Zwischen den Zeilen lesen
Jahrelang leitete er als Obmann den ÖVP-Landtagsklub, seit Oktober 2015 ist Thomas Stelzer Landeshauptmann-Stellvertreter und in der Landesregierung für Bildung, Jugend, Frauen, Forschung und Personal zuständig. Viele sehen in ihm den zukünftigen Landeshauptmann Oberösterreichs. Wir haben uns mit ihm über seine größte Leidenschaft unterhalten: das Lesen. Stelzer gilt als fleißiger Macher und Musterschüler, Motivations- und Coachingbücher treiben ihn dazu aber nicht an. Vielmehr liebt er es, in Romanen in fremde Welten abzutauchen.
„Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt“, schrieb der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges in „Die letzte Reise des Odysseus“. Rund 300 öffentliche Bibliotheken oder eben Paradiese gibt es in Oberösterreich, eine der größten hat ihren Sitz im Linzer Wissensturm.
120.000 Medien aus allen Wissensgebieten, von Literatur-Klassikern über Kinderbücher bis hin zu jungen Werken von aufstrebenden Autoren finden die Besucher hier. 120.000 Werke – oder anders ausgedrückt, eine gewaltige Menge an Wissen. Und unzählige Welten, die darauf warten, erkundet zu werden. Inspirationen, die sich zwischen den Zeilen finden lassen. Es ist Vormittag und das Angebot wird rege genutzt: Zahlreiche Menschen streifen durch die Gänge, schmökern. Zwei junge Männer lesen vertieft in Deutsch-Lernunterlagen, eine alte Frau fragt die Bibliothekarin nach einem Roman. Welchen besseren Ort für ein Interview über das Lesen gibt es als eine Bibliothek? Darum treffen wir uns mit Thomas Stelzer hier.
„Ich kann mich erinnern, dass mir das Lesen schon als Kind ungeheuren Spaß verschafft hat“, sagt Stelzer, während er durch einige Klassiker blättert. „Bei meinen Freunden war Karl May unheimlich beliebt, bei mir war das aber seltsamerweise gar kein Thema“, sagt er. „Dafür erinnere ich mich umso besser an die Fünf Freunde – Serie.“ Damals besuchte der heutige Landeshauptmann-Stellvertreter das Gymnasium der Jesuiten Linz, 1985 maturierte er am Kollegium Aloisianum Linz.
Bilderbuchkarriere
Schon damals hatte er kein Lieblingsbuch, das hat sich bis heute nicht geändert. „Ich lese sehr variantenreich, es kommt schon mal vor, dass ich mir denke, ich hätte mein neues Lieblingsbuch gefunden“, sagt Stelzer. Das würde sich dann aber wieder ändern, sobald er zu einem neuen Buch greife, das ihn ebenfalls fasziniert. Momentan ist das „Treibsand“ von Henning Mankell. Ein düsteres Buch, in dem sich Mankell intensiv mit seiner Krankheit und dem Tod auseinandersetzt. Beschäftigt sich auch der Landeshauptmann-Stellvertreter mit der Sterblichkeit der Menschheit? „Man braucht eine gute psychische Verfassung, um das Buch zu lesen. Das nahende Ende klingt immer mit, auch wenn Mankell noch von Hoffnung und Kampf erfüllt war, als er dieses Buch geschrieben hat“, sagt Stelzer. In der Realität ging die Geschichte bekanntlich anders aus – Mankell erlag seinem Krebsleiden. „Es ist nicht einfach, sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen – aber es ist umso besser, wenn man durch eine Lektüre dazu gezwungen wird.“
Im Buch beschäftigt sich Mankell allerdings auch mit Kindheitserfahrungen, die ihn prägten. Welche Momente prägten Stelzer? In eine bestimmte Richtung habe ihn nichts Spezielles getrieben, aber „in Erinnerung ist mir geblieben, dass ich in der Schule einmal einen Redewettbewerb gewonnen habe.“ Am liebsten liest Stelzer jedenfalls Romane. „Auch wenn ich hin und wieder zu philosophischen Büchern greife, oder zu welchen über politische Zusammenhänge, wie etwa das letzte Buch von Helmut Schmidt“, sagt er. Motivationsbücher, Ratgeber oder Coachingbücher seien aber „gar nicht“ sein Fall. Vielleicht bekommt man also die besseren Ratschläge, wenn man zwischen den Zeilen liest – in Romanen. Thomas Stelzer wäre jedenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass man auf diese Weise eine Bilderbuchkarriere hinlegen kann: Nach seinem Abschluss in Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität in Linz arbeitete er bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, ein Jahr später startete er seine politische Laufbahn als Mitglied des Linzer Gemeinderates, dieses Amt hatte er bis 1997 inne.
Daneben war er als Mitarbeiter im ÖVP-Landtagsklub tätig und war von 1992 bis 2001 Landesobmann der Jungen ÖVP Oberösterreich. Blieb damals noch Zeit zum Lesen? „Natürlich ließt man den ganzen Tag über beruflich E-Mails, Briefe oder Ähnliches. Für das private Lesen bleibt da weniger Zeit“, sagt Stelzer. „Das beschränkt sich auf den Abend ab halb 11 oder 11 Uhr, und natürlich im Urlaub, dafür dann umso intensiver.“ Mehr Zeit dürfte Stelzer auch ab 2001 nicht gehabt haben – als Mitglied des Linzer Gemeinderates und Klubobmann sowie Geschäftsführer der ÖVP Oberösterreich. 2009 endete diese Funktion mit der Ernennung zum Klubobmann der OÖVP im oberösterreichischen Landtag.
Seit Oktober 2015 ist Thomas Stelzer Landeshauptmann-Stellvertreter und in der Landesregierung für Bildung, Jugend, Frauen, Forschung und Personal zuständig. In den vergangenen Jahren haben sich nicht nur seine Funktionen geändert. Auch die Digitalisierung schritt mit großen Schritten voran. So weit, dass sie auch das Lesen sehr verändert hat. E-Reader setzen sich immer stärker durch. „Ich bin aber ein total haptischer Typ, ich steh darauf, umblättern zu können“, sagt Stelzer. „Doch ich verweigere mich natürlich nicht dem Neuen.“ Hin und wieder würde er auch am iPad lesen, lieber sei ihm aber immer noch das klassische Buch.
Die Neugierde erhalten
Lesen spielt auch in Stelzers Zuständigkeitsbereich, dem Bildungsressort, eine ganz wesentliche Rolle. „Um die Begabungen optimal zu entwickeln und zu nutzen, arbeiten wir permanent an einem Bildungssystem, das Chancen bietet, Leistungen fordert und gezielt auf Schwächen eingeht“, sagt er. Wie kann es gelingen, die Jugend wieder stärker für das Lesen zu begeistern? „Vor diesem Interview war ich in einem Kindergarten, es fasziniert mich immer wieder neu, wie neugierig Kinder auf alles sind“, sagt Stelzer. Wenn es im gesamten Bildungssystem gelinge, diese Neugierde zu erhalten, dann wäre der Erfolg sicher. „Einen Buchdeckel aufschlagen, schauen, welche Geschichte dahinter steckt – dieses Erlebnis müssen wir bei jedem Kind erhalten, und nicht durch zu viele Reglementierungen stoppen“, sagt er.
Nicht nur die Jugend liest immer weniger. Kürzlich zeigte eine Studie das Verschwinden des klassischen Gelegenheitslesers auf. „Durch unsere schnelleren Kommunikationsformen schalten wir auch schnell mal ab, umso wichtiger wäre es, öfters zu einem Roman zu greifen“, sagt Stelzer. Für ihn bedeute das auch, in eine andere Welt zu gleiten. „Lesen sollte einen weiter bringen und mit Dingen konfrontieren, die wir im Alltagsleben nicht erleben.“ So will auch er aus jedem Roman etwas mitnehmen. „Ich versuche, mich in den Protagonisten hineinzuversetzen und überlege mir, wie ich in seiner Situation mit der Lage umgegangen wäre, wie ich sie gelöst hätte“, sagt Stelzer.
Gibt es einen Protagonisten, der ihn besonders faszinierte oder in dessen Rolle zu schlüpfen, besonders lehrreich war? „Natürlich ist jeder für Protagonisten anfällig, die in der Geschichte als Held oder Erfolgsmensch hervorgehen“, sagt Stelzer. „Einen bestimmten Lieblingsprotagonisten habe ich allerdings nicht – spannend war etwa die Trilogie von Stieg Larsson, in der Lisbeth Salander am Anfang total unsympathisch wirkt, dann aber mit der Zeit immer mehr an Kontur gewinnt.“ Salander stellt im Buch eine antisoziale junge Frau mit außergewöhnlichen Hackerfähigkeiten dar, die in ihrer Kindheit traumatische Erlebnisse erlitten hat. Falls es Stelzer gelungen ist, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Probleme zu lösen, dürfte ihn in seiner bevorstehenden Karriere – auch als Landeshauptmann – jedenfalls kaum mehr etwas überraschen._
„Lesen sollte einen weiter bringen und mit Dingen konfrontieren, mit denen wir im Alltagsleben nicht konfrontiert werden.“
Thomas StelzerLandeshauptmann-Stellvertreter, OÖ
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