„Wenn schon, dann richtig“
Eine mobile Almhütte für VIP-Partys und Firmenfeiern, eine Weltneuheit im Stahlbeton-Bau und eine Luxus-Brille aus dem Franckviertel, die bei der wichtigsten Brillenmesse in Mailand im Mittelpunkt stand. Wir haben drei völlig unterschiedliche Start-ups unter die Lupe genommen, von denen man in Zukunft wohl noch öfters hören wird.
Eine Almhütte nach Baukastenprinzip.
Mehr als 5.000 Einzelteile. 60 Tonnen Altholz. Sechs Tage Aufbauzeit. Die Zahlen der Eventalm von Benedetto Wagner und Patrick Stützner sprechen für sich. Vielen Oberösterreichern dürfte die Luxus-Hütte bekannt sein. Unter dem Namen „Donaualm“ ist sie mittlerweile zum Fixpunkt für Urfahranermarkt-Besucher mit gehobenen Ansprüchen geworden. Die restliche Zeit des Jahres wird sie immer genau dort aufgebaut, wo Veranstalter ihren Gästen etwas Besonderes bieten wollen als das klassische Bierzelt. Wie etwa der LASK: VIPs feierten nach den Spielen im Waldstadion in der Eventalm, die kurzerhand auf einem Trainingsplatz aufgebaut worden war.
Dort treffen wir auch die beiden Eigentümer. „Das Großartige ist, dass die VIPs hier in der Hütte feiern, zwei Wochen später wieder kommen, und nicht einmal merken, dass sie inzwischen abgebaut, woanders hingebracht und dann wieder aufgebaut wurde“, sagt Stützner. Wüsste man es nicht besser, könnte man tatsächlich glauben, die Eventalm würde hier bereits seit Jahrzehnten auf dem Kunstrasen stehen. Die Idee für die Almhütte nach Baukasten-Prinzip hatten die beiden am Münchner Oktoberfest in der legendären Wies’n-Schänke vom Münchner Promi-Wirt Michael Käfer. „Wir hatten einen großartigen Abend und dachten uns – so was brauchen wir. Nur mobil“, sagt Wagner.
Etwa ein Jahr dauerte die Umsetzung, ihre Premiere feierte die Eventalm am Urfahraner Markt. Tausende Menschen sahen das Schild mit der Aufschrift „Ich bin auch zu mieten.“ „Es gab unglaublich viele Anfragen von Menschen, die wissen wollten, wie das funktioniert. Manche konnten gar nicht glauben, dass wir die Eventalm tatsächlich innerhalb von sechs Tagen aufbauen können“, erzählt Stützner. Und das geht in verschiedenen Variationen – von der zehn mal 20 Meter langen und somit 200 Quadratmeter umfassenden bis hin zur mehr als doppelt so großen und zweitstöckigen Ausführung. Im Sommer können die Gäste auf Wunsch auf einer überdachten Terrasse sitzen. „Das Ganze funktioniert wie bei Matador nach dem Baukasten-System, wir können uns ganz den Kundenwünschen anpassen“, sagt Stützner. Fixpunkt hingegen sind die Licht- und Tonanlagen. „Die werden günstig gleich mitvermietet. Unsere Devise war, wenn wir schon etwas machen, dann aber richtig und vom Feinsten, das trifft auch auf die Technik zu.“
Die Kundenwünsche seien sehr unterschiedlich. „Wir waren bei großen Veranstaltungen wie dem Rave & Snow in Saalbach-Hinterglemm, es gab aber auch schon Kunden, welche die Eventhütte extra für ihre Hochzeitsfeier zehn Stunden lang haben wollten“, sagt Wagner. Die Nachfrage sei jedenfalls gewaltig. Derzeit wird über drei Einsätze in Berlin im Winter nachgedacht, ein Veranstalter will die Hütte in einer gewaltigen Halle aufbauen lassen. Auch konkrete Kaufanfragen hätte es schon gegeben. „Heuer war die Eventalm noch nie auf ihrem Lagerplatz, sondern ständig unterwegs, wir sind sehr gut gebucht“, sagt Stützner. Die beiden Unternehmer überlegen deswegen schon, ob sie ihr Angebot nicht um eine weitere Eventalm erweitern sollen.
Luxus-Brille aus dem Frankviertel.
Vier beste Freunde, ein gemeinsames Ziel. Vor zweieinhalb Jahren entschließen sich die jungen Linzer Gabriel Kirschner, Mike Milkowski, Simon Klein und Ralf Kropf dazu, unter dem Namen Gabe Eyewear ihre eigene Holzbrille auf den Markt zu bringen. Es sollte nicht irgendeine Brille werden. „Uns war klar: Wenn wir Holzbrillen machen, dann sollen es auch die besten am Markt sein“, sagt Milkowski. „Damals waren die Holzbrillen noch nicht wirklich populär, wir haben erkannt, dass qualitativ noch viel Luft nach oben ist“, sagt Kropf. Die Gründer tüfteln monatelang in einer Garage, bis sie mit dem Prototyp zufrieden sind. „Eine große Stärke ist sicherlich nicht nur, dass wir uns alle seit vielen Jahren kennen, sondern auch, dass wir uns perfekt ergänzen“, sagt Kirschner. Er absolvierte eine Optikerlehre und ist gemeinsam mit Kropf für die Entwicklung zuständig. Milkowski arbeitete in zwei Werbeagenturen und ist der kreative Kopf, während Klein den Verkauf leitet. Mittlerweile arbeiten die vier nicht mehr in der Garage, sondern in ihren eigenen Räumlichkeiten mit Büro und Werkstatt in der Franckstraße. Ihr Produkt präsentierten sie das erste Mal bei Europas größter Modemesse, der Mido. „Das Feedback dort war überwältigend, ein englisches Modemagazin hat uns später auch als besten Hersteller gelobt“, sagt Klein. Mittlerweile haben die Gründer es ins Sortiment von zahlreichen Optikern geschafft, konzentrieren sich auf ein höherpreisiges Segment. Was ist eigentlich das Besondere an der Brille? „Mut zum Mut – dieses Konzept zieht sich vom Design der Brille bis hin zur Kommunikation nach außen“, sagt Kirschner, „unkonventionell mit einem Hauch Nostalgie.“ Das Produkt besteht aus zertifiziertem Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft – und Horn. Tiere kommen deswegen aber keine zu Schaden. „Wir beziehen das Horn von Wasserbüffeln aus Indien, es ist ein Abfallprodukt der Nutztierhaltung“, sagt Milkowski. Die Tiere werden regelmäßig enthornt, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen.
Ab 500 Euro gibt es eine Brille, Marktneuheit ist ein schraubenloses Hornscharnier, durch das verschiedene Bügel unkompliziert getauscht werden können.
„Uns war klar: Wenn wir Holzbrillen machen, dann sollen es auch die besten am Markt sein.“
Mike MilkowskiMarketing-Leiter, Gabe Eyewear
Einfach und effizient statt kompliziert und teuer.
Hubert Rappersdorfer mag es nicht, wenn Dinge komplizierter sind, als sie eigentlich sein müssten. Jahrelang sammelt er Erfahrung in der Betonindustrie. Als das Unternehmen, das er leitet, absiedelt, beschließt er, sich selbständig zu machen. Er entwickelt ein System, mit dem Korbwände vollautomatisch produziert werden können. Diese Korbwände kommen beim Immobilienbau zum Einsatz und werden nach der Montage mit Beton vergossen. Durch die Automatisierung wird nicht nur Zeit und damit Geld gespart, sondern auch eine präzisere Konstruktion möglich.
Seine Pläne hält Rappersdorfer anfangs lange geheim, weiht nur wenige Vertraute ein. „Mein Name ist in der Branche bekannt, ich wollte keine Unruhe und Nachahmer am Markt“, sagt er. Um sein Start-up zu finanzieren, nimmt er eine Hypothek auf sein gerade fertig gebautes Haus und seine Eigentumswohnung auf. Die Entscheidung lohnt sich: Mittlerweile hat er mit Rappersdorfer Automation nicht nur einen Innovations- und Forschungspreis gewonnen, sondern beschäftigt am Standort Steinhaus insgesamt 16 Mitarbeiter. Mittlerweile gäbe es zahlreiche Interessenten an dem Produkt auch aus Lateinamerika und dem gesamten EU-Raum. Und die automatisierte Produktion der Korbwände soll nicht die einzige Innovation bleiben. „Wir können unser Produkt noch um einige Extras erweitern, die für unsere Kunden interessant sein dürften“, sagt er. Während der Entwicklung der Maschine seien ihm noch weitere Ideen gekommen, die sich in der Umsetzungsphase befinden. „Wir sind auf Dinge gestoßen, die es bisher im Stahlbeton-Bereich noch nicht gibt, und haben uns die Patentrechte gesichert“, sagt er._
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