Allen Widrigkeiten zum Trotz
Üblicherweise stellen wir in unserer Serie „Wachstum Mittelstand“ mittelständische Unternehmen vor und zeigen im Portrait, wie diese auf Chancen und Risiken der Digitalisierung reagieren. In dieser Ausgabe machen wir eine Ausnahme – aus gutem Grund: Das Welser Unternehmen DMAS setzt alles auf eine Karte und holt sogar seine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurück, um den Digitalisierungsschub der Coronakrise für sich nutzen zu können.
Die mutige Success-Story zweier Unternehmer, die sich am besten Weg auf dem Wachstum zum Mittelstand befinden.
DMAS ist noch ein relativ junges Unternehmen. Gegründet wurde es im Jahr 2016 von den beiden Freunden und Geschäftspartnern Othmar Fetz und Markus Tückmantel. Gerade erst den Kinderschuhen eines Start-ups entwachsen, haben die beiden Oberösterreicher die Coronakrise genutzt, um ihr Gechäftskonzept nicht nur weiterzuentwickeln, sie haben es im Grunde genommen neu erfunden. Doch beginnen wir im Jahr 2016.
Es begann mit einer Idee …
Othmar Fetz und Markus Tückmantel erkennen eine Marktlücke in Österreich und gründen ein Unternehmen. Um welche Lücke es sich dabei handelt, erklärt der Firmenname selbstredend: DMAS steht für digitales Messe-Anfrage-System. „Wir vereinfachen die Organisation und den Besuch von Messen“, fasst Othmar Fetz das Geschäftsmodell in einem Satz zusammen. Was das konkret bedeutet? DMAS ist ein Online-Buchungstool. Jeder Besucher bekommt durch die Registrierung ein Ticket, das sowohl als Eintrittskarte als auch als eine Art Messe-ID dient. „Mit unserem System wird unter anderem die Messetasche digital. Jeder, der schon einmal auf einer größeren internationalen Messe unterwegs war, kennt das Gefühl, beinahe einen Koffer für die ganzen Muster und Prospekte zu benötigen, die man unterwegs so einsammelt. Mit unserer Lösung werden Unterlagen und Informationen nur noch digital übergeben, in dem man am gewünschten Stand einfach sein Ticket scannen lässt“, erklärt Tückmantel den Ursprung der Firmenidee. „Für einen B2B-Messebesucher ist es in erster Linie wichtig, Kontakte zu knüpfen – in digitaler Form ist das natürlich Gold wert. Am Ende eines langen Messetages kann man sich kaum noch erinnern, mit wem man zu Beginn der Messe gesprochen hat. Unser System ermöglicht es, nach jedem Gespräch kurz das Ticket zu scannen und später über das Messeprotokoll genau nachvollziehen zu können, mit wem man sich ausgetauscht hat. Das ist die digitale Version der Visitenkarte, wenn man so will – mit dem Vorteil, dass man sich am Tag nach der Messe nicht hinsetzen und die Daten mühsam in ein System einpflegen muss“, kennt Fetz die üblichen Unannehmlichkeiten eines Messebesuchs.
So weit, so gut – doch dann kam Corona. Ein herber Schlag für die Veranstaltungsszene. An ein gewohntes Messevergnügen ist in absehbarer Zeit nicht zu denken. DMAS schickt seine Mitarbeiter in Kurzarbeit – ohne Aussicht auf baldige Änderung. „Wir hätten einfach zuhause sitzen und abwarten können. Das war uns aber zu wenig. Wir wollten uns nicht hilflos der Situation ergeben und haben deshalb in mehreren Zoom-Meetings die Idee einer Onlinemesse schrittweise konkretisiert“, erklärt Tückmantel, wie aus der Not eine Tugend wurde. „Othmar und ich waren von dem Konzept überzeugt und haben uns dafür entschieden, das Risiko einzugehen. Wir haben unsere Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückgeholt und haben auf Hochtouren mit der Programmierung begonnen. Zeitgleich mit dem Start der Programmierung haben wir unsere Onlinemessen auch schon beworben.“ Und das Risiko zahlt sich aus! „Wir haben mit unserem Angebot einen Nerv getroffen. Die Nachfrage war so groß, dass wir sogar zusätzliche Leute in unserem Team angestellt haben“, erzählt Fetz enthusiastisch.
Online ? Offline
„Eine der größten Gefahren bei der Digitalisierung ist, dass man seiner Zeit voraus ist. Unsere Branche ist dermaßen technikaffin, dass man als Unternehmer schnell auch übersehen kann, in welcher Blase wir uns eigentlich befinden. Wir sind mit unseren Gedanken so tief in der Onlinewelt verankert und realisieren zeitweise nicht so richtig, dass der Rest der Welt für unsere Konzepte noch gar nicht bereit ist. Wenn man da nicht achtsam ist, kann sich das zu einem großen Problem entwickeln. Wer die Digitalisierung zu schnell vorantreiben will, wird die Leute damit nicht abholen und auch mit guten Geschäftsideen scheitern“, weiß Tückmantel um die Gefahren der Branchenblindheit. „Dieses Mal waren wir aber sicher, dass der Zeitpunkt der richtige ist. Die Coronakrise bringt einen Digitalisierungspush mit sich – und das haben wir frühzeitig gespürt! Damit wir diese Chance auch nutzen konnten, mussten wir allerdings sofort handeln und konnten nicht abwarten, wie sich die Situation in der Kurzarbeit entwickelt.“ Das Ziel von DMAS ist es jedoch gar nicht, die Messe im klassischen Stil zu verdrängen, vielmehr soll die Onlinemesse eine dauerhafte Ergänzung sein und bis zu dem Zeitpunkt, wenn sich wieder Menschenmassen an den Ständen tummeln können, eine Alternative bieten. „Eine Garten- oder eine Hausbaumesse wird man beispielsweise nicht ersatzlos digitalisieren können. Was wir aber aktuell sehr häufig machen, sind digitale Jobmessen. Die Besucher können sich online umschauen, welche Jobs frei sind, können einen digitalen Live-Rundgang durch die Firma machen und haben die Möglichkeit, mit Personalverantwortlichen und Mitarbeitern zu sprechen“, so Fetz. Dabei ist es den DMAS-Inhabern kein Anliegen, so etwas wie virtuelle Messestände aufzubereiten. „Wir bereiten die Inhalte so auf, wie sie im Web dargestellt werden müssen. Es geht nicht darum, das Konzept einer Messe stur ins Internet zu übersetzen, sondern das Konzept an die Umgebung anzupassen. Auf einer Messe muss ich von Aussteller zu Aussteller gehen, bei einer digitalen Messe klicke ich mich von Inhalt zu Inhalt, kann kategorisieren und habe die Möglichkeit zu filtern. Dinge anders und neu zu machen, ist schließlich auch der Mehrwert, den die Digitalisierung mit sich bringt“, stellt Tückmantel klar.
Inklusive der beiden Inhaber ist DMAS aktuell ein Zwölf-Mann-Unternehmen. Beeindruckend ist, wie schnell die Oberösterreicher von der Schockstarre in den Wachstumsmodus umschalten konnten. Und noch ist kein Ende in Sicht: Während der Krise wurden schon zwei neue Programmierer engagiert, drei weitere werden nach wie vor gesucht. „Wir haben noch einiges im Köcher. Es gibt noch viele Projekte und Ideen, die schon als Konzept bei uns in der Schublade herumliegen. Ich sage nur: digitaler Außendienst“, macht Fetz neugierig auf die Zukunft. „Aber alles zu seiner Zeit, die Akzeptanz für diesen Digitalisierungsschritt braucht noch ein wenig. Wir stehen jedenfalls schon in den Startlöchern.“_
„Wir vereinfachen die Organisation und den Besuch von Messen.“
Othmar Fetz
Inhaber, DMAS
„Othmar und ich waren von dem Konzept überzeugt und haben uns dafür entschieden, das Risiko einzugehen.“
Markus Tückmantel
Inhaber, DMAS
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