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„Haben aus eigenem Need gegründet“

CO2 aus der Atmosphäre entfernen und im Boden abspeichern; ein „Uber“ für Menschen, die nach Hundesitter:innen suchen; und ein Jungunternehmen, das die Lehrlingsausbildung revolutionieren wird: drei der spannendsten Gründerprojekte des Landes im Überblick.

#Gehgassi

Pumba ist neun Jahre alt und verantwortlich für die Gründung des Salzburger IT-Startups Gehgassi. Die Zwergpinscher-Chihuahua-Terrier-Mischung von Sophie Zimmermann konnte auf eine Kurzreise nicht mitkommen. „Weil im Freundes- und Familienkreis niemand Zeit hatte, wollte ich eine:n Hundesitter:in im Internet buchen und habe bemerkt, dass es nicht wirklich passende Angebote gibt“, erinnert sich die Gründerin. Gemeinsam mit ihrem Mitgründer Kilian Wirl beginnt sie, intensiv am Markt zu recherchieren. „Aus eigenem Need heraus haben wir dann gegründet, die App nutzen wir selbst regelmäßig.“

Seit Sommer 2023 ist Gehgassi online, im ersten halben Jahr konnten mehr als 10.000 Benutzende gewonnen werden. Der USP der App ist die Direktbuchung von Hundewalker:innen und Hundesitter:innen – also Menschen, die mit Hunden spazieren gehen oder auf sie aufpassen. „Man kann sich das Ganze wie bei Uber vorstellen: Man gibt eine Adresse ein und je nach Verfügbarkeit kommen Walker:innen vorbei.“ 

„Wir wollen alles anbieten, was gebraucht wird“

Was für die Serviceleistung verlangt beziehungsweise bezahlt wird, legen die Dienstleister:innen selbst fest – dabei kann auch mit Herrchen oder Frauchen verhandelt werden. Pro gebuchtem Walk behält Gehgassi einen Euro ein. „Der fließt direkt in die Entwicklung“, erklärt die Gründerin. Der Großteil der Finanzierung passiert über die Platzierung von Werbepartnern in der App rund um das Thema Hund. „Neben Hundezubehörgeschäften und hundefreundlichen Re-staurants sind wir gerade dabei, Unternehmen anzusprechen, die Hunde im Büro erlauben“, sagt Zimmermann. Anmelden können sich Hundewalker:innen ab 18 Jahren, dabei wird bei der Profilerstellung sehr detailliert die Hundeerfahrung abgefragt. „Hund und Walker:in müssen natürlich zusammenpassen.“ Etwa 70 Prozent der Benutzenden sind Walker:innen, der Rest Hundebesitzer:innen. 

Seit Anfang 2024 wird Gehgassi vom Startup-Inkubator tech2b unterstützt. „Besonders die fachliche Expertise und das Netzwerk sind von unschätzbarem Wert für uns“, sagt Zimmermann. Sie hat große Pläne: Sobald der DACH-Markt dicht abgedeckt ist, will man europaweit skalieren. „Gehgassi soll ein One-Stop-Angebot für Hundebesitzer:innen werden. Wir wollen alles anbieten, was gebraucht wird – von Infos über beliebte Gassirouten bis zur Möglichkeit, Tierarztbesuche digital zu buchen.“

Gehgassi soll ein One-Stop-Angebot für alle Hundebesitzer:innen werden.

Sophie Zimmermann (Gründerin, Gehgassi) von links: Sophie Zimmermann (Gründerin, Gehgassi) mit Pumba, Kilian Wirl

#Carbony

Stell dir vor, die Atmosphäre ist eine Badewanne. Um die Klimakatastrophe aufzuhalten, müssen wir verhindern, dass sie überläuft. Initiativen zur CO2-Vermeidung versuchen den Hahn zuzudrehen, damit weniger Wasser in die Wanne gelangt. Das wird aber nie ganz möglich sein, da wir immer sogenannte Restemissionen, zum Beispiel aus der Landwirtschaft, haben werden. Wir müssen also auch Wasser aus der Badewanne abschöpfen. Anhand dieses Beispiels erklärt Gründer Matthias Rettenbacher die Strategie seines Startups. Carbony will CO2 aus der Atmosphäre entfernen und im Boden und Ozean speichern – das Verfahren nennt sich Enhanced Weathering, verbesserte Verwitterung also. Auch bei der normalen Verwitterung wird CO2 aus der Atmosphäre entfernt – allerdings extrem langsam. Regentropfen nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf, der Großteil davon wird beim Aufprall am Boden aber wieder freigesetzt. „Nun kommt der Clou“, erklärt Rettenbacher, „wir verwenden zermahlenes Basaltgestein und tragen es auf der Erdoberfläche auf, so kommt es bei Regen zu einer geochemischen Reaktion.“ CO2 reagiert mit Wasser und Gestein, wird in Bikarbonat umgewandelt und versickert dann in den Erdschichten. Neben den Vorteilen für das Klima werden derzeit auch Vorteile für die Böden untersucht.

Das gemahlene Gestein – von der Konsistenz her ähnelt es laut dem Gründer Backmehl – bekommt Carbony aus österreichischen Basaltwerken, wo es als Nebenprodukt entsteht. Eine Tonne Basaltgestein besitzt das Potential bis zu 400 Kilogramm CO2 zu binden. Das Unternehmen wurde im Sommer 2023 gegründet und erhielt kurz darauf eine 350.000 Euro schwere FFG-Förderung.

Potential ausschöpfen

Bei der technischen Expertise verlässt sich CEO Rettenbacher auf CTO und gelernten Maschinenbauer Silyan Ivanov aus Bulgarien, die weiteren Mitgründer sind Umweltmanagerin Sandra Gottschall und Geochemiker Thomas Rinder. Geschäftsmodell von Carbony ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern. „Es gibt nicht-vermeidbare Emissionen, für die wir einen Ausgleich bieten können.“ Dafür muss das Modell des Startups noch skalierbar werden: Eine Tonne reduziertes CO2 kostet im EU-Emissionshandel rund 50 bis 100 Euro, bei Carbony sind es aktuell deutlich mehr. „Wir lassen die Projekte wissenschaftlich begleiten, das macht unser Angebot derzeit noch teuer.“ Dennoch konnte man bereits einige Kunden gewinnen – der Onlinemarktplatz Refurbed unterstützt ein Carbon-Removal-Projekt.

Das theoretische globale Potential von Enhanced Weathering liegt bei mehr mehreren Gigatonnen pro Jahr. „Natürlich ist dieser Wert schwer erreichbar, dennoch kann die Technologie einen wichtigen Beitrag leisten“, sagt Rettenbacher. Der Gründer ist nicht der Meinung, dass eine einzelne Technologie die Menschheit irgendwann retten wird. „Es braucht ein Zusammenspiel von vielen Lösungen und Faktoren und auch ein gesellschaftliches Umdenken hin zu einem bewussteren und nachhaltigen Konsum.“

Es gibt nicht-vermeidbare Emissionen, für die wir einen Ausgleich bieten.

Matthias Rettenbacher, (Gründer, Carbony) von links: Matthias Rettenbacher, Sandra Gottschall, Matthias Rettenbacher, Thomas Rinder, Silyan Ivanov

#Talents & Company

Vier Jahre lang baute Mario Derntl die größte Lehrlingsinitiative Österreichs – „Zukunft. Lehre. Österreich“ – auf. „Während dieser Zeit ist mir bei unzähligen Betriebsbesuchen aufgefallen, dass die Lehrlingsausbildung immer noch sehr analog gedacht wird – gleichzeitig gibt es ein ex-tremes Silodenken“, sagt Derntl. Gemeinsam mit seinem Mitgründer Fabian Doppler unternimmt er daraufhin einige Prototypenversuche. Das Ziel: Unternehmen zu helfen, mit dem Einsatz von Daten die Lehrlingsausbildung zu verbessern. 

Gegründet wird das Unternehmen Talents & Company schließlich im September 2023. Trotz des großen Bedarfs am Markt und der Expertise der Gründer bleibt der große Erfolg anfangs aber aus. „Jeder war zwar interessiert und hat unser Angebot lässig gefunden, die Türen wurden uns aber nicht gleich eingelaufen“, erinnert sich Derntl, „wir mussten den Unternehmen erst erklären, was bei uns wirklich passiert. Nach zwei Monaten Aufklärungsarbeit hat es Klick gemacht.“ Was wirklich passiert: Die drei Kernbereiche umfassen neben Beratung, Vortrag und Workshopangeboten auch eine Software, die für Performancemanagement und Benchmarking in der Ausbildung verwendet werden soll und gerade entwickelt wird. Kurz vor der Gründung stieß Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner als Business Angel zum Unternehmen. „Neben betriebswirtschaftlichen Themen hat er auch zu persönlichen Aspekten wertvolle Expertise. Vergangene Woche habe ich mir viel zu viele Termine zugemutet und konnte nicht einmal mehr Salestermine nachbearbeiten – solche Learnings kann man super mit ihm besprechen.“

Zielgruppenorientiert denken

Etwa 80 Prozent des Umsatzes werden derzeit mit datengestützter Beratung generiert. „Die meisten unserer Kunden:innen sind im Recruiting von Lehrlingen gut, wollen aber ausgezeichnet werden“, erklärt der Gründer. Talents & Company wertet mittels eigens trainierter KI Ausschreibungen und Prozesszeiten im Recruiting aus und analysiert Klickzahlen über Google. Ein klassischer Fehler ist laut Derntl die Konzentration auf eine falsche Zielgruppe. „Karriereseiten für Lehrlinge werden oft von Eltern über 40 besucht, die sich für ihren Nachwuchs informieren, viele Unternehmen sprechen im Recruitingprozess aber nur junge Menschen an.“ 

Derntl beobachtet, dass junge Menschen eine Berufsentscheidung weniger auf Sozialen Medien oder einer Karriereplattform, sondern beim Schnuppern treffen. „Es ist extrem wichtig, eine persönliche Beziehung aufzubauen.“ Das erlebte er selbst: Als orientierungsloser Schulabbrecher startete er eine Lehre bei der voestalpine. Die vermittelte Motivation und das entgegengebrachte Vertrauen durch den dortigen Ausbildungsleiter sind Grundstein für seine heutige Karriere._

Viele Unternehmen konzentrieren sich bei der Lehrlingssuche auf die falsche Zielgruppe.

Mario Derntl (Gründer, Talents & Company) von links: Florian Gschwandtner, Mario Derntl, Fabian Doppler

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