„Jetzt kündige ich und mache das full-time!“
Klavier lernen via Augmented Reality, eine ganzheitliche Plattform für Marketing- und Vertriebsabteilungen und die digitale Alternative zur klassischen Fotobox: drei der spannendsten Startups des Landes im Überblick.
Magic Keys
Die Geschäftsidee von Dominik Hackl war ihrer Zeit voraus. „Ich bin seit meinen Kinderjahren Pianist, während meines Studiums an der FH Hagenberg bin ich mit dem Thema Virtual Reality in Berührung gekommen und dachte, dass sich beide Sachen ideal kombinieren lassen“, erinnert sich der Gründer des Startups Magic Keys. Doch die Technologie ist noch nicht weit genug entwickelt, AR-Brillen kosten zu diesem Zeitpunkt mehr als 3.000 Euro und sind damit für die meisten Konsument:innen unerschwinglich.
Einige Jahre später ändert sich das. Im Sommer 2021 erhält die Oculus Quest 2, eine zum Zeitpunkt bereits massentaugliche VR-Brille, eine zusätzliche Augumented-Reallity-Fuktion. Hackl, der seine Idee im Laufe der Jahre nie aus den Augen verloren hat, widmet sich wieder der Umsetzung. „Ich habe auf Reddit ein Video gepostet, in dem ich mit der Oculus Klavier spiele“, erinnert er sich. Dieses Video wird von einigen Influencer:innen auf verschiedenen Plattformen geteilt und millionenfach angesehen. „Die Rückmeldung war extrem positiv, damit hätte ich nie gerechnet.“ Dann taucht in seinem Postfach auch noch ein Mail von Facebook selbst auf. „Die haben mir gratuliert und geschrieben, dass sie von meiner Idee begeistert sind und mich unterstützen möchten.“ Hackl ist im ersten Moment skeptisch – dann stellt sich aber schnell heraus, dass es sich nicht um einen Fake handelt. Sein Video wird bei der „Facebook Connect“, der größten VR-Konferenz der Welt, gefeaturt, in der Eröffnungs-Keynote stellt Mark Zuckerberg seine Idee vor. Der Konzern bietet Hackl eine Förderung an. „Für mich war dann klar: Jetzt kündige ich und mache das full-time.“ Neben Facebook sei vor allem die Unterstützung von tech2b wertvoll gewesen. „Ich habe durch das Inkubatorprogramm zwei Zuschüsse bekommen. Besonders hilfreich ist das Feedback von den Mentor:innen, die zur Verfügung gestellt werden.“
Seit Ende 2022 ist die erste Betaversion von „Magic Keys“ am Markt. Benutzer:innen können Werke auswählen und bekommen die Noten in Echtzeit auf die Klaviertastatur projiziert. Hackl: „Das Stück wird eingelernt, ohne Noten zu lesen.“ Das Tempo lässt sich einstellen, bei E-Pianos werden die Tastenanschläge in die App übertragen.
Hackls großer Traum ist es, mehr Leute zum Klavierspielen zu bringen. „Zum Teil gibt es eine hohe Einstiegsbarriere für viele Leute, das will ich ändern. Menschen, die keinen einfachen Zugang zu Musikschulen oder -lehrer:innen haben, sollen auf den Geschmack kommen.“
Als ich ein Mail von Facebook in meinem Posteingang gefunden habe, war ich zuerst skeptisch.
Dominik Hackl
Gründer, Magic Keys
Presono
Ursprünglich wollte Presono-Gründer Martin Behrens eine unkompliziertere Powerpoint-Alternative erschaffen. In den Jahren nach der Gründung 2015 wurde diese Idee aber weiterentwickelt – vom ursprünglichen Konzept ist wenig übriggeblieben. „Unser größter Schritt war von einem vermeintlichen Powerpoint-Konkurrenten hin zu einer B2B-Marketing- und Vertriebsplattform“, erklärt der Gründer. Heute ist Presono eine ganzheitliche Plattform für Marketingabteilungen, mit der Unterlagen aktuell, brandingkonform sowie zentral verwaltet werden können. Gleichzeitig sieht man sich als Schnittstelle zwischen Vertrieb und Marketing. „Vertriebler:innen können im Tool die aktuellsten Infos abrufen –
vom technischen Datenblatt über interaktive Broschüren bis zur Unternehmenspräsentation.“ Laut Statistiken sparen sich Unternehmen damit 25 bis 50 Prozent an Arbeitszeit, die in kundenorientierte Unterlagen fließt. Behrens: „Diese Zeit kann stattdessen genutzt werden, um näher an der Kundschaft zu sein und sie besser betreuen zu können.“
Mittlerweile greifen etwa 60 Kunden auf das Angebot des Linzer Unternehmens zurück, das Team umfasst elf Mitarbeitende. „Wir haben gelernt, dass unser Konzept weniger für Zwei-Personen-Teams geeignet ist, die nicht dieselben Schmerzpunkte wie größere Abteilungen in mittelgroßen KMU und darüber haben“, sagt der Gründer. Besonders für Unternehmen, die erklärungsbedürftige oder technische Produkte anbieten, sei Presono ideal. „Während früher Verkäufer:innen mit einem Kofferraum voller Kataloge herumgefahren sind, ist heute unsere Plattform ein digitaler Kofferraum mit allen nötigen Informationen.“ Neu ist ein integriertes Analysemodul, mit dem ausgewertet werden kann, welche Personen welche Inhalte der verschickten Marketing- und Verkaufsunterlagen ansehen. Ziel sei es, die Art und Weise, wie Kunden, Partner und Interessenten mit Informationen bespielt werden, zu revolutionieren.
Herausforderung für viele Unternehmen ist der Fachkräftemangel, meist wird genau abgewogen, wann welche Projekte gestartet werden können und ob es dafür genug Ressourcen gibt. „Mit unserem Tool können wir helfen, die Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Erfolgsquote im Vertrieb zu erhöhen.“ Neben der stetigen Weiterentwicklung des Produkts läuft derzeit die Internationalisierung von Presono an. „Nächster Schritt ist es, den Vertrieb EU-weit auszubauen, danach werden wir den US-amerikanischen Markt erschließen.“ Darauf hat sich Behrens schon im zweimonatigen „GoUSA“-Programm der WKO vorbereitet – in New York.
2020 konnte Behrens in „2 Minuten, 2 Millionen“ den SevenVentures-Investor Daniel Zech überzeugen, eine Million Euro in das Unternehmen zu investieren. Nun ist man erneut auf der Suche nach Partner:innen und Investor:innen, um die Expansion zu beschleunigen. „Wenn wir weiter an Geschwindigkeit zulegen könnten, wäre das für uns ideal.“
Wir sind erneut auf der Suche nach Partner:innen und Investor:innen, um die Expansion zu beschleunigen.
Martin Behrens
Gründer, Presono
eventPic
eventPic ist eine virtuelle Fotobox und Live-Fotowand. Der USP des Produkts: Benutzer:innen müssen sich nicht anmelden oder eine App downloaden, mittels QR-Code bekommen sie Zugriff und können ihre Bilder auf die Seite des Veranstalters laden. „Die Idee ist aus einer Kampagne entstanden, die wir für ein Unternehmen entworfen haben“, sagt Stefan Straßburger von Involve. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „Büro für digitales Marketing“, eventPic ist mittlerweile das wichtigste Projekt.
„Wollt ihr die traditionelle Fotobox mit eurer Idee killen?“, wollte ein Freund Straßburgers von ihm wissen, nachdem das Produkt online ging. „Im Gegenteil“, erklärt der Gründer, „eventPic ist eine Ergänzung zur traditionellen Fotobox.“ Mit der Anwendung sollen alle Gäste zu Eventfotograf:innen werden; die Veranstalter, die sich für eventPic entscheiden, bekommen dadurch spontane, ungefilterte und persönliche Bilder ihres Events. Straßburger: „Besonders beliebt ist das Angebot bei Hochzeiten.“ Analoge Fotoboxen seien oft ausgebucht und teilweise teuer, immer mehr Menschen würden nach digitalen Alternativen – oder eben Ergänzungen – suchen.
Die Datenmenge für eventPic-Kund:innen bei Veranstaltungen ist kaum begrenzt. „Für mich ist es nicht ganz nachvollziehbar, wenn manche Anbieter im digitalen Umfeld das Volumen auf eine bestimmte Menge an Nutzer:innen oder Datenvolumen reduzieren und jeder Zusatz dann extra kostet, denn ehrlicherweise kosten Datenmengen in diesem Ausmaß kaum etwas“, erklärt Straßburger. Eingeschränkt ist nur die Dauer des Events – etwa auf 24 Stunden bei einer Hochzeit. Danach wird die Uploadfunktion abgeschaltet. Der Veranstalter kann die Bilder danach downloaden, auf die Involve übrigens keinen Zugriff hat. „Wir tracken auch keine Daten.“ Für Eventgäste ist die digitale Fotowand mit dem Link noch sechs Monate lange sichtbar.
Seit November ist eventPic am Markt. „Wir haben das Produkt damals einfach ganz blauäugig online gestellt und geschaut, was passiert“, sagt Straßburger. Die Rückmeldungen seien gut, mittlerweile ist die Anwendung besonders in Deutschland beliebt. Derzeit ist der Gründer auf der Suche nach großen Kooperationspartnern.
Wie sieht es bei einem schnell wachsenden digitalen Produkt, das derzeit noch einzigartig ist, eigentlich mit der Sorge aus, große Player am Markt könnten die Idee kopieren? Straßburger lacht. „Das wird sicher passieren – aber dann werden wir uns wieder etwas Neues einfallen lassen.“ Die Weiterentwicklung des Projekts sei motivierend und würde Spaß machen. „Das war ja auch, was mich in die Selbstständigkeit getrieben hat – ich will an Dingen arbeiten, hinter denen ich stehe.“_
Ich will an Dingen arbeiten, hinter denen ich stehe.
Stefan Straßburger
Gründer, Infolge
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