„Der Unternehmergeist ist ungebrochen“
Breitgefächert, bunt, beständig. An diesen drei B führt kein Weg vorbei, will man erklären, was den Wirtschaftsstandort Niederösterreich auszeichnet. „Unsere starke Durchmischung ist ein Riesenvorteil“, sagt Wolfgang Ecker, Unternehmer, Steinmetz und Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich.
Rund 116.000 Unternehmen nennen das zweitbevölkerungsreichste und flächengrößte Bundesland der Republik ihr Zuhause, mehr als die Hälfte davon sind EPU. Für die Wirtschaftskammer Niederösterreich bedeutet das jede Menge Vielfalt – auch in den Anforderungen und individuellen Bedürfnissen. WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker sieht in genau diesem Facettenreichtum die große Stärke des Wirtschaftsstandorts. Im Interview spricht er über seine Verantwortung und Ziele sowie die Unterstützung, die die Wirtschaftskammer den Unternehmerinnen und Unternehmern des Landes bietet.
Als Steinmetz wissen Sie seit Jahrzehnten mit einer gewissen Härte umzugehen – wie wichtig ist Ihre persönliche Beschaffenheit, um einem der ältesten Handwerke und dem Amt des WKNÖ-Präsidenten gleichzeitig gerecht zu werden?
Wolfgang Ecker: Es gibt immer wieder Herausforderungen – sowohl als Präsident als auch als Unternehmer –, für die man stets fokussiert bleiben muss. Während meine persönliche Beschaffenheit für deren Bewältigung zwar eine Rolle spielt, geht es in erster Linie aber um all jenes, was um mich herum im Zusammenspiel funktioniert. Auf der einen Seite das Team in meinem Betrieb, auf der anderen Seite das in der Wirtschaftskammer. Beide funktionieren unter- und miteinander sehr gut und ich bin überzeugt, dass das so bleibt.
Welche Anforderungen sind vielfältiger: die Ihrer Kammermitglieder und Mitarbeitenden oder die der Materialien, mit denen Sie in Ihrem Handwerk umgehen müssen?
Wolfgang Ecker: Beide sind vielfältig und fordernd auf ihre eigene Art und Weise. Nun bin ich schon seit Jahrzehnten Unternehmer, da lernt man, mit den Dingen umzugehen. Und: Unsere starke Durchmischung – große Industriebetriebe, Familienunternehmen, KMU und EPU – ist ein Riesenvorteil des Wirtschaftsstandortes. Wir haben in und nach der Pandemie gesehen, wie wichtig diese breite Palette und das Zusammenspiel aus Groß und Klein für die gesamte Wirtschaftsleistung sind. Das funktioniert in Niederösterreich besonders gut.
Ihre Rolle geht damit einher, eine relevante Stimme für 116.000 Unternehmen des Landes zu sein. Was bedeutet Ihnen diese Verantwortung?
Wolfgang Ecker: Es erfüllt mich mit Stolz, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen. Natürlich wird es immer Bereiche geben, die wir nicht auf Anhieb direkt abdecken können. Dessen sind wir uns bewusst und als Teamplayer bin ich der festen Überzeugung, dass wir den aktuellen Herausforderungen gemeinsam gewachsen sind. Schließlich sind wir mit unserem gesamten Netzwerk und der Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich auf einem guten Weg.
Sie selbst haben einst als Lehrling begonnen, inwiefern wirkt sich das auf den Stellenwert aus, den Sie sowohl in Ihrem Betrieb als auch in der Gesamtheit der Wirtschaft der Lehre beimessen?
Wolfgang Ecker: In meiner heutigen Position ist das ein wichtiges Steckenpferd, ich bin ein großer Anhänger des dualen Systems der Lehrlingsausbildung. Nicht nur, weil ich damit selbst positive Erfahrungen gemacht habe, sondern weil ich immer wieder erlebe, was mit einer Lehre alles möglich ist. Mit ihr stehen den jungen Leuten viele Wege offen und sie spielt eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Arbeitskräftemangel. In den vielen Gesprächen in den Betrieben Niederösterreichs zeigt sich, dass sich jene Unternehmen im Fachkräftemangel leichter tun, die selbst Lehrlinge ausbilden.
Auf welchen Grundsteinen baut der Wirtschaftsstandort Niederösterreich sein Fundament?
Wolfgang Ecker: Unser Fundament ist der breitgefächerte und regional verankerte Mittelstand, mit vielen Familienbetrieben. Wir haben im Jahr etwa 8.000 Unternehmungsgründungen – jede fünfte Neugründung der Republik findet in Niederösterreich statt. Hinzu kommen rund 17.000 Lehrlinge, 4.400 Ausbildungsbetriebe und zirka 476.000 Beschäftigte, die eine Bruttowertschöpfung von 64,3 Milliarden, Bruttolohn- und Gehaltszahlungen von 16,8 Milliarden und einen Warenexport von 29,7 Milliarden Euro in der gewerblichen Wirtschaft schaffen. Auf 200 international tätige Leitbetriebe treffen 75.000 EPU. Sie alle sind Teil des breit aufgestellten Branchenmix, der uns auszeichnet.
Wie behalten Sie bei der Breite an Bedürfnissen den Überblick?
Wolfgang Ecker: Wir achten darauf, diese Durchmischung in der Auswahl unserer Funktionäre und Mitarbeitenden widerzuspiegeln. Die Stärke unserer Organisation liegt darin, dass unsere Funktionäre selbst im Unternehmertum stehen und aus verschiedenen Sparten und Firmengrößen stammen. Dadurch gelingt es uns, sehr zielgerichtet für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer da zu sein, eben von klein bis groß.
Welche Schwerpunkte setzt die Wirtschaftsstrategie „Zukunft.Wirtschaft.Niederösterreich“ und welche Ziele verfolgen Sie damit?
Wolfgang Ecker: Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Land Niederösterreich und der IV NÖ unseren wertvollen Wirtschaftsstandort noch zukunftsfitter zu machen, unsere Exzellenz zu fördern, die wirtschaftliche Vielfalt und die regionalen Besonderheiten zu stärken. Dafür setzen wir die Schwerpunkte „digitales Wirtschaften“, „Ressourcen 2.0“ und „smarte Vitalität“. Hierzu zählen mitunter die Digitalisierung von Prozessen, Vertriebswegen und Lieferketten, mehr Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz, der Einsatz erneuerbarer Energien und Kreislaufwirtschaft mit einer Vielzahl an Themenfeldern –
Ressourceneffizienz, E-Fuels, Speichertechnologien, Wasserstoffanwendungen, effizienteres Bauen bis hin zum Recycling im Kunststoff- und Textilbereich – sowie Innovationen im Bereich intelligente, digital unterstützte Dienstleistungen, Medizintechnik, Gesundheitsprogramme und Nutzung der Datenmengen für Forschung und Heilung.
Die Wirtschaft entlasten, Lohnnebenkosten senken, Bürokratie abbauen – wo beißt man bei der Umsetzung dieses klaren Plans, den man in Niederösterreich verfolgt, auf Granit?
Wolfgang Ecker: Wir büßen an Wettbewerbsfähigkeit ein, vor allem unsere exportorientierte Industrie. Das ist kein reines Österreich-Problem, sondern ein europäisches, weshalb es auch auf dieser übergeordneten Ebene Lösungen braucht. Diese Botschaft ist in der Politik angekommen und es wird kein Weg daran vorbeiführen, an diesen Stellschrauben zu drehen.
Seit Ihrem Amtsantritt 2020 durchleben wir turbulente Jahre. Warum ist für Sie eine erfolgreiche Zukunft dennoch in Stein gemeißelt?
Wolfgang Ecker: Ich bündle stets meine Kräfte für eine positive Sichtweise, auch als Privatperson. Keiner von uns hätte die Krisen der vergangenen Jahre gebraucht, wir konnten sie aber auch nicht verhindern. Deshalb versuche ich in all meinen Rollen immer aus diesen schwierigen Zeiten und Ereignissen zu lernen und zu sehen, wie es weitergeht. Sowohl als WKNÖ-Präsident als auch als Unternehmer bin ich davon überzeugt, dass unsere Wirtschaft und die Menschen dahinter so kreativ und innovativ sind, um nach Rückschlägen neue Wege zu gehen. Genau das können die niederösterreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Daher bin ich wirklich sehr, sehr positiv gestimmt._
Der Wirtschaftsstandort Niederösterreich in Zahlen
5_Regionen, 24 Bezirke und 573 Gemeinden bieten Raum für einen breiten Branchenmix
116.000_Unternehmen, davon 75.000 EPU und 200 international tätige Leitbetriebe
476.000_Beschäftigte, davon 70 Prozent in KMU
17.000_Lehrlinge in rund 4.300 Ausbildungsbetrieben
64,3_Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung
16,8_Milliarden Euro an Bruttolohn- und Gehaltszahlungen
29,7_Milliarden Euro an Warenexporten
1.275_gewählte Funktionärinnen und Funktionäre bringen in der WKNÖ ihr Expertenwissen ein
23_Bezirks- und Außenstellen beraten bei Gründung, Anstellung von Mitarbeitenden, Aufnahme von Lehrlingen, Arbeitsrecht & Betriebsnachfolge
Redaktion
- David Bauer
Fotos
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