Nach der Matura ist vor der … Lehre?
Trotz der Coronakrise werden rund 10.000 Lehrlinge in Österreich gesucht. Bis zum Jahr 2030 sollen eine halbe Million Facharbeiter fehlen, so die Prognosen. Eine von der Initiative zukunft.lehre.österreich. (z.l.ö.) in Auftrag gegebene Studie zeigt: Knapp ein Drittel der Lehrbetriebe ist besorgt, nicht ausreichend Lehrstellenbewerbungen von geeigneten Kandidaten zu erhalten. Die Lehre attraktiver zu machen, ist ein wichtiger Baustein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wie das gelingen kann, erklärt z.l.ö.-Geschäftsführer Mario Derntl.
Wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Lehre?
DERNTLDie Lehre ist eine hochwertige Ausbildung. Das duale Konzept, also das Zusammenspiel aus praktischer Ausbildung im Lehrbetrieb und theoretischer Ausbildung in der Berufsschule, wird europaweit bewundert. Die Lehre ist also auf dem richtigen Weg. Aber natürlich gibt es auch Herausforderungen – besonders in Bezug auf das Image. Das betrifft den urbanen Raum deutlich mehr als die ländlichen Regionen.
Warum ist es im urbanen Raum schwieriger, Lehrlinge zu bekommen?
DERNTLMit Ausnahme von Linz ist die Dienstleistungsquote in den österreichischen Hauptstädten viel höher als der Anteil der Industrie. Infolgedessen ist das Angebot handwerklicher Lehrberufe nicht so breit gefächert. Dazu kommt dann noch, dass die Akademisierungsquote in den Städten relativ hoch ist. In den ländlichen Regionen sind die Leute außerdem viel stärker in den einzelnen Gemeinden verankert. Da weiß man, dass die Bäckerei im Ort oder der Fleischereibetrieb in der Nachbarschaft super Lehrstellen vergibt. Das ist im urbanen Raum natürlich nicht so gegeben.
Wie kann das Image der Lehre (im urbanen Raum) aufgewertet werden? Welche Initiativen braucht es?
DERNTLVor allem bei den Eltern muss das Bewusstsein dafür erhöht werden, dass die Lehre keine Sackgasse, sondern eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Karriere ist. Mit der Lehre stehen einem alle Türen offen – auch die Matura oder eine spätere akademische Ausbildung. Durch Angebote wie die Lehre mit Matura und die Berufsreifeprüfung ist ja mittlerweile alles möglich. Wir haben kürzlich eine große Jugendstudie veröffentlicht, die gezeigt hat, dass die Lehre bei jungen Menschen im Alter von 15 bis 29 Jahren denselben Stellenwert hat wie die Matura. Hier braucht es also keine Überzeugungsarbeit. Bei den Eltern und Großeltern ist aber noch viel Luft nach oben. Und die haben natürlich einen großen Einfluss darauf, welche Berufsausbildung der Nachwuchs macht.
Die Lehre ist keine Sackgasse, sondern der Start einer erfolgreichen Karriere.
Mario Derntl
Geschäftsführer, zukunft.lehre.österreich
Glauben Sie, dass es mit fünfzehn Jahren noch zu früh ist, sich für eine (Berufs-)Ausbildung zu entscheiden?
DERNTLTeilweise ja, teilweise nein. Manche wissen schon in der Sandkiste, welchen Beruf sie später ausüben wollen. Andere ändern mehrmals ihren Weg. Deshalb ist es auch so wichtig zu unterstreichen, dass auch mit der Lehre nur eine Richtung eingeschlagen wird, die weiterhin alle Möglichkeiten zur Weiterbildung offenlässt. Daher glaube ich auch, dass man die Entscheidung in diesem Alter durchaus treffen kann. Wir sind aber ganz stark davon überzeugt, dass die Berufsorientierung noch stärker in den Schulalltag einfließen muss. Sich frühzeitig mit seinen Talenten auseinanderzusetzen und dabei auch auf unterstützende Tools wie Talente-Checks oder Potentialanalysen zurückzugreifen, hilft enorm.
Kritik von der Industrie gab es zuletzt an der (coronabedingten) Entscheidung des Bildungsministeriums, mit einem „Nicht genügend“ aufsteigen zu können. Das setze die Lehrlingsbetriebe zusätzlich unter Druck. Wie stehen Sie dazu?
DERNTLDiese Entscheidung wirkt sich leider tatsächlich sehr negativ auf die Lehrlingsbetriebe aus. Ein Drittel der Lehranfänger sind Schulabbrecher. Ein Großteil davon sind Schüler, die die neunte Schulstufe nicht im Poly, sondern in einer HTL oder HAK machen. Da man sich im Bildungsministerium nun leider für diese Aufstiegsklausel entschieden hat, fehlen der Industrie viele dieser Lehranfänger. Wir sehen das sehr kritisch. Damit wird niemandem ein großer Gefallen getan. Man vermittelt eine falsche Sicherheit. Es macht natürlich Sinn, das Corona-Schuljahr anders zu bewerten. Da stimme ich voll und ganz zu. Aber Anreize zu schaffen, um Schüler, die mehrere Jahre hintereinander schwächeln, im Schulsystem zu halten, obwohl eine andere Ausbildung wahrscheinlich besser geeignet wäre, finden wir problematisch.
Im April wurde von Bundesministerin Margarete Schramböck die „DigiScheck“-Förderung zugesagt – eine von der z.l.ö. geforderte Maßnahme. Wieso ist diese Maßnahme so wichtig?
DERNTLDer „DigiScheck“ ist eine super Sache. Damit werden finanzielle Mittel für die digitale Weiterbildung der Lehrlinge zur Verfügung gestellt. Fortbildungskurse, die zwischen
1. Jänner 2021 und 31. Dezember 2022 stattfinden, werden mit bis zu 500 Euro gefördert. Aktuell wurden bereits mehr als 10.000 Kurse als förderbar genehmigt. Sich für den „DigiScheck“ zu bewerben, lohnt sich also wirklich.
Das oberösterreichische Pilotprojekt der Dualen Akademie wird ab 2022 in ganz Österreich ausgerollt. Das Modell realisiert eine verkürzte Lehrzeit für AHS-Absolventen. Wie waren die Erfahrungen damit in Oberösterreich?
DERNTLDie Duale Akademie ist ein tolles Modell! Da muss man auch einen großen Dank an Doris Hummer und ihr Team von der Wirtschaftskammer Oberösterreich aussprechen, die das Modell immer forciert haben und ganz wesentlich dafür verantwortlich sind, dass es umgesetzt wurde. Damit wurde wirklich eine coole Möglichkeit geschaffen, die Zielgruppe der AHS-Maturanten attraktiv anzusprechen. Es gibt viele AHS-Absolventen, die nicht mehr weiterstudieren möchten, sich mangels geeigneter Alternativen aber dann doch dazu entscheiden – und die können wir mit der Dualen Akademie gut abholen.
Wie wird sich das auf die angespannte Situation der Lehrlingsbetriebe auswirken?
DERNTLDas müssen wir erst abwarten. Derzeit gibt es die Duale Akademie nur für ausgewählte Lehrberufe – auch hier wird das Angebot in Zukunft sicher noch weiter ausgebaut. Aber die Pilotphase in Oberösterreich ist gut angelaufen. Und die Zielgruppe der AHS-Maturanten ist natürlich riesig.
Abgesehen vom Image: Wenn Sie einen weit verbreiteten Irrtum über die Lehre korrigieren könnten, welcher wäre das?
DERNTLEs gibt so viele höchst erfolgreiche Menschen, die sich mit der Lehre als Grundlage selbstständig gemacht haben. Dieser Karriereweg wird unglaublich unterschätzt! Wir müssen diese Persönlichkeiten vor den Vorhang holen und all diese realen Beispiele aufzeigen. Dann würde man auch dieses Bild nachhaltig aufbrechen, dass man in der beruflichen Karriere irgendwann nicht mehr weiterkommt, wenn man „nur“ eine Lehre gemacht hat._
#Weitere Artikel
„Die Freude am Umgang mit Menschen wird bleiben“
Vom Lehrling bei der Energie AG in den 1970er Jahren über internationale Stationen zum Generaldirektor seiner einstigen Ausbildungsstätte – Werner Steinecker blickt auf eine außergewöhnliche Karriere zurück.
Was wäre, wenn …
… sich der Fachkräftemangel noch weiter intensivieren würde? Wenn wir aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt unseren Status als Wohlstandsgesellschaft aufgeben müssten? Oder wenn Künstliche Intelligenzunsere Arbeitskraft ablösen würde?Wir haben Gerhard Straßer, Landesgeschäftsführer des AMS Oberösterreich, zum beruflichen und privaten Philosophieren eingeladen und sehr persönliche Einblicke erhalten.
Sie haben es getan!
Den Mut aufgebracht. Das Risiko auf sich genommen. Sich selbst verwirklicht. Nächtelang nicht geschlafen. Eine Idee geboren. Und wieder verworfen. Jubelnd gelacht. Verzweifelt geweint. Aber immer daran geglaubt. Und immer weitergemacht. 5 Geschichten. 5 Gründe zum Gründen.
Warum es ein Warum braucht
Sie haben das Rad tatsächlich neu erfunden. Jedenfalls das Kinderrad. Die Idee dazu ist Woom-Gründer Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka aus Eigennutz gekommen. Um diese auch umzusetzen, brauchte es vor allem zwei Dinge: „Wir hatten von Anfang an ein Why“ und „Wir haben uns wie Yin und Yang ergänzt.“
Warum gerade jetzt der beste Moment zum Gründen ist
Es ist die Mischung aus großer Liebe zum Design, einem angeborenen Wirtinnen-Gen und einer großen Portion Mut, die Katharina Weglehner zum Gründen bewegt hat. Vor allem aber liegt es an ihrer tiefen Überzeugung, dass ihre Idee gerade jetzt am Markt gebraucht wird: ein Hotelprojekt, das dem Fachkräftemangel trotzt, das gleichzeitig ein Design-Showroom ist und rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr junge, kulturbegeisterte Leute nach Bad Ischl lockt.
Von der digitalen Nomadin zur Agenturgründerin
Marketing und Reisen, das sind die zwei großen Leidenschaften von Melanie Hetzer. Und beides lebt sie als Gründerin der Onlinemarketing-Agentur Upgreat aus. Selbstständig sein bedeutet für die junge Niederösterreicherin Freiheit und Flexibilität. Dass sie genau zum Ausbruch der Coronapandemie gegründet hat, sei mehr Vor- als Nachteil gewesen.
Die eigene Spur gefunden
Gernot Kujal hat in seinem Berufsleben eine wahre Achterbahnfahrt hinter sich: Der freiberufliche Mitarbeiter bei einem kleinen Finanzdienstleister wird zum hofierten Star in der Verkaufsszene und macht sich selbstständig. Bis ihn ein Burnout fast in den Selbstmord treibt und er Konkurs anmelden muss. Vor einigen Jahren gründete er mit der Talenteschmiede wieder ein Unternehmen – und hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.
Unternehmerin seit der Kindheit
Stefanie Schauer lebt ihren Traum – den Traum vom Unternehmertum. Neben einer eigenen Werbeagentur gründete sie 2014 das Softwareunternehmen Offisy, das sie trotz einiger Rückschläge mit eisernem Durchhaltevermögen
zu einem erfolgreichen Unternehmen aufbaute.
was wäre, wenn …
Wussten Sie, dass es meistens nicht die Idee ist, an der Startups scheitern? Und wussten Sie, dass es in der oberösterreichischen Gründerszene ein 16-Uhr-Ritual gibt? Patric Stadlbauer, der mit seinem Smart Start Team von KPMG Österreich Startups unterstützt, hat sich unseren Was-wäre-wenn-Fragen gestellt. Und überrascht dabei mit der ein oder anderen Insiderinformation. Die Gedankenwelt eines Gründungsexperten …
Rein in den Konter!
Sie machen klein. Lächerlich. Oder verkleben den Mund. Verbale Attacken, die uns die Luft abschnüren. Manchmal fällt uns die passende Antwort erst Stunden nach dem rhetorischen Angriff ein. Doch dann ist es zu spät. Wie man sich dagegen wappnen kann, erklärt Kommunikationsexpertin Iris Zeppezauer.
Kinder und Karriere: ein Entweder-oder?
Oder ist beides möglich? „Ja!“, sagen Kati Bellowitsch, Mama zweier Jungs und Peter Huebauer, Papa von zwei Mädchen. Beide erzählen, wie sie alle(s) unter einen Hut bekommen. Wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden kann, zeigen die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Maschinenbau Fill.
Talentfrei? Gibt es nicht!!
Was fällt Ihnen leicht? Bei welcher Tätigkeit vergeht für Sie die Zeit wie im Flug? Und bei welcher Sache, die Sie stundenlang ausführen, denken Sie sich: „Hey, ich habe mehr Energie als davor!“? Voilà, Sie haben soeben Ihr Talent entdeckt, meint Keynote-Speaker und Unternehmer Ali Mahlodji. In zwei Unternehmen – ÖAMTC und Aspöck Systems – haben wir uns umgesehen, wie dort Mitarbeiter ihre Talente einsetzen.
Erfolgsfaktor Wertschätzung
Ja, genau, überall sollen Führungskräfte Wertschätzung zeigen, um Mitarbeiter zu halten und zu begeistern. Hier und da ein kleines Lob, gelegentlich eine Belohnung und alle Mitarbeiter sollen sich bitte mit Kusshand über die entgegengebrachte Wertschätzung freuen und selbstverständlich besser, lieber und länger arbeiten. Naja, nicht ganz. Was Wertschätzung tatsächlich bedeutet, erklärt „die Wertschätzerin“ Manuela Wenger. Und was bringt sie?
Wir haben uns bei drei Unternehmen umgehört …
Neue Studiengänge im Überblick
Auch dieses Jahr gibt es seit dem Wintersemester wieder einige Neuerungen an Österreichs Universitäten und Fachhochschulen. Auffällig bei den neuen Studienrichtungen: Der Schwerpunkt liegt klar auf den Zukunftsthemen
digitale Transformation und Informationstechnologie.
PR
…Wir# brauchen diese Talente!! Unternehmensprofil: HABAU Group
Die Habau-Unternehmensgruppe mit Sitz in Perg ist ein jahrzehntelang erfolgreich gewachsenes Familienunternehmen und zählt zu den Top vier der österreichischen Bauindustrie – mit Tätigkeitsschwerpunkt auf Österreich und Deutschland. Worauf man hier baut: auf Empowerment. Mitarbeiter werden ständig gefördert und dazu ermutigt, sich weiterzuentwickeln und ihren Mut zu Innovation und Kreativität zu leben. Dazu setzt man auf gegenseitiges Vertrauen, Kooperation und offene Kommunikation.
40 Fragen rund ums Bewerbungsgespräch
Die Einladung zum Vorstellungsgespräch ist eingetrudelt? Gratulation! Der Traumjob ist bereits ein großes Stück näher. Zum Feiern ist es aber noch zu früh – Vorbereitung ist jetzt angesagt. Nun gilt es noch einmal richtig zu punkten und Fettnäpfchen zu vermeiden. Mit diesen Fragen wird die Unterschrift am Dienstvertrag nur noch zur Formalität.
Bewerbungstrends: mit den richtigen Tipps zum Traumberuf
Jobplattformen, Firmenwebsites, Social Media oder doch ganz oldschool per Post? Die Möglichkeiten sich zu bewerben sind vielfältiger denn je. Auch bei der Gestaltung der (digitalen) Bewerbungsmappe gibt es unterschiedlichste Ansätze. Aber welche Unterlagen lesen sich Personalisten tatsächlich durch? Und worauf achten sie besonders? Zwei Recruiter sprechen über aktuelle Trends im Bewerbungsprozess und Fähigkeiten, die der Arbeitsmarkt der Zukunft erfordern wird.
Hallo, ich bin WERNA!
Sie können mich aber auch beim ganzen Namen nennen: Gütesiegel für wertschätzende und nachhaltige Arbeitgeber. Ins Leben gerufen haben mich vier Personalexperten aus unterschiedlichen Branchen. Ihre Motivation dahinter: einen Beitrag zu leisten, dass sich die Arbeitswelt positiv weiterentwickelt.