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ist im Vormarsch, es ist nur eine Frage   so  auch  bedeuten,  dass  ich  zum  Bei-
                                          der  Zeit,  bis  das  für  jeden  selbstver-  spiel  vormittags  bei  meinen  Kindern
                                          ständlich ist.                     bin,  sie  mittags  in  den  Kindergarten
                                                                             bringe  und  dann  bis  am  Abend,  weil
       Es geht darum, Frausein            LEHNER_Wobei  solche  Veränderun-  das ein Projekt fordert, im Büro bin.
       als Stärke zu verkaufen.           gen  in  der  Gesellschaft  schon  Zeit
                                          brauchen.  Als  ich  vor  30  Jahren  hier   SCHWARZ_Bis  sich  das  gesellschaft-
       LYDIA SCHWARZ                      bei KPMG begonnen habe, gab es un-  lich durchsetzt, würden aber einige Jah-
       KPMG, Assistentin der              ter  den  fachlichen  Mitarbeitern  sehr   re vergehen. Daher befürchte ich, dass
       Geschäftsleitung                   wenige Frauen, selbst auf der Prüfer-   diese Veränderung gerade in Zeiten der
                                          ebene waren wir fast Exoten. Heute ist   Einsparungen nicht durchsetzbar ist.
                                          es  selbstverständlich,  dass  wir  sehr
                                          viele weibliche Führungskräfte auf der   Dann kommen wir also wieder zu den
       ist  eine  Führungsposition  in  Teilzeit   Managerebene  haben.  Dass  wir  die   Rahmenbedingungen, die ein Unter-
       auf alle Fälle möglich.            Voraussetzungen  schaffen  müssen,   nehmen selbst schaffen kann. Was tun
                                          von der zweiten auch in die erste Füh-  Sie zur Unterstützung der Vereinbarkeit
       DOBRETSBERGER_Einerseits   genie-  rungsebene  kommen  zu  können,  ist   von Beruf und Familie?
       ße  ich  die  Flexibilität  meines  Arbeit-  der nächste Schritt. Das braucht aber
       gebers,  auf  meine  private  Situation   Zeit,  das  ist  ein  Kulturwandel,  dazu   LEHNER_Wir organisieren in unserem
       einzugehen.  Andererseits  bringe  ich   muss sich die Einstellung aller Betei-  Team  zum  Beispiel  Meetings  wenn  ir-
       selbst  Flexibilität  mit,  indem  ich  die   ligten sukzessive verändern.  gendwie  möglich  so,  dass  auch  jene
       Anforderungen eines Projekts berück-                                  teilnehmen  können,  die  nicht  Vollzeit
       sichtige  und  mich  zum  Beispiel  am   Müssen sich dazu auch die Rahmenbe-  arbeiten.  Natürlich  ist  das  nicht  im-
       Abend noch hinsetze, damit die Dinge   dingungen ändern? Stichwort Kinderbe-  mer  möglich,  aber  meist  ist  es  nur
       am  nächsten  Morgen  fertig  sind.  So   treuung.                    eine Frage des Wollens. Und das muss
       können beide Seiten profitieren.                                      selbstverständlich  sein.  Denn  wenn
                                          SCHWARZ_Meiner  Erfahrung  nach    Meetings  immer  erst  nach  16  Uhr
       LÖFFLER_Aufgrund  des  technischen   leisten  die  Kindergärten  und  Krab-  stattfinden,  ist  das  natürlich  nicht  fa-
       Fortschritts sind wir in der Lage, un-  belstuben in Linz eine hervorragende   milienfreundlich.
       sere Arbeit von überall aus zu machen,   Arbeit, ich konnte mich immer darauf
       abgesehen  vom  direkten  Kundenkon-  verlassen.                      DOBRETSBERGER_Ich    glaube,   es
       takt.  Das  Thema  Teilzeit  und  Home-                               ist  auch  wichtig,  dass  ein  Umdenken
       office  funktioniert  daher  sowohl  auf   Aber Sie haben vorhin das Thema   stattfindet  –  und  zwar  dahingehend,
       der  Managerebene  als  auch  im  ad-  Flexibilität angesprochen, da stellt sich   dass  Flexibilität  nicht  grundsätzlich
       ministrativen  Teil  sehr  gut.  Inwiefern   doch die Frage: Müssten da diese Ein-  etwas  Schlechtes  ist,  sondern  auch
       Teilzeitmodelle  auf  der  Geschäftsfüh-  richtungen nicht auch mit flexibleren   positiv genutzt werden kann. Da haben
       rerebene  sowie  in  der  Partnerschaft   Öffnungszeiten reagieren? In den skan-  wir  bei  KPMG  wohl  ein  privilegiertes
       möglich  sind,  evaluieren  wir  im  Mo-  dinavischen Ländern, wo der Anteil der   Umfeld, weil wir sehr projektbezogen
       ment  verstärkt,  damit  wir  auch  hier   Frauen in Führungspositionen deutlich   arbeiten,  hier  wird  das  schon  positiv
       gute Lösungen finden. Es ist nicht nur   höher ist, haben Kindergärten bis 19   gesehen.  Aber  in  vielen  anderen  Un-
       eine gesellschaftliche Frage, sondern   Uhr geöffnet.                 ternehmen  ist  das  nicht  so,  da  muss
       auch  eine  betriebswirtschaftliche  He-                              allgemein  ein  gesellschaftlicher  Wan-
       rausforderung, weil wir jedes Jahr ein   DOBRETSBERGER_  Ich  glaube,  das   del stattfinden.
       schönes  Wachstum  hier  am  Standort   ist ein Henne-Ei-Problem. Im Moment
       und  bei  KPMG  Österreich  vorweisen.   organisieren sich alle so, dass sie sich   LEHNER_Geht  das  Umdenken  nicht
       Wir brauchen also Top-Führungskräf-  nach  den  Öffnungszeiten  richten,  so-  auch dort hin, dass einfach noch diese
       te,  auch  im  Bereich  der  Geschäfts-  dass der Bedarf nicht gegeben ist, Kin-  grundsätzliche  Akzeptanz  in  der  Ge-
       führung und Partnerschaft. Es ist für   dergärten  bis  19  Uhr  zu  öffnen.  Aber   sellschaft  wachsen  muss,  dass  eine
       mich  ganz  klar,  hier  neue  Lösungen   ich glaube, irgendwo muss man begin-  Frau berufstätig sein will – auch wenn
       finden  zu  müssen.  Die  Akzeptanz  da-  nen  und  das  Angebot  schaffen.  Dann   sie Kinder hat? Vielleicht ist das heute
       für ist sowohl intern als auch seitens   würde  ein  gewisses  Umdenken  statt-  anders, aber ich habe es schon manch-
       unserer  Kunden  da.  Die  Entwicklung   finden. Flexible Arbeitszeiten könnten   mal  gespürt,  dass  ich  sozusagen  die


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