Augenblick(e) mit dem Landeshauptmann
Treffpunkt Schlossmuseum Linz. Von hier aus wagen wir einen Ausblick über die Stadt, über das ganze Land. Ein Rückblick auf die bisherige Karriere von Landeshauptmann Josef Pühringer. Einen Blick in seine Zukunft sowie die Zukunft von Oberösterreich. Und vor allem einen Blick in die Augen eines Mannes, der zwar seit 1995 an der Regierungsspitze steht, aber dennoch nicht von oben herabblickt.
Zugegeben, es fühlt sich schon ein biss- chen seltsam an, einem Landeshaupt- mann Anweisungen zu geben: Bitte ein Stück zurück, den Blick zum Himmel. Und jetzt noch nach rechts drehen. Ihm scheint das aber nichts auszumachen. Obwohl er gerade ziemlich abgehetzt von einem Termin kommt und schon in einer knappen Stunde die nächste Ansprache auf einer Sponsionsfeier halten muss, bringt ihn nichts aus der Ruhe. Im Gegenteil. Er marschiert gut gelaunt von einer Station zur nächsten. Die Spaziergänger, die uns begegnen, begrüßt er allesamt freundlich und mit direktem Blickkontakt.
Stadtplan von Linz
mit Blick auf das Landhaus, wo Oberösterreichs Regierung sitzt.
Herr Landeshauptmann, Ihr Terminkalender verrät, dass Sie heute erst um halb 12 nach Hause kommen werden. Ein Termin jagt den nächsten – quer durch’s Land. Sieben Tage die Woche. Ganz ehrlich: Wünschen Sie sich nicht manchmal, Sie wären einfach Religi- onslehrer geblieben oder Rechtsanwalt geworden?
PühringerDiese Momente gibt’s ganz selten. Es wäre unehrlich, wenn man nicht zugibt, dass man nicht immer gut drauf sein kann. Aber da geht’s einem Landeshauptmann wahrscheinlich nicht anders als jedem anderen Menschen auch.
Woher nehmen Sie all die Energie?
PühringerGott sei Dank hab ich von Grund auf genügend. Man braucht aber natürlich auch Zeit zum Ausspannen. Keine Frage. Ich tanke auf bei meiner Familie, in der Natur, beim Saunieren. Zum Glück bin ich einer, der die Batte- rien rasch wieder aufladen kann.
Um dann wieder Ihr Regierungsteam anführen zu können. Man stellt sich das bestimmt einfacher vor, als es ist – ein Land zu regieren. Vor allem in Zeiten wie diesen – wo das Sprichwort
„Geld regiert die Welt“ mehr Bedeutung hat denn je. Wie schafft man den Spa- gat zwischen einerseits die Wirtschaft zu stärken, andererseits auf die soziale Gerechtigkeit zu achten?
PühringerPolitik ist immer ein In- teressensausgleich und es geht immer um den gemeinsamen Nenner. Und die Politik ist dann gut, wenn sie nicht den kleinsten sondern den größten ge- meinsamen Nenner findet. Sozialpo- litik und Wirtschaftspolitik oder Kulturpolitik sind keine Gegensätze. Nur wenn du alle Bereiche vernünftig in Einklang bringen kannst, entsteht eine gute Politik. Klar ist: Verteilen kann man nur, was man zuerst erwirtschaftet hat. Wer Politik auf Schuldenbasis macht, der macht Politik zu Lasten der nächsten Generationen. Daher ist es ganz wichtig, dass wir eine florierende Wirtschaft haben. Die lässt uns leben! Und dass wir eine gute Sozialpolitik haben – die lässt auch jene leben, denen es im Leben schlechter geht. Wichtig ist aber auch, dass wir in der Kultur- und Bildungspolitik unsere Aufgaben erfüllen, denn das lässt uns besser leben. Darum geht’s in Summe.
Sie haben die florierende Wirtschaft angesprochen. Oberösterreich ist das stärkste Exportbundesland. Hohe Lohnnebenkosten und andere Rahmenbedingungen könnten Unternehmer abschrecken, weiterhin in den Standort Oberösterreich zu investieren. Was muss geschehen?
PühringerWir sind ein starkes Land. Wir sind aber exportabhängig. Denn das Industrieland Nummer 1 ist auch das Exportland Nummer 1. Und wenn es eine Wirtschaftskrise gibt, dann sind wir ordentlich betroffen. Wenn’s floriert, sind wir auch ordentlich betroffen. Aber im positiven Sinn. Der Standort muss daher weiter optimiert werden. Und da haben wir einen ganz scharfen Wettbewerb unter den Wirtschaftsstandorten. Vorrangig in Oberösterreich ist, dass wir ein Klima haben, wo Wirtschaften Freude macht. Vorrangig ist das Thema Forschung und Entwicklung. Dass wir die For- schungsquote anheben, das ist ganz entscheidend. Und dass wir dort, wo wir noch infrastrukturelle Defizite haben, diese rasch beheben.
Eine Form von Export ist auch der Tourismus. Der Flughafen Linz arbeitet im Moment daran, mehr Touristen hierher zu holen. Kann das gelingen? Kann Oberösterreich ein ähnlich attraktives Urlaubsland sein wie Salzburg?
PühringerWir sind in erster Linie Industrieland, Wirtschaftsland, Dienstleistungsland. Natürlich auch Tourismusland. Aber wir müssen damit leben, dass der Tourismus in Tirol, in Kärnten und in Salzburg eine größere Chance hat als bei uns. Natürlich haben wir Potentiale und diese müssen wir nutzen. Aber es wäre unverfroren, zu sagen, wir werden Salzburg oder Kärnten den Rang im Tourismus ab- laufen. Das werden wir nicht schaf- fen. Genauso wie uns die den Rang als Wirtschaftsland im Gesamten und als Industrieland im Besonderen nicht ablaufen werden.
Verbindung von Alt- und Neubau
mit Blick auf die Zeit.
In den 64 Jahren Ihres Lebens haben nicht nur Sie sich verändert, sondern auch die Zeit an sich. Was ist heute besser, schöner als früher? Worauf könnten Sie gut und gerne verzichten?
PühringerSchauen Sie, die guten alten Zeiten, die hat’s nicht gegeben. Die finden heute statt. Denn früher ist es den Menschen weit schlechter gegangen. Man muss einmal ehrlicherweise sa- gen, dass es die Politikergenerationen vor uns – auch die nach 1945 – weit schwerer gehabt haben. Denn damals ging’s ums Überleben. Heute geht’s ums Besserleben. Da ist einmal mehr möglich, einmal weniger. Entscheidend ist, dass wir die Gesellschaft in allen Bereichen weiter nach vor- ne entwickeln, den Bildungsstandort, den Wirtschaftsstandort und auch das soziale Netz stärken. Eine kontinuierliche Vorwärtsentwicklung ist das Entscheidende. Worauf man meines Erachtens in der Politik verzichten kann, ist sinnloses Blockieren und sinnlose kleinkarierte Parteipolitik, wo einer den anderen behindert. Das ist stärker geworden. Weil die Auseinandersetzung durch die vielen Parteien auch schärfer geworden ist. Wir müssen schauen, dass wir keine italienischen Verhältnisse kriegen, sondern dass rasch entschieden wird in diesem Land. Dass Visionen gemeinsam erarbeitet und auch realisiert werden. Bes- tes Beispiel: Wenn Stadt und Land und alle Parteien nicht so geschlossen aufgetreten wären wie in Oberösterreich, dann hätten wir nie eine medizinische Fakultät erreichen können. Nur Gemeinsamkeit macht stark. Und bringt auch herzeigbare Ergebnisse.
Ein Zeichen der heutigen Zeit ist auch eine gewisse Politikverdrossenheit – die sich mit sinkender Wahlbeteiligung ausdrückt. Sie haben vorhin angespro- chen, dass der Wohlstand noch nie so groß war wie heute. Gibt es da einen Zusammenhang?
PühringerWir haben ein Phänomen, das in ganz Europa ähnlich ist: die sinkende Wahlbeteiligung. Diese sinkt zwar in Österreich deutlich geringer, das ist aber kein Trost. Wir sollten uns immer bemühen, die Bürger auf die Reise mitzunehmen. Und das ist in der letzten Zeit manchmal nicht geschehen. Da sind zum Teil der Streit und der Widerspruch zu sehr im Vordergrund gestanden. Und dann wenden sich Menschen von der Politik ab. Jetzt geht’s darum, dass wir ein Modell finden – im Bereich der direkten Demokratie – wo wir die Bürger wieder mehr und ernsthafter einbinden in die politische Ideenentwicklung.
Ist es heute schwieriger, gute Leute für die Politik zu finden?
PühringerNein, das glaube ich nicht. Wir müssen nur das Politiker-Bashing einstellen. Dort, wo’s gerechtfertigt ist, wo’s Unkorrektheiten gibt, dort muss man die Konsequenzen ziehen. Aber eine Generalverurteilung der Politik und auch eine Generalinverdachtnah- me der Politik darf es nicht geben.
Schlossmauer
mit Blick über das ganze Land.
Wenn Sie hier über Oberösterreich blicken. Worauf sind Sie am meisten stolz, was Sie bewegt haben?
PühringerBeim Blick über’s Land bin ich stolz, dass es gelungen ist, Oberösterreich moderner, zukunftsfitter, menschlicher und sozialer zu machen. Ob das die großen Kulturstätten sind wie die entstehende Bruckneruniversität und das schon eröffnete Musiktheater, ob das unsere Fachhochschulen sind und der Ausbau unserer Universität ist, ob das die modernen Betriebe sind oder auch die Spitäler und die Alten- und Pflegeheime, jeder einzel- ne Bau symbolisiert ein Stück mehr Lebensqualität für die Bürger dieses Landes und ein Stück mehr Zukunftsfähigkeit für Oberösterreich.
Oberösterreich ist die stärkste Wirtschaftsregion in Österreich. Was haben Sie mit Ihrem Team dazu beigetragen?
PühringerWir haben’s offensichtlich nicht falsch gemacht. Aber die Leistung haben die Menschen dieses Landes er- bracht. Die Unternehmer, die Wissen- schaftler, alle, die in diesem Land arbei- ten, haben ihren Beitrag geleistet. Die Politik hat dafür die Rahmenbedingun- gen zu schaffen und ich glaub, das ist uns in der letzten Zeit ganz gut gelungen. Und das ist auch die Aufgabe der Politik. Wir machen nicht Politik in den Betrie- ben oder wir machen nicht die Wissen- schaft selbst. Das müssen die machen, die das können. Wir müssen dafür sorgen, dass es im Land Rahmenbedingungen gibt und dass im Land immer wieder neue Ziele formuliert werden. Und das haben wir, glaub ich, in Oberösterreich ganz gut realisiert. Die Lebensqualität konnte in den letzten Jahren und Jahr- zehnten doch stetig verbessert werden.
Kunstwerk mit Steinen
mit Blick auf Josef Pühringers Persönlichkeit.
Was hat Ihnen das Leben in all den Karrierejahren beigebracht?
PühringerDas Leben hat mich gelehrt: Es gibt nicht immer nur eine Sicht der Dinge. Man muss, wenn man gute Entscheidungen treffen will, die Probleme von verschiedenen Standpunkten aus betrachten. Das Leben hat mir gezeigt, dass man immer dann erfolgreich ist, wenn man eine gemeinsame Lösung anstrebt. Dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand kann und soll. Das Leben hat mir gezeigt, dass Bildung die Lebenschancen der Bürger verbessert, und dass wir daher nichts Wichtigeres zu tun haben, als dafür zu sorgen, dass unsere junge Generation die bestmögliche Ausbildung bekommt. Das Leben hat mir aber auch gezeigt, dass wir trotz aller Mühe um gute Lebensbedingungen und Lebensqualität immer Menschen haben werden, die es im Leben schwerer haben. Dass daher ein gutes soziales Netz aufzubauen und eine Gesellschaft, die von sozialer Gerechtigkeit geprägt ist, auch in einem Wohlstandsland wie dem unsrigen, eine wichtige politische Aufgabe ist.
Sie haben tagtäglich mit unzähligen Menschen zu tun – vom Landwirt bis zum Bundespräsidenten, von der Kassiererin bis zur Opernsängerin. Wie begegnen Sie den Menschen?
PühringerGanz normal. Ich mache da keinen Unterschied. Die Würde des Menschen hat mit der Position, die jemand innehat, nichts zu tun. Die Menschenwürde hängt nicht von der Funktion ab, sondern sie ist für mich als Christdemokrat eine Selbstverständlichkeit. Und es ist ein oberstes Ziel der Politik, für jeden Menschen dafür zu sorgen, dass ihm die Würde auch in schwierigen Situationen erhalten bleibt.
Diese Menschen kommen immer wieder mit vielen Anliegen auf Sie zu. Ist es schwer, nein zu sagen?
PühringerPolitik ist nie Ja-Sagerei. Auch Neinsagen gehört zur Politik. Entscheidend ist nur, dass man das Neinsagen gegenüber dem Betroffenen auch entsprechend begründet. Was der Bürger sicher nicht will, sind Willkürentscheidungen.
Wenn wir uns hier in zehn Jahren wieder treffen würden. Und wir schauen über Oberösterreich. Was würden Sie mir dann gerne erzählen, was in den zehn Jahren noch alles geschaffen, bewegt worden ist?
PühringerIn zehn Jahren werde ich – wenn der liebe Gott es so will – hoffentlich ein gesunder Pensionist sein. Zum Zweiten möchte ich, dass in den nächsten zehn Jahren Oberösterreich noch moderner und noch menschlicher wird, dass sich die Wirtschaft stark erhält und noch stärker wird. Dass die jungen Leute in diesem Land viele Ausbildungsmöglichkeiten ha- ben, mehr noch als heute. Dass es den Leuten besser geht – noch ein Stück besser. Denn unser Ziel kann nur sein
– jeden Tag, jedes Jahr ein Stück besser zu werden. Damit wir einen immer stärkeren Wettbewerb unter den Regi- onen im Land und in Europa haben.
Werden Sie dann auch um halb 12 vom letzten Termin heimkommen?
PühringerIch nehme an, dass es dann schon ein wenig ruhiger sein wird. Aber wissen Sie, ich sag immer: Lieber 40 Termine als ein Problem.
Was werden Sie Ihrem Nachfolger eines Tages mit auf den Weg geben?
PühringerPolitiker wachsen mit. Es wird also nicht einer sein, der wie Phönix aus der Asche auf der Bühne erscheint. Da muss man sich mit Ratschlägen zurückhalten. Denn auch Ratschläge sind Schläge. Aber wenn man gefragt wird, wird man gerne antworten. Und wird gerne seine Meinung sagen. Aber ich werde mich sehr bemühen, wenn ich einmal in Pension bin, nicht der Oberlehrer der dann Regierenden zu sein._
gedanken.
Josef Pühringer
3 Worte zum Musiktheater
Exzellenter Start. Hohe Qualität. Große Akzeptanz der Bevölkerung und damit ausverkauft.
Was braucht ein Politiker heute?
Er braucht Sachverstand. Er muss die Menschen mögen. Er braucht Engagement, Fleiß, Geduld und Durchsetzungskraft. Und viele gute Ideen.
Sie haben als Lehrer gearbeitet, Sie haben selbst drei Kinder, Sie kennen also Kinder gut. Was können wir von Kindern lernen?
Ihre Spontanität. Die oft guten Einfälle. Und ihr Denken ohne jedes Kalkül und ohne jede Absicht.
3 Eigenschaften, die gar nicht auf Sie zutreffen.
Unverzeihlich. Brutal. Unbelehrbar.
Wofür sind Sie Ihren Eltern dankbar?
Dass sie mir eine gute Ausbildung ermöglicht haben. Dass sie mich in eine Wertewelt hineingeführt haben, in der ich mich wohl fühle. Und dass sie mir trotz einer gar nicht so einfachen Zeit in den 50er Jahren eine schöne Kindheit ermöglicht haben.
Umgekehrt: Was haben Sie Ihren Kindern mit auf den Lebensweg gegeben?
Im Nächsten immer in erster Linie das Gute zu sehen. Auf eine gute Ausbildung zu achten – denn ohne Fleiß kein Preis. Und sich auch einen menschlich sozialen Blick zu bewahren.
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Susanna sagt … Bewegung
Ich schreibe gerade im Stehen. Das liegt an meiner Uhr. Die piepst und vibriert, wenn
ich zu lange in Sitzposition verweile. Eigentlich sollte ich im Gehen schreiben, denn von
den 10.000 Schritten bin ich wortwörtlich meilenweit entfernt. Super, dass uns die
Digitalisierung nun so wunderbare Innovationen gebracht hat, damit wir uns gesu?nder
verhalten. Oder? Physiotherapeut Gernot Schweizer sieht das nicht ganz so super. „Wir
werden immer digital dementer und digital gefu?hlloser“, warnt er. Und meint damit, dass
wir verlernt haben, auf unseren Körper zu hören. Dabei wu?sste der sehr genau, was wir
brauchen. Ja, das wu?ssten wir generell. Wir wu?ssten auch, dass unser Gesundheits- und
Pflegesystem dringend Veränderungen brauchen. An Konzepten wu?rde es auch gar nicht
mangeln. Aber solange es uns selbst nicht betrifft, bleiben wir mal lieber sitzen. Okay.
Fangen wir bei uns selbst an. Ich geh dann mal ein paar Schritte – bis zur Kaffeemaschine
(Die Uhr schweigt. Und meinen Körper bringe ich selbst zum Schweigen – denn der sagt
mir eigentlich, dass ich schon genug Tassen fu?r heute hatte.)
Melanie meint .. es soll „menscheln“
New Work – ein Buzzword, das mittlerweile fast
schon abgedroschen wirkt. Meint es nur Homeoffice
und neuartige Bu?rokonzepte, verfehlt es auch
seine eigentliche Intention: Die Arbeitswelten fu?r
alle so gestalten, dass wir uns entfalten können,
gleichberechtigte Teilhabemöglichkeiten haben
und den Puls der Zukunft fu?hlen. Ich persönlich
wu?nsche mir, dass es dabei „menschelt“ und wir
unsere individuellen Bedu?rfnisse an unsere Jobs
mit all dem in Einklang bringen können, was uns
als Gesellschaft voranbringt. Inspirationen gefällig?
Einfach weiterblättern und staunen!
David denkt … bunt statt schwarz-weiß, bitte!
Klimaschutz. Im Moment scheidet kaum ein Thema so sehr die Geister wie die
Diskussion um eine nachhaltige Lebensweise und auch daru?ber, was sie wirklich
bedeutet. Im Großen, auf der internationalen politischen Bu?hne. Wie auch im Kleinen,
wenn verschiedene Meinungen im Alltag aufeinander krachen. Etwa wenn Menschen,
die im Auto auf dem Weg zur Arbeit sind, schnell rotsehen, wenn „Klimakleber:innen“
mit ihrem gru?nen Ansinnen die Straße blockieren. Zu ernsthaften Kollisionen kam es
zum Glu?ck (noch) nicht – liegt wohl an den orangen Warnwesten –, dennoch sind sie
nur eine Frage der Zeit.
Doch eine lebenswerte Welt fu?r morgen entsteht nur dann, wenn entlang verhärteter
Konfliktlinien die Positionen verhandelbar bleiben – und zwar auf beiden Seiten. Wie
viele bunte Akzente wir in diesem schwarz-weißen Denken setzen wollen und können,
muss jede:r fu?r sich entscheiden. Statt uns selbst gru?n und blau zu ärgern, haben wir
uns dazu entschieden, genau dafu?r in diesem Kapitel einige Farbtupfen in Form von
Vorbildern, Meinungen und neuen Trends fu?r euch einzufangen. Viel Spaß beim Lesen!
Valentin vertieft: Karrierefaktor Grillabend
Achtung, dieses Gedankenspiel du?rfte wohl vielen nicht gefallen: Schon bald
könnte es sein, dass viele hochqualifizierte Akademiker:innen umschulen mu?ssen
– um in Fabrikhallen oder handwerklichen Betrieben zu schuften. Denn während
Juraexamen und medizinische Zulassungspru?fungen fu?r ChatGPT schon jetzt kaum
noch ein Problem sind und die KI auch beim Erschaffen von kreativen Texten und
Kunstwerken den Menschen längst Konkurrenz macht, werden komplexe physische
Arbeiten auf absehbare Zeit unersetzbar bleiben. Die Entwicklung entsprechender
Roboter kommt der ständig steigenden Leistungsfähigkeit der KI nicht hinterher.
Möglicherweise werden geschickte Handwerker also bald die besten Karriere– und
Aufstiegsmöglichkeiten haben. Wer weiß?
Sicher ist hingegen, dass menschliche Interaktion und direkter Kundenkontakt in
Zukunft noch wichtiger werden. Dort kann die KI nicht mit uns mithalten. Soziale
Kompetenzen und menschliches Gespu?r gewinnen also an Bedeutung und
entwickeln sich zu den wichtigsten Skills. Und die lassen sich bekanntlich am besten
schulen, indem man Zeit mit seinen Mitmenschen verbringt, zuhört, plaudert, streitet,
diskutiert, flirtet. Ein Faktor, den es zu bedenken gilt, wenn du das nächste Mal vor
der Entscheidung stehst, einen lauen Sommerabend lieber weiterbildend vor dem
Bildschirm oder mit Freund:innen bei einem gemu?tlichen Grillabend im Garten zu
verbringen. Fu?r die Karriere könnte langfristig zweiteres förderlicher sein.
BETTINA, wie erfinden wir das Rad neu?
Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Hin zum Arbeitnehmermarkt. Vor allem in der Technik- und IT-Branche können sich die Talente heute aussuchen, wo und auch wie sie arbeiten möchten. Mit alten Methoden gewinnt man diese Menschen daher nicht mehr. Bettina Kern, Gründerin und Geschäftsführerin von KERN engineering careers, weiß, wie sich das Rad trotz Fachkräftemangels weiterdreht und vor allem, wie es sich in Richtung Zukunft dreht. So viel vorweg: „Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, müssen wir ordentlich in die Pedale treten!“
NICOLE, wie erreichen wir unsere Ziele?
Es sind die letzten 200 Meter beim Ironman. Dann spürt Nicole Hinum das, wofür sie so brennt: „Da läuft alles wie in Zeitlupe ab. Der Gedanke: Ich hab das jetzt wirklich geschafft! Da ist es nun, das große Ziel. Und der Beweis, dass ich alles schaffen kann, wenn ich es wirklich will.“ Ihr Antrieb? Ihre Leidenschaft. Mit genau dieser begleitet sie auch Unternehmen dabei, ihre Ziele mit einem klaren, starken Markenkern zu erreichen.
GERNOT, was bewegt uns (vorwärts)?
Die schlechte Nachricht zuerst: „Wir bewegen uns auf ein gesellschaftliches Desaster zu, weil wir so viel sitzen“, warnt Gernot Schweizer, Physiotherapeut, Fitness- und Konditionstrainer. Die gute Nachricht: „Es ist nie zu spät, um in Bewegung zu kommen.“
MICHI, was lernen wir vom Spitzensport?
Einen Plan B hatte sie nie. Brauchte sie auch nicht. Die Karriere von Ex-Skirennläuferin Michaela Kirchgasser ging stetig bergauf. 2018 beendete sie ihre Rennkarriere. Gewinnen kann sie seither aber immer noch, und zwar nicht nur bei Dancing Stars. Als Speakerin beim ersten Zauchensee-Summit gewinnt sie die Aufmerksamkeit der Teilnehmer:innen, wenn sie davon erzählt, worauf es ankommt, um die eigenen Ziele zu erreichen.
Auf den Punkt gebracht
Wie kann die Lehre gefördert werden? Für welche Personen ist es sinnvoll, eine Lehre zu machen? Und was möchte Monika Sandberger in ihrer neuen Führungsposition verändern? Wir haben die neue Geschäftsführerin der Initiative „zukunft.lehre.österreich.“ zum Karrieregedankensprung gebeten.
Schon mal was von „Perheystävällisyys“ gehört?
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Geschäftsidee gesucht, Sucht gefunden
Biobrote mit kreativen Namen wie Roger Roggen oder Krustav verbunden mit aufwendiger Handwerksarbeit sind in der heimischen Handelslandschaft nicht üblich. Ein IT-Experte und ein Projektmanager in der Backstube eigentlich auch nicht, doch für die verschwägerten Unternehmer Oliver Raferzeder und Stefan Faschinger ist das ihr täglich Brot. Nachdem die Anfangszeit von Brotsüchtig nahezu so hart war wie altes Gebäck, schnuppern sie momentan am Erfolgsduft, der ähnlich süß riecht wie frische Christine Croissants aus dem Ofen.
Niemals „business as usual“
In fünfzehn Jahren hat sich Feel Events von einem Studentenparty-Veranstalter zu einer großen Eventagentur und einem Lokalbetreiber mit vier Standorten in Linz entwickelt. Mittlerweile kann man mit dem hauseigenen Catering Good Karma Gastro große Events vollständig abdecken, dabei ist man immer auf der Suche nach dem besonderen Etwas. Das Motto der Gründer hat sich nie verändert: Alles, nur nicht normal.
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83 Prozent aller Kinder in Österreich werden in der Karenz nur von Frauen betreut. Was wäre ein möglicher Hebel, dies zu ändern? Ganz eindeutig: Es braucht Vorbilder. Und zwar Väter, die in Karenz gehen und selbst miterleben, welche Herausforderungen dies mit sich bringt und wie wertvoll die Zeit mit den eigenen Kindern ist. Einer davon teilt seine Erfahrungen mit uns.
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