
„Quäl dich, du Sau!“
Während „normale“ Menschen nach dem Büro gerne mal am Sofa entspannen oder ihr Lieblingsrestaurant besuchen, ist die Freizeit von Johannes Pracher besonders während der Trainingssaison bis auf die letzte Minute verplant. Und Trainingssaison ist fast immer. Denn die große Leidenschaft des Kepler Society-Geschäftsführers und Ironmans ist der Triathlon.
Pracher liebt Gummibärli. Heute hat er allerdings noch keine gegessen, denn damit er sich das erlaubt, muss er am selben Tag entweder 21 Kilometer gelaufen, 100 Kilometer Rad gefahren oder 3,8 Kilometer geschwommen sein. Vor unserem Interview hat er frühmorgens „nur“ drei Kilometer im Schwimmbecken absolviert, für Süßigkeiten ist das noch zu wenig. Diese eiserne Regel hat sich Pracher selber auferlegt, an ihr führt kein Weg vorbei. Nur von September bis Dezember gönnt er sich einen ausschweifenderen Lebensstil, dann gib es auch Alkohol und Fast Food – im restlichen Jahr tabu. Ansonsten: komplexe Kohlenhydrate, viel Gemüse, mageres Fleisch. „Ich mache das, damit ich leistungsfähig bleibe und meine Trainingsfortschritte erreiche“, sagt Pracher. „Wenn man den ganzen Tag funktionieren muss, dann geht das nur, wenn man sich gesund ernährt.“
„Manchmal wollte ich nur noch weinen“
Den ganzen Tag funktionieren: Das ist in dem Fall keine Übertreibung. In den frühen Morgenstunden und nach dem Büro legt der Geschäftsführer eine Trainingseinheit hin, dazwischen gibt es auch kaum Zeit für Entspannung. 9.000 Kilometer ist er im vergangenen Jahr mit dem Rad gefahren, 2.100 Kilometer gelaufen und fast 300 Kilometer geschwommen. Bei einem Vollzeit-Job als Geschäftsführer der Kepler Society geht sich das nur aus, wenn jede Minute durchgeplant ist – bis zum Einkaufen und Kochen. „Nachdem meine Frau 2014 mit Triathlon begonnen hat und davon begeistert war, wollte ich das auch unbedingt ausprobieren“, erinnert sich Pracher. „Viel Sport habe ich aber davor auch schon betrieben.“ Seitdem hat er einen Ironman, fünf Halb-Ironmans, einige Olympische Triathlons und Sprints absolviert. Der Ironman ist die absolute Königsdiziplin: Zuerst 3,8 Kilometer schwimmen, dann 180 Kilometer radfahren, danach noch einen Marathon laufen. Radfahren ist seine Lieblingsdisziplin, Laufen liegt ihm. Schwachstelle ist – wie bei den meisten Triathleten – das Schwimmen. „Wenn man nicht als Kind schon viel geschwommen ist, wird man das nie mehr perfektionieren“, erzählt er, „erst nach vielen Trainingseinheiten und Lehrstunden hat es irgendwann mal Klick gemacht.“ Trotzdem sei die Schwimmdistanz für weniger versierte Schwimmer wie ihn alles andere als ein Vergnügen. „Beim Start stürzt ein Pulk von hunderten Schwimmern auf engstem Raum ins Wasser, das ist wie eine Schlägerei – wer sich da im Wasser nicht so wohlfühlt, wird regelrecht überschwommen“, sagt Pracher. Dazu kommt noch der psychologische Effekt. Nehmen beim Laufen oder Radfahren die Schmerzen überhand, kann man einfach stehenbleiben. Im See geht das nicht. Einmal bekam der Geschäftsführer beim Schwimmen einen Krampf in beiden Füßen und musste sich kilometerlang nur mit beiden Händen über Wasser halten. Es sind die Momente, in denen man zweifelt, und aufgeben will. So auch in der Endphase der Vorbereitungszeit für den ersten Triathlon, nach den Trainings habe ihm tagelang alles weh getan. „Ich war permanent erschöpft und wollte nur noch weinen“, sagt Pracher.
Warum tut man sich das an? „Der Moment des Zieleinlaufs ist einfach unbeschreiblich, wie man sich dabei fühlt, wenn man die letzten Meter läuft, ist nicht in Worte zu fassen“. Natürlich sei das Ganze auch eine gewisse Ego-Sache. „Wenn du in einer Runde sitzt und erzählen kannst, du bist einen Ironman in neun Stunden und 41 Minuten gelaufen, dann macht das schon Spaß“, gibt Pracher zu und lacht. Die Zauberwörter „You are an Ironman“ würden für alle Schmerzen mehr als entschädigen, dazu kommt das Bewusstsein, sich selbst besiegt zu haben. Als seinen größten Triumph sieht er aber nicht den erfolgreich absolvierten Ironman, sondern seine Ziel-Zeit beim ersten Halbironman. „Damals wollte ich unter fünf Stunden bleiben und jeder, ausnahmslos jeder, hat mir gesagt, dass ich das bei meinem ersten Versuch nicht schaffen werde, schon gar nicht, weil ich erst seit einem halben Jahr Schwimmen trainiert habe“, erinnert sich der Geschäftsführer. Die Zweifler täuschten sich, Pracher kam nach vier Stunden und 57 Minuten im Ziel an.
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„Der Gegner beim Triathlon ist man selbst, ich will mir selbst beweisen, dass ich durchhalte.“
Johannes Pracher Geschäftsführer, Kepler Society