Page 52 - Herbstausgabe_2022_03
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„Es braucht eine „Diversität
wertschätzende ohne
Kultur, die Gleichheit
verschiedene ist ein leeres
Meinungen Konzept.“
zulässt.“
Gerda Damböck Zoe Lefkofridi
interviewt seit November 2021 nebenberuflich in ist Universitätsprofessorin für Politik und Geschlecht,
ihrem Blog „dive in“ inspirierende Persönlichkeiten, Diversität und Gleichheit an der Paris Lodron Universität
die einen Beitrag zum Thema Diversität leisten. Salzburg.
Wie kann der Umgang mit Diversität gelingen? Was bedeuten Ihrem Verständnis
Gerda Damböck: Damit das Konfliktpotenzial diverser nach Diversität und Gleichheit?
Teams überwunden wird und die Vielfalt an Ideen voll zum Zoe Lefkofridi: Das Konzept Diversität – oder auch: Vielfalt –
Tragen kommt, ist eine wertschätzende Kultur notwendig, hebt die Unterschiede von Menschen auf positive Weise
die verschiedene Meinungen zulässt. In diversen Teams hervor. Gleichheit beziehungsweise Equality bedeutet, allen
wird mehr diskutiert, aber wenn dieser Austausch gut ge- Menschen gleiche Chancen zu geben, nicht nur was Men-
staltet wird, entstehen daraus tragfähigere Lösungen. Wer schenrechte, sondern auch Arbeitsrechte betrifft. Dafür gibt
auf Diversität setzt, öffnet sich für konstruktive Diskurse, es in der Arbeitswelt das Gleichbehandlungsgebot. Und es
die zu Innovation und einem neuen Miteinander führen. braucht beides. Diversität ohne Gleichheit ist ein leeres
Konzept. Ein Beispiel ist der berühmte Gender Pay Gap:
Wie kann deren Förderung in Organisationen am Der entsteht, wenn man Frauen zwar rekrutiert, aber ihnen
besten funktionieren? für den gleichen Job weniger bezahlt als Männern in der
Gerda Damböck: Es braucht ein gezieltes Diversitymanage- gleichen Position oder mit der gleichen Leistung.
ment mit Kennzahlen und Fakten und die Unterstützung
des Top-Managements. Es gibt keinen Blueprint, der für je- Welche Aspekte gilt es am meisten zu fördern?
des Unternehmen und jede Organisation funktioniert. Eine Zoe Lefkofridi: Vielfalt zu managen heißt, alle Dimensionen
gut vernetzte Arbeitsgruppe, die sich intensiv mit Diversity, von Diversität zu adressieren. Eine Hierarchie von Diversi-
Equity und Inclusion auseinandergesetzt und eng mit HR ty-Dimensionen ist bewusst zu vermeiden. Wenn eine Or-
zusammenarbeitet, kann ein passendes Programm ausarbei- ganisation Diversität nur auf Basis einer Kategorie fördert,
ten. Das kann verschiedenste Ausprägungen haben, vom wirkt es ausschließend. Um Diversität zu managen, braucht
Recruiting über genderneutrale Stelleninserate und flexible man ein breites und inklusives Konzept, wo auch die Kreu-
Arbeitszeitmodelle bis hin zu Shared Leadership. Bewusst- zungen zwischen Kategorien, zum Beispiel Geschlecht und
seinsbildung, die gezielte Schulung von Führungskräften Migrationshintergrund oder Geschlecht und Elternschaft,
und die interne Kommunikation können weitere wichtige berücksichtigt werden. Allerdings bin ich auch überzeugt
Hebel sein. davon, dass eine Diversitätsstrategie ohne Geschlechterge-
rechtigkeit als Ziel keine richtige Diversitätsstrategie ist.
Was wünschen Sie sich von der
Gesellschaft in Bezug auf Vielfalt? Was halten Sie von Quotenregelungen?
Gerda Damböck: Ich finde es schön, dass zum Thema Di- Zoe Lefkofridi: Wenn die Evaluation von Leistungen objek-
versity schon so ein reger Austausch stattfindet und Erfah- tiv wäre, dann würden wir keine Quotenregelungen brau-
rungen gerne geteilt werden. Aber der Weg ist noch lang chen. Dass Männer und Frauen auf Basis von unterschied-
und solange wir uns nicht am Ziel befinden, müssen wir lichen Kriterien evaluiert werden und es einen sogenannten
über Vielfalt und Gleichberechtigung reden. Ich würde mir Gender Bias gibt, ist in der Forschung bewiesen. Ich finde
wünschen, dass wir neugierig aufeinander zugehen und Rainbow Murrays Vorschlag für Männerquoten sehr gut.
typisch „weibliche“ Qualitäten wie Empathie gleichstellen Anstatt den Fokus auf Frauen zu legen, sollten wir Männer-
mit Qualitäten wie Durchsetzungsstärke oder Wettbewerb. quoten einführen, die dazu führen, die Überrepräsentation
Ich bin überzeugt, dass Unternehmen in ihrer Verantwor- von Männern zu regulieren.
tung einen Beitrag zu einer bunteren, inklusiveren Welt
leisten können.
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