Die Jungen sind faul, die Alten unflexibel?
Die jüngeren Generationen wollen nicht mehr arbeiten, für die älteren zahlt sich Weiterbildung nicht mehr aus! Frauen fehlt das technische Verständnis! Die Liste an Vorurteilen über Jung und Alt, Männer und Frauen, lässt sich beliebig fortführen. Doch was ist dran? Auf Spurensuche zwischen den verschiedenen Generationen und Geschlechtern in der Arbeitswelt, beim Marktforschungsunternehmen Whitebox, Werkzeugbauunternehmen Haidlmair, bei der Englischen Spielschule und der Volksbank Oberösterreich.
Hahn im Whitebox-Korb
Sieben Damen und ein Herr. Michael Lebersorg ist der einzige Mann im Team des Marktforschungsunternehmens Whitebox. Die Frage nach einem möglichen Zickenterror unter so vielen Frauen hört Geschäftsführerin Daniela Höllerbauer bei jedem Bewerbungsgespräch. Mit diesem und einem weiteren Vorurteil zum Thema Generationen und Geschlechter in der Arbeitswelt können sie und ihr einziger männlicher Mitarbeiter bei einem Besuch im Linzer Unternehmen aber aufräumen.
Michael Lebersorg arbeitet seit September beim Marktforschungsunternehmen Whitebox. Er wusste, dass er sich bei einem reinen Frauenteam bewirbt, erfuhr aber erst beim Bewerbungsgespräch, dass beim 2002 gegründeten Unternehmen noch nie ein Mann gearbeitet hatte. „Ich war dann doch kurz etwas skeptisch und habe am Ende nach dem Grund dafür gefragt“, erinnert sich Lebersorg. Die Antwort, dass es sich einfach so ergeben habe, reichte für den 31-Jährigen. Er arbeitet sehr gerne bei Whitebox und auch seine 35-jährige Chefin Daniela Höllerbauer möchte den Mann in ihrem Team nicht mehr missen: „Wir müssen uns immer in andere Menschen und Situationen hineinversetzen, die Meinung von beiden Geschlechtern macht unsere Arbeit jetzt noch ein wenig authentischer. Michael wird oft nach seiner Sichtweise gefragt.“ Lebersorg ist im Vertrieb tätig. „Da können wir jetzt gezielt überlegen, wo besser ein Mann oder eine Frau hinfahren soll.“ Whitebox betreibt Marktforschung mit den beiden Schwerpunkten Mystery Shopping und Online-Befragungen. Lebersorg habe auch für eine positive Veränderung beim Betriebsklima gesorgt: „Es ist ein bisschen mehr Lockerheit und Spaß ins Büro gekommen.“ Er sei an neue Dinge, wie etwa die interne Videoproduktion, lockerer herangegangen und habe dadurch anderen die anfängliche Angst davor genommen. Nichtsdestotrotz, das Team habe auch als reine Frauenmannschaft sehr gut und erfolgreich zusammengearbeitet. Bezüglich des immer wieder gehörten Vorurteils des Zickenterrors unter vielen Frauen hat auch Lebersorg nachgefragt. Für die Chefin ist das mittlerweile eine „Standardfrage bei jedem Bewerbungsgespräch“, die sie immer wieder mit gutem Gewissen verneinen könne.
Gleichwertigkeit und Eigeninitiative
Das Erfolgsrezept für das gut funktionierende Whitebox-Team sehen die beiden in einem „tollen Mix aus verschiedenen Persönlichkeiten und Charakteren“. Teamarbeit sei bei Whitebox ganz wesentlich und dafür brauche es laut Höllerbauer Gleichwertigkeit und Eigeninitiative: „Bei uns gibt es keine Alphatiere, wir konkurrieren nicht untereinander.“ Die Kundenanforderungen würden sich rasch ändern, dazu kämen die neuen Technologien: „Wir haben zuletzt alle zwei Jahre die Methode zum Tester-Briefing verändert, es ging von Einzeltelefonaten zu Telefonkonferenzen und nun Video-Tutorials, die wir selbst produzieren.“ Dafür brauche es von den Mitarbeitern sowohl stetige Veränderungsbereitschaft als auch Mut zum Risiko und Scheitern. Bei all diesen Anforderungen würde es helfen, dass alle Mitarbeiter der Generation Y angehören. Mit den in dieser Generation auftretenden Schwangerschaften und Babypausen und der Forderung dementsprechender Flexibilität hat Höllerbauer gelernt umzugehen: „In den vergangenen Jahren war immer, inklusive mir, jemand schwanger. Aber heute fordern ja nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Arbeitgeber viel Flexibilität, und wenn beide an einem Strang ziehen, dann ist es eine Win-Win-Situation für alle.“
Die Mitarbeiter könnten sehr zeitflexibel arbeiten, alle hätten auch von Zuhause die Möglichkeit auf Arbeitsunterlagen zuzugreifen. Es werde keinesfalls eine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit verlangt, aber „wenn die Bude brennt, dann weiß ich, dass jeder erreichbar wäre“. Höllerbauer selbst arbeitet seit der Rückkehr aus der Karenz Teilzeit und hat dadurch an diesem Arbeitszeitmodell viele Vorteile entdeckt: „Ich habe früher 50 Stunden und mehr gearbeitet. Da ist am Ende des Tages der Kopf leer und man hat keinen Raum mehr für neue Ideen.“ Die Mitarbeiterinnen seien alle wieder nach ein, zwei Jahren aus der Karenz retour in den Job gekommen. Bei der Organisation habe geholfen, dass die Frauen über Home-Office schon früher geringfügig wieder gearbeitet haben und auch im Vorfeld bereits mitteilten, wann sie wiederkommen wollen. Das Unternehmen ist kontinuierlich gewachsen, sodass keine befristeten Karenzvertretungen notwendig waren. Auch aktuell ist man wegen zwei Schwangerschaften im Team wieder auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Ob diese Voll- oder Teilzeit anfangen wollen und wann genau diese ihre Stunden leisten wollen, werde man flexibel vereinbaren. Nur so viel steht fest: Männer haben sich keine beworben. Lebersorg bleibt vorerst der Hahn im Whitebox-Korb.
„Seit ich selbst Teilzeit arbeite, habe ich extrem viele Vorteile von Teilzeit-Kräften entdeckt.“
Daniela Höllerbauer
Geschäftsführerin, Whitebox
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