
Der Burger, der alles verändert
Gerhard Kürner, Gründer von 506.ai, vergleicht Künstliche Intelligenz gerne mit einem kleinen Berg Hackfleisch. Was sein Team und er damit tun: Sie formen und kochen es, legen ein Salatblatt darauf, darunter noch eine Tomate, ein Brötchen auf beide Seiten und schon ist der Burger fertig. Oder anders gesagt: Sie machen aus KI eine Software, die man im Unternehmen einfach und verständlich anwenden kann.
Die echten Innovatoren sind die, die ein Problem erkennen und sich sofort Gedanken um eine passende Lösung machen. So ähnlich war es bei Gerhard Kürner. Er war schon immer Vorreiter, was neue Technologien betrifft. Bereits 1982 versucht er das erste Mal, mit einer amerikanischen Tastatur Programmiersprache zu verwenden; 1994 entwickelt er die erste Website für ein Möbelhaus. Schon Jahre bevor die Künstliche Intelligenz durch ChatGPT und Co. in aller Munde ist, beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema und erkennt eines der Probleme beim Einsatz von KI in Unternehmen: Für jede Herausforderung und Fragestellung gibt es eine eigene Software. Das bedeutet, Unternehmen müssen aus tausenden KI-Lösungen die jeweils passende auswählen – ein sehr zeitintensiver und auf Dauer kostspieliger Prozess.
Doch Kürner hat bereits eine Lösung im Kopf und gründet 2020 das Unternehmen 506.ai. Denn er möchte die Komplexität für Firmen beim Einsatz von KI reduzieren. Warum sein Unternehmen diesen Namen trägt? Ganz einfach: Er bezieht sich auf die Seriennummer der Apollo-Rakete, die die ersten Menschen auf den Mond gebracht hat. Das passt für ihn perfekt zu seinem Pioniergeist. Mit einem Team, bestehend aus 25 Innovatorinnen und Innovatoren aus den Bereichen Marketing, Softwareentwicklung und Forschung, entwickelt er eine Plattform, die es Unternehmen ermöglicht, datenschutzkonform und niederschwellig KI-Technologien zu nutzen. „Ziel war eine Lösung im Unternehmen, mit der zumindest 70 oder 80 Prozent aller wiederkehrenden und administrativen Dinge bearbeitet werden können.“ CompanyGPT, so der Projektname der Plattform, läuft auf einem eigenen Server beziehungsweise Cloud-Space in Europa und ist eine Künstliche Firmenintelligenz, die auf verschiedene Datensilos zurückgreift und den Mitarbeitenden zur Verfügung steht.
Am Ball bleiben
Durch diese eigene Lösung kann 506.ai unabhängig Prozesse automatisieren und in bestehende Systeme integrieren. Wenn zu viele Tools gleichzeitig genutzt werden, hemme dies oft die Innovation im Unternehmen. Kürner und sein Team möchten dabei helfen, eben diese Kräfte zu bündeln. Die Technologie selbst entwickelt sich rasant weiter: „Wir hatten im letzten Jahr zehn Releases und nun kommt schon wieder das Neueste raus.“
Die Plattform von 506.ai ist nicht nur einfach anzuwenden, sie setzt auch auf Datensicherheit, zum Beispiel durch eine Multifaktor-Identifizierung und eine ISO-Zertifizierung. Jeder Kunde erhält eine Private Cloud mit eigenen Applikationen, die mit niemandem geteilt werden und die ausschließlich in Europa verschlüsselt und zertifiziert werden.
Spielerisch, aber geplant
Wie läuft die Zusammenarbeit in der Praxis ab? Das Team von Gerhard Kürner schult und unterstützt bei der Einführung der Lösung mit einem Onboarding. In ihrem täglichen Tun zeigte sich schnell, dass sowohl in kleinen als auch in größeren Unternehmen noch dabei geholfen und beraten werden muss, wie die Organisation KI überhaupt integrieren möchte. Dazu müssen Verantwortlichkeiten klar definiert und festgelegt werden, wie man zu Anwendungsfällen kommt. „Wenn das zu Beginn vernachlässigt wird, schafft man es nur sehr schwer, das Unternehmen KI-fit zu machen.“ Wichtig sei eine spielerische, aber geplante Herangehensweise.
Es ist mittlerweile bekannt, dass KI Prozesse einfacher und schneller macht oder sogar gänzlich automatisiert. „Das ist aber nur die erste Stufe. Im nächsten Schritt muss man sich konkret überlegen, wie man mit KI sein Geschäft besser machen kann.“ Also nicht nur, wie man Geld einspart, sondern wie man dadurch tatsächlich zusätzlichen Gewinn erzielen und sich einen Wettbewerbsvorteil sicher kann.
Anatomie eines Machers mit Gerhard Kürner
Bei mir entscheidet eher der Bauch oder der Kopf_der Kopf
Diese Ideen finden bei mir immer Gehör_wenn etwas, das nicht funktioniert hat, mit komplett neuen Möglichkeiten verbessert werden kann.
Meine Stirn lege ich in Falten, wenn_ich das Gefühl habe, dass jemand nicht die Wahrheit sagt.
Mein absolutes Herzensthema im Moment_auf der einen Seite natürlich meine Familie und meine Jungs, die alle gerade am Erwachsenwerden sind, und auf der anderen Seite die Frage, wie wir als Unternehmen aus Oberösterreich mit unseren Lösungen gegen die internationale Konkurrenz bestehen können.
Was mir etwas Bauchschmerzen bereitet_ist, wie sich unser Land und die Europäische Union auf dieses Thema einlassen oder eben nicht einlassen und wie wir oftmals Menschen, die etwas machen wollen, daran hindern, dies aufgrund von Auflagen und Regulativen wirklich umzusetzen.
Dieser Person würde ich gerne einmal die Hand schütteln_Andrew Ning, einem der bekanntesten Physiker und KI-Forscher, und Sam Altman, um ihn zu fragen, wie sein Weg mit OpenAI begonnen hat und wo er weiter hinführen wird.
Dorthin möchte ich in diesem Jahr gehen_Mit unserer Lösung möchten wir einen großen internationalen Sprung machen und persönlich will ich beim Enduro-Cup wieder unter die besten 20 kommen.
Veränderungen am Puls der Zeit
„Künstliche Intelligenz per se ist kein Technologiethema, sondern ein Change-Management-Thema“, weiß Kürner. Denn Menschen werden in Zukunft anders arbeiten und bei dieser Veränderung sollten sie entsprechend begleitet werden. „Ich empfehle eine Einführung in Schritten. Dass eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf KI herrscht, kann ich nachvollziehen. Das war bei vielen neuen Technologien in der Vergangenheit ebenso der Fall.“ Umso wichtiger ist es, im Unternehmen klar zu definieren, was die KI kann und was nicht und wie sie konkret unter-
stützt.
Am Puls der Zeit zu bleiben sei bei den rasanten Sprüngen, die die Technologie ständig macht, anfangs nicht leicht gewesen. „Mittlerweile wissen wir aber genau, was die Menschen am Markt wirklich brauchen, und betreuen Kunden im gesamten deutschsprachigen Raum in zehn verschiedenen Branchen.“ Dass wir erst am Anfang der Entwicklungen stehen, ist für Kürner klar. Denn schon jetzt sind Dinge, die man vor drei, vier Jahren noch für Science Fiction gehalten hat, mittlerweile Realität._
Redaktion
- Melanie Kashofer
Fotos
KI-generiert; Kürner: Cityfoto