
Was ich meinen CHEF schon immer mal fragen wollte …
Kaum jemand kennt den Landeshauptmann besser als sein Team. Aber manche Fragen haben ihm die knapp 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bislang noch nie gestellt. Und genau mit diesen konfrontieren wir Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, als wir ihn in seinem Büro im Linzer Landhaus treffen.
Was sofort auffällt: Alle haben ihre Fragen per Du gestellt. „Wir sind alle per Du – weil es in der Zusammenarbeit einfacher ist. Und es sind ja lauter junge Leute.“ Er schmunzelt. „Inklusive mir.“ Fragen zu beantworten, steht für den Landeshauptmann natürlich an der Tagesordnung. Aber auch er stellt viele Fragen. Zum Beispiel fragt er immer wieder auch gern Leute aus seinem Team: Wie würdest du das machen? „Das bringt oft einen spannenden Perspektivenwechsel.“ Und dann sind da auch Fragen, die er sich selbst regelmäßig stellt. Etwa, wie sich wohl der Rückblick auf eine Entscheidung in fünf Jahren anfühlen wird. Die goldrichtige Entscheidung gebe es aber nur in den allerseltensten Fällen – „es geht auch darum, im richtigen Moment zu entscheiden, sonst wird man zum Zögerer.“
Gibt es Entscheidungen, die dich bis heute beschäftigen und die du im Nachhinein anders treffen würdest?
Thomas Stelzer: Ja, die gibt es – insbesondere jene vom Anfang der Coronazeit. Etwa jene Entscheidungen, ob es einen Lockdown gibt, ob Schulen zugesperrt werden, ob sich Leute eine Zeit lang nicht treffen dürfen … Solche Entscheidungen mitzuverantworten, ist mir persönlich sehr nahegegangen. Aber im Nachhinein ist man mit einem anderen Wissen ausgestattet und es macht keinen Sinn, hier etwas nachzutrauern. Man muss in der Sekunde eine Entscheidung treffen – mit dem Wissen, das man zur Verfügung hat.
Wenn du eine Woche lang komplett anonym wärst – wie würdest du die Zeit verbringen?
Thomas Stelzer: Da wäre es spannend für mich, im Land unterwegs zu sein – und zu sehen, wie mir die Menschen dann begegnen und was sie mir erzählen, wenn ich eben nicht bekannt bin.
Was war die größte Lektion, die du im Leben gelernt hast?
Thomas Stelzer: Es gibt viele Lektionen, die man lernt. Aber ich habe vorher bereits die Coronazeit angesprochen. Das war für mich schon eine umwälzende Erfahrung, dass man sich auf nichts verlassen kann. Die Lehre, die ich daraus mitzunehmen versuche: Mich an vielem zu freuen, was da ist, weil alles ein Geschenk und nichts selbstverständlich ist.
Wie bleibt man bei so vielen Terminen so fokussiert?
Thomas Stelzer: Was ein Riesenvorteil ist: Dass jeder Termin anders ist. Und diese Abwechslung, diese Vielfalt macht es für mich sehr einfach, konzentriert zu sein.
Was sind die Leitlinien in deiner Art, wie du Politik verstehst und machst?
Thomas Stelzer: Grundsätzlich bin ich deshalb in der Politik, weil ich von einem Weltbild überzeugt bin, von dem ich glaube, dass es ein besseres Leben ermöglicht. Ich bin sehr von Werten geprägt. Und im täglichen Umsetzen und Gestalten ist es mir wichtig, immer wieder zu hinterfragen, ob eine Entscheidung die Dinge zum Besseren ändert. Und was auch immer sehr nützlich ist: sich zu überlegen, welche Auswirkungen die Entscheidung für morgen und übermorgen hat. Sich eine Portion Respekt und Demut zu bewahren, ist dabei unerlässlich.
Du sprichst sehr oft vom Land der Möglichkeiten, was verstehst du konkret darunter?
Thomas Stelzer: Ich möchte erreichen, dass die Leute bei uns im Land – egal, was sie gerne machen, in welchem Alter sie sind – eine Perspektive haben und wissen: Da kann ich etwas daraus machen – für mich, für meine Familie oder für mein Unternehmen.
Gibt es einen Menschen – lebendig oder verstorben –, mit dem du dich gerne einmal unterhalten würdest?
Thomas Stelzer: Ja, den gibt es schon. Nachdem ich leider von meinen Großeltern nur eine Großmutter kennengelernt habe, weil die anderen schon verstorben waren, hat mich das immer beschäftigt, wie es wäre, auch mit den anderen Großelternteilen reden zu können.
Hast du ein Vorbild?
Thomas Stelzer: Es gibt viele Anlässe, bei denen ich mir denke, der oder die hat das super gemacht und ich kann mir davon etwas abschauen. Aber ein klassisches Vorbild habe ich nicht.
Gibt es etwas außerhalb der Politik, das du unbedingt erreichen willst?
Thomas Stelzer: Ja, ich möchte ein glücklicher alter Mann werden.
Welchen Beruf hättest du eingeschlagen, wenn du nicht in die Politik gegangen wärst?
Thomas Stelzer: Ich war bei meinem Berufseinstieg in einer Bank – das hat mir sehr gefallen, da war ich zuerst im Marketing und dann im Vorstandssekretariat. Das war quasi der Beginn einer Laufbahn im Bankengeschäft und das hätte mich auch interessiert.
Mit welcher Persönlichkeit würdest du dein Leben gerne für einen Tag tauschen?
Thomas Stelzer: Eigentlich möchte ich nicht tauschen, weil ich das, was ich mache, sehr gerne mache. Aber was mich schon interessieren würde, ist das Gefühl, ein Flugzeug zu steuern.
Was brauchst du in der Früh für einen guten Start in den Tag?
Thomas Stelzer: Mindestens ein oder zwei Tassen Espresso.
Wo soll Oberösterreich in zehn bis 20 Jahren stehen?
Thomas Stelzer: Das ist eine spannende Frage, weil man weit vorausdenken muss, damit man vieles anstoßen kann. Auf jeden Fall müssen wir als Standort in den Spitzenregionen Europas mithalten. Denn wenn wir die Vielfalt, die Lebensqualität und den Wohlstand, den wir haben, auch weiterhin haben wollen, dann geht das nur, wenn wir zu den Spitzenregionen zählen.
Warum hat sich das Land Oberösterreich eine neue Unternehmenskultur verordnet?
Thomas Stelzer: Dafür gibt es viele Gründe. Einer davon ist, dass wir im Auftrag unserer Landsleute tätig sind. Das Leben ändert sich, bringt viele neue Rahmenbedingungen mit sich und darum muss sich unsere Arbeit im öffentlichen Dienst entsprechend anpassen. Und ein anderer wichtiger Grund ist: Weil wir, so wie viele Unternehmen, darum kämpfen müssen, genügend Mitarbeiter zu haben. Und die hinterfragen immer mehr nicht nur die Aufgabengebiete, sondern auch die Art, wie hier gearbeitet wird.
Was wird sich dabei verändern? (Nachfrage der Redaktion)
Thomas Stelzer: Wir haben drei Kernpunkte herausgearbeitet: aufgeschlossen, tatkräftig und herzlich. Das ist der Anspruch, den wir für uns formulieren, weil wir glauben, dass die Leute diese Eigenschaften von uns erwarten.
Welche Eigenschaften schätzt du besonders an deinem Team?
Thomas Stelzer: Natürlich, dass es vollen Einsatz leistet, total leidenschaftlich bei der Sache ist. Aber was ganz wichtig ist: Dass die Teammitglieder mir auch meistens – hoffentlich – ehrlich sagen, was wirklich los ist. Denn in meiner Funktion ist es nicht selten so, dass die Dinge mir gegenüber nur sehr gefiltert dargestellt werden. Die Realität zu kennen, ist die Grundlage, damit man gute Arbeit leisten kann und die Entscheidungen richtig vorbereitet werden.
Welche persönlichen Ziele hast du dir für 2025 gesetzt?
Thomas Stelzer: Wie in jedem Jahr habe ich mir mehr Sport und Bewegung vorgenommen. Darüber hinaus ist mir aber auch ein anderes Ziel wichtig: Dass wir als Land Oberösterreich auch die anderen Teile der Republik mitreißen und inspirieren, damit der Standort Österreich weiter an Stärke gewinnt.
Hast du ein fotografisches Gedächtnis?
Thomas Stelzer: Wenn ich etwas sehe, merke ich mir die Dinge leichter – wenn man das als fotografisches Gedächtnis bezeichnet, dann ja.
Wie kann man sich so viele Dinge auf einmal merken?
Thomas Stelzer: Das kann ich nicht erklären – es stimmt, ich kann mir wirklich vieles merken. Aber ich denke, wenn man sich für vieles interessiert, dann fällt es wohl leichter, die Dinge im Gedächtnis zu behalten._
Redaktion
- Susanna Winkelhofer
Fotos
Antje Wolm, Peter Mayr