandobrücke des Raumschiffs Enterprise wirkt, ist der neue Verbindungstunnel in seinem Unternehmen. Von Picard bis Spock sind alle dabei: Wir waren dort, wo Produktionshallen und Kräne nach Star-Trek-Commandern benannt werden – und das mitten in Oberösterreich. Ein Blick hinter die Kulissen. Und in die Zukunft.
Die Lichtmacher
Es begann Ende der 70er Jahre in einer Kellerwerkstätte am Rande von Peuerbach. Felix Aspöck hatte sich vorgenommen, die Beleuchtung von Fahrzeugen zu revolutionieren. Der Rest ist Geschichte. Wie es einem Tüftler gelungen ist, aus einer Vision einen Weltkonzern aufzubauen, der heute Autos, Lastwagen, Motorräder und Anhänger in ganz Europa zum Leuchten bringt.