Banal. Aber wichtig!
Printmedien, Plakatwände, Onlinemedien, Facebook, Twitter, LinkedIn und viele mehr. Die Möglichkeiten für Unternehmen, nach außen zu kommunizieren, sind durch die Digitalisierung noch einmal kräftig gestiegen. Doch wie kommuniziert man richtig mit potentiellen Kunden und Partnern und was geht gar nicht? Dazu fünf Punkte, die sich im Gespräch mit fünf Experten herauskristallisiert haben. Häufig recht banal. Aber mit erstaunlicher Wirkung!
01 Hauptsache auffallen.
So lautet bei vielen Unternehmen das Motto ihrer Unternehmenskommunikation. Doch das ist grundfalsch, sind sich die Experten einig.
„Der größte Ressourcenfresser ist der Aktionismus – solche Maßnahmen verpuffen ohne jegliche nachhaltige Wirkung“, sagt Othmar Prizovsky von der Linzer Kommunikationsagentur Prizovsky & Partner. Viel zu häufig werde ohne durchgehende Strategie gearbeitet. Es fehle häufig die Kernbotschaft, wenn immer wieder alle möglichen Sachen ausprobiert werden, so Klaus Lindinger, Inhaber und Geschäftsführer der Leondinger Werbeagentur Conquest. Die Kommunikationsstrategie muss laut Gerhard A. Wührer, Vorstand am Institut für Handel, Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, immer von den definierten Unternehmenszielen abgeleitet werden. Als Richtwert für eine grobe Rohplanung nennt Wührer einen Zeithorizont von zwei bis drei Jahren. Insgesamt sei in Zeiten der Digitalisierung die Entwicklung unvorhersehbarer geworden, Firmen müssten im Vergleich zu früher häufiger kurzfristig eingreifen.
Martin Kirchmayr, Director Marketing & Communications beim Welser Logistikanlagenbauer TGW Logistics Groups, erfährt das regelmäßig in der Praxis: „Nicht alles ist zu 100 Prozent planbar. Es gibt immer wieder gute Ideen, die wir kurzfristig umsetzen und dafür etwas anderes weglassen.“ Marketing und Kommunikation richten sich bei TGW nach der Fünf-Jahres-Strategie der Gruppe aus. Jährlich stimmt Kirchmayr die Schwerpunkte und das dafür benötigte Budget mit der Geschäftsführung ab. Wie von den Kommunikationsexperten empfohlen, ist die Abteilung in der Holding direkt der Geschäftsführung unterstellt. Kirchmayr hat ein Team von sechs Mitarbeitern, das für die weltweit tätige Gruppe mit 2.800 Mitarbeitern die Leitlinien und den Inhalt für das zentrale Marketing erstellt. In den ausländischen Tochterunternehmen verwerten Mitarbeiter diesen Inhalt passend zu ihrem Markt. Die Umsetzung erfolgt TGW-intern, Hilfe von Agenturen holt man sich für kreativen Input: „Wenn man mit dem Tagesgeschäft eingedeckt ist, wird man schnell einmal betriebsblind.“ Eine gute Zusammenarbeit zwischen Agentur und Unternehmen habe laut Lindinger „immer ein bisschen etwas mit Hose runterlassen zu tun“. Die Agenturen brauchen alle vorhandenen Informationen von den Firmen.
Zum Thema Budget sagt Kirchmayr: „Es kostet nicht alles so viel, wie manche glauben. Nicht immer ist die erste auch die beste Idee, mit Kreativität kann man viel erreichen.“ Wührer empfiehlt für die Bemessung des Werbebudgets, sich daran zu orientieren, wie die Wirtschaft insgesamt und die Branche im Speziellen wachsen. Große Einsparungen bei schlechten Wirtschaftslagen könnten später teuer zu stehen kommen: „Unregelmäßigkeiten kann man nur mit einem überdurchschnittlich hohen Beitrag wieder gut machen.“
02 Die Mischung macht’s.
„Dann machen wir halt mal wieder eine Pressekonferenz!“ „Da jetzt alle auf Instagram sind, sollten wir uns das auch überlegen.“
Alles abzudecken, weil es die anderen auch machen und weil man schon mal davon gehört hat, bringt laut Nina Panholzer von Prizovsky & Partner nichts: „Da sind wir wieder beim Aktionismus.“ Man müsse sich bei jeder Maßnahme fragen, was man damit erreichen wolle. Erstens gelte es zu entscheiden, welche Botschaften man vermitteln möchte, und zweitens, den dafür geeigneten Kanal zu finden. Die Informationsflut ist mit den vielen Medien groß geworden, es muss eine gewisse Relevanz aufgebaut werden.
Lindinger nennt als zwei häufige Fehler den zu wenig herausgearbeiteten USP und die zu technische Kommunikation: „Fakten holen heutzutage keinen mehr ab. Wir müssen Geschichten erzählen und die Produkte mit Emotionen verknüpfen.“ Am besten funktioniert der Medienmix, wenn crossmedial gearbeitet wird: „Online ist in den vergangenen fünfzehn Jahren zu einer nicht mehr wegzudenkenden Größe geworden. Print ist aber noch lange nicht tot.“ Im Onlinebereich hätten Firmen den Vorteil, sehr fokussiert ihre Zielgruppe bewerben zu können. Bei TGW habe man sich deswegen Anfang 2016 für eine Facebook-Seite entschieden und bewirbt dort nun beispielsweise auch bestimmte Jobs, erklärt Kirchmayr: „Wir suchen überwiegend neue technische Mitarbeiter und können diese online sehr gezielt ansprechen.“ Als die zwei wesentlichen Zielgruppen will TGW potentielle Kunden und damit rein b2b und neue Mitarbeiter ansprechen. Bei den Maßnahmen wird unterschieden zwischen Steigerung der Markenbekanntheit und der gezielten Unterstützung des Recruitings für bestimmte Stellen. Bei der Themenauswahl für die Medien hat TGW das Problem, dass viele Projekte, die für namhafte Firmen auf der ganzen Welt umgesetzt werden, nicht öffentlich genannt werden dürfen.
Für das kräftige Unternehmenswachstum und die dafür benötigten Mitarbeiter wurde im Herbst 2015 eine intensive Werbekampagne mit klassischen Medien, von großen Plakaten und Printanzeigen bis hin zum Onlinebereich, gestartet. Im vergangenen Geschäftsjahr bis Ende Juni ist die Gruppe um 400 Mitarbeiter gewachsen, im laufenden Jahr soll es ein Plus von 500 geben. Um das Bild als attraktiver Arbeitgeber zu schärfen, setzt die TGW Gruppe auch auf persönliche Kontakte bei Messen, unterstützt Studiengänge, vergibt Stipendien und fördert gleichzeitig im Rahmen der Stiftung, in deren Eigentum das Unternehmen steht, die Bildung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit zahlreichen unterschiedlichen Projekten. Als einen „sehr guten Schachzug“ bezeichnet Kirchmayr die Umbenennung des LASK-Stadions in die TGW-Arena: „Das funktioniert perfekt, dadurch sind wir in vieler Munde.“
03 Der richtige Zeitpunkt.
Panholzer und Prizovsky nennen als drei No-Gos der Unternehmenskommunikation nach außen zu spät, gar nicht oder die Unwahrheit zu kommunizieren.
„Einer der größten Fehler ist, dass Leute glauben, sie können nicht kommunizieren – aber egal, was sie machen und auch wenn sie nichts sagen, sie geben damit ein Zeichen“, spricht Prizovsky aus Erfahrung. Er muss in schwierigen Situationen oft Überzeugungsarbeit leisten, dass es klüger ist, die Dinge anzusprechen und nicht anderen die Interpretation zu überlassen. Panholzer ergänzt: „Zu diesem Zeitpunkt hat man noch Mitgestaltungsmöglichkeiten, in der Not ist man dann der Getriebene.“ Generell gelte: „Selbst gestalten oder es passieren lassen.“ In Zeiten von Social Media erwarten User einen permanenten Dialog. Für ein Unternehmen seien Rund-um-die-Uhr-Reaktionen aber kaum machbar und auch nicht notwendig: „Es genügt, wenn sich der Dialogpartner darauf verlassen kann, dass er regelmäßig Informationen und innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens Antworten bekommt.“
Die No-Gos klingen banal, in krisenhaften Situationen sei es aber menschlich und psychologisch einfach zu erklären, dass man nicht in der Öffentlichkeit Stellung beziehen möchte, sondern erstmal hoffe, unerkannt durchtauchen zu können. Außenstehende erkennen die Warnzeichen für eine potentielle Kommunikationskrise schneller als darin Involvierte. Die Unwahrheit kommunizieren kann auch bedeuten, etwas wegzulassen und nicht vollständig zu kommunizieren: „Das hält aber aus unserer Erfahrung überhaupt nie, das ist nur eine Frage der Zeit, bis es aufgedeckt wird, und dann verliert man das wichtigste Gut im Kommunikationsprozess: die Glaubwürdigkeit.“
In der täglichen Kommunikation fordert Lindinger Durchhaltevermögen: „Marketing lebt immer im Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Aktualität.“ Kommunikation braucht eine gewisse Lebhaftigkeit und Aktualität, dabei würden Unternehmen aber teils den Fehler machen, dass sie Botschaften den Kunden nicht oft genug und nicht lang genug vermitteln und diese somit kein klares Markenbild bekommen. Im Unternehmen ist man täglich mit denselben Kommunikationsthemen und Sujets konfrontiert – der Kunde am anderen Ende der Leitung sieht die Messages aber deutlich seltener.
04 Dann war die Krise auch schon da.
Das Sprichwort „Vorbereitung ist das halbe Leben“ trifft auch auf den Bereich Krisenkommunikation zu.
Panholzer und Prizovsky empfehlen die Vorbereitung mit Guidelines, wo definiert wird, was im Ernstfall von wem zu tun ist: „Dann ist man im Ernstfall nicht auf sein Bauchgefühl angewiesen.“ Viele Krisenthemen seien vorbereitbar. Kirchmayr hatte vor Erstellung der Facebook-Seite für die TGW Group „Respekt vor möglichen Shitstorms“ und daher anfangs auch eine Agentur fürs Monitoring beauftragt.
Wenn die Krise einmal da ist, rät Lindinger zu einer klaren, offenen und sachlichen Kommunikation: „Hilfreich ist ein Zielgruppendenken: Welche Reaktion erwartet sich ein Geschädigter von mir?“ Firmen sollten laut Professor Wührer die Emotionen aus der Kommunikation rausnehmen, keine Reue und Zerknirschung zeigen, sondern rein auf der sachlichen Ebene argumentieren. Bei guter Krisenkommunikation geht das Unternehmen daraus sogar gestärkt hervor, weiß Lindinger: „Kunden schätzen es, wenn sie wissen, dass sie von einem Unternehmen verstanden werden und nicht auf dem Schaden sitzenbleiben.“ Prizovsky ergänzt: „Jedes Unternehmen sollte seinen Kommunikationswert wie einen Aktienkurs betrachten.“ Wenn man seinen Kurs pflegt, indem man in gewisser Regelmäßigkeit der Öffentlichkeit Themen präsentiert, hat der Kurs eine stabile Entwicklung. Das verhinderte nicht, dass der Kurs bei einer Krise abstürzt, aber er stürzt auf ein anderes Level ab und man kann ihn wieder rascher nach oben bringen. Prizovsky wünscht sich, dass Journalisten Dinge von Unternehmen kritisch hinterfragen, um sich ein ordentliches Bild machen zu können und dieses auch mit Nachdruck vertreten können: „Wenn ich sauber kommuniziere, dann brauche ich davor keine Angst zu haben.“
05 Die Sinnfrage.
Mit der Frage nach der möglichen Messung des Erfolgs schließt sich wiederum der Kreis zu Punkt eins.
Dazu Klaus Lindinger: „Wenn immer wieder die verschiedensten Sachen ohne Zusammenhang ausprobiert werden, sind diese nachher nicht wirklich messbar.“ Institutsvorstand Wührer ergänzt: „Wenn nach außen ohne ausreichend interner Abstimmung kommuniziert wird, kommt es zu Irritationen in der Öffentlichkeit und die Leute beginnen, die Botschaften zu hinterfragen.“ Er nennt als Beispiel dafür die Kommunikation des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.
Durch eine enge Verknüpfung zwischen Kommunikation und Unternehmenszielen könnten man interne und externe Mitarbeiter darauf hinweisen, dass die Kommunikation genauso wie etwa Vertrieb und Produktion wesentlich zum Unternehmenserfolg beiträgt. Kommunikation ist evaluierbar. „Gerade in der jetzigen Zeit, wo Komplexität und Geschwindigkeit so rasant zunehmen, müssen Unternehmen ihre Pläne laufend überprüfen und anpassen“, so Prizovsky._
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