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EHRLICH IST NICHT


      ENTBEHRLICH





          „Unsere Branche kann viel zum Umweltschutz beitragen, aber die Themen sind eben nicht
          immer so sexy wie Elektromobilität oder Photovoltaik“, kritisiert Josko-Geschäftsführer
          Johann Scheuringer. „Die Diskussion über Nachhaltigkeit wird viel zu oft von scheinheiligen
          Marketingmaßnahmen getrieben und blendet dabei realitätsbezogene Ehrlichkeit aus.“ Beim
          Besuch am Firmenstandort in Andorf hat der Firmenchef und Fensterspezialist einiges zu dem
          Thema zu sagen.


                          „Wissen Sie überhaupt,  wo das  Wort ‚Nach-  wird. Erst wenn Holz verbrannt wird, setzt es
                          haltigkeit‘ ursprünglich herkommt?“, fragt   das gesammelte CO 2 frei. „Solange der Rohstoff
                          Scheuringer, während ich noch damit beschäftigt   existiert, in welcher Form auch immer, leistet er
                          bin, meine technischen Gerätschaften für das   einen Beitrag zur CO 2-Reduktion. Und wenn
                          Gespräch vorzubereiten. „Das ist eine Erfindung   man  bedenkt,  welche  Mengen  an  Fenstern
                          der Forstwirtschaft und stammt aus Zeiten Maria   täglich verbaut werden, ist der Beitrag, den wir
                          Theresias.  Es  bedeutet:  Entnimm  nie  mehr,   als Fensterhersteller leisten können, enorm“,
                          als wieder nachwächst.“ Man merkt schnell,   erklärt der Josko-Geschäftsführer.
                          dass sich Scheuringer intensiv mit dem Thema
                          befasst: „Holz hat eine unglaubliche Historie.   ÖKOLOGIE SPIELT NACH DEN
                          Schon  damals hat man in Mitteleuropa das   REGELN DER ÖKONOMIE
                          Prinzip verfolgt, nie mehr Bäume zu fällen, als
                          auch nachwachsen – das war vor 300 Jahren! Und   „Wenn ich so über Holz schwärme, habe ich
                          das hat sich bis heute so gehalten. Das schnelle   allerdings noch nicht dazugesagt, dass wir auch
                          Wachstum macht den Rohstoff einzigartig.“   PVC-Fenster erzeugen.“ Das wirft natürlich die
                          Bedauerlicherweise gibt es aber auch Regionen,   Frage  auf,  wie  konsequent  das  ist.  Dazu  kehrt
                          die den Geist Maria Theresias mit Füßen treten:   Scheuringer zu den Anfängen zurück: „Unsere
                          „Die exzessiven Abholzungen des Regenwalds   Sparte für Kunststofffenster wurde 1980 gegrün-
                          in Brasilien sind eine unfassbare Tragödie. Vor   det. Damals hatte die Gesellschaft noch einen
                          allem wenn man bedenkt, dass eine massive   völlig anderen Blickwinkel auf das Thema Nach-
                          Aufforstung eine der größten Möglichkeiten   haltigkeit als heute – die Einstellung ist über-
                          wäre, um die weltweite CO 2-Problematik in   haupt nicht mehr vergleichbar. Holzfenster wa-
                          den Griff zu bekommen.“ Denn: Holz hat die   ren zu der Zeit einfach nicht mehr modern und
                          Eigenschaft,  CO 2  an  sich  zu  binden  und  zu   Kunststofffenster lagen im Trend.“ Das Bewusst-
        Text  Daniel Schöppl
                          speichern – auch wenn es weiterverarbeitet   sein für Nachhaltigkeit hat sich mittlerweile ge-
        Foto  Josko
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